Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Titel: Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
Vom Netzwerk:
jeweils eines der drei zu einem anderen der drei entwickeln kann. In allen drei Fällen müssen 30 genetische Schritte zurückgelegt werden. Die kleinen Markierungen am unteren Rand von Abb. 8 bedeuten Einheiten der Entfernung, gemessen in Genen - eine genetische Meßlatte. Sie gilt nicht nur in der Horizontalen. Man kann sie in jede beliebige Richtung neigen und den genetischen Abstand und somit die Mindestevolutionszeit zwischen zwei beliebigen Punkten auf der Ebene messen (was leider in unserer Abbildung nicht 100%ig zutrifft, da der Computer beim Ausdrucken die Proportionen verzerrt; aber dieser Effekt ist zu gering und lohnt nicht des Aufhebens, obwohl wir also keine völlig richtige Antwort erhalten, wenn wir einfach die Markierungen auf der Skala zählen).
    Diese zweidimensionalen Ebenen, die den neundimensionalen genetischen Raum durchstoßen, zeigen schon halbwegs realistisch, was es heißt, durch das Land der Biomorphe zu wandern. Doch die Evolution ist ja nicht auf eine flache Ebene beschränkt. Bei einem echten evolutionären Spaziergang könnten wir jederzeit auf eine andere Ebene »durchfallen«, etwa von der Ebene der Abb. 6 auf die Ebene der Abb. 7 (in der Nähe des Insekts, wo die zwei Ebenen einander nahe kommen).
    Ich sagte, daß die »genetische Meßlatte« in Abb. 8 uns ermöglicht, die Mindestzeit zu errechnen für eine Evolution von einem Punkt zu einem anderen. Das tut sie auch, unter den Einschränkungen des ursprünglichen Modells, aber der Ton liegt auf Mindest. Da Insekt und Skorpion 30 genetische Einheiten voneinander entfernt sind, bedarf es nur 30 Generationen, um sich von einem zum anderen zu entwickeln, wenn man niemals einen falschen Weg einschlägt, d. h., wenn man ganz genau weiß, auf welche genetische Formel man sich hinbewegt und wie man dorthin zu steuern hat. Bei der Evolution im realen Leben gibt es jedoch nichts, was der Steuerung in Richtung auf ein entferntes genetisches Ziel hin entspricht.
    Bedienen wir uns nun der Biomorphe, um zu unserer Beweiskette, gegründet auf den Hamlet-tippenden Affen, zurückzukehren, nämlich auf die Bedeutung der allmählichen, schrittweisen Veränderung in der Evolution, im Gegensatz zu bloßem Zufall. Beginnen wir damit, daß wir die Markierungen am unteren Ende von Abb. 8 benennen, in anderen Einheiten. Statt den Abstand als »Zahl der Gene, die während der Evolution verändert werden müssen« zu werten, nehmen wir die Entfernung als »Wahrscheinlichkeit, den Abstand durch reines Glück in einem einzigen Satz zu überspringen«. Wenn wir darüber nachdenken, müssen wir eine der Einschränkungen lockern, die ich in das Computerspiel eingebaut hatte: Am Ende unserer Überlegungen werden wir erkennen, warum ich diese Einschränkung überhaupt eingebaut hatte. Die Einschränkung lautete, Kinder »dürfen« nur eine Mutation von ihren Eltern entfernt sein. Mit anderen Worten: Nur ein einziges Gen durfte jedes Mal mutieren, und es durfte seinen »Wert« nur um + 1 oder -1 verändern. Durch Lockern der Einschränkung erlauben wir nun einer beliebigen Anzahl von Genen, gleichzeitig zu mutieren, wobei sie außerdem jede beliebige Zahl, positiv oder negativ, ihrem gegenwärtigen Wert hinzuaddieren können. Das ist allerdings eine allzu große Lockerung, denn sie erlaubt den genetischen Werten einen Spielraum von minus Unendlich bis plus Unendlich. Für unsere Beweisführung reicht es aus, wenn wir die Genwerte auf einstellige Zahlen beschränken, d. h., wenn wir ihnen gestatten, sich zwischen - 9 und +9 zu bewegen.
    Innerhalb dieser weiten Grenzen erlauben wir somit der Mutation theoretisch, auf einen Schlag in einer Generation jede Kombination der neun Gene zu verändern. Außerdem kann sich der Wert jedes Gens um jeden Betrag verändern, solange er bei einstelligen Zahlen bleibt. Was bedeutet das nun aber? Es bedeutet, daß - theoretisch - die Evolution in einer einzigen Generation von jedem beliebigen Punkt im Land der Biomorphe zu jedem anderen springen kann. Nicht nur zu jedem beliebigen Punkt auf einer Ebene, sondern zu jedem Punkt in dem ganzen neundimensionalen Hyperraum. Wenn ich z. B. in einem einzigen gewaltigen Satz von dem Insekt in Abb. 5 zu dem Fuchs in derselben Abb. springen will, so ist das Rezept folgendes: Man addiere zu den jeweiligen Werten der Gene 1 bis 9 folgende Zahlen: -2, 2, 2, -2, 2, 0, -4, -1, 1. Da wir von Zufallssprüngen sprechen, sind alle Punkte im Land der Biomorphe ebenso wahrscheinliche Ankunftspunkte für

Weitere Kostenlose Bücher