Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus
Kohlendioxyd und all den anderen Gasen, die voraussichtlich auf einem urzeitlichen, nicht von Leben erfüllten Planeten vorkommen, koche sie alle miteinander auf, schicke Blitzschläge durch die simulierten Atmosphären und Inspiration durch dein Gehirn, wirf alle deine Methoden als erfahrener Chemiker in die Waagschale, und gib uns deine beste Schätzung, als Chemiker, für die Wahrscheinlichkeit, daß ein typischer Planet spontan ein sich selbst verdoppelndes Molekül hervorbringt. Oder, wenn wir es anders ausdrücken wollen: Wie lange müssen wir warten, bis zufällige chemische Ereignisse auf dem Planeten, zufälliges thermales Aneinandergedränge von Atomen und Molekülen zu einem sich selbst reproduzierenden Molekül führen?
Chemiker kennen die Antwort auf diese Frage nicht. Die Mehrheit der heutigen Chemiker würde wahrscheinlich sagen, daß wir am Maßstab einer menschlichen Lebenszeit gemessen eine lange Zeit warten müßten, aber vielleicht nicht ganz so lang, wenn wir die Maßstäbe der kosmologischen Zeit zugrunde legen. Die Fossiliengeschichte der Erde legt den Gedanken nahe, daß wir ungefähr eine Milliarde Jahre haben - ein »Äon«, um eine passende moderne Definition zu nennen -, mit denen wir herumspielen können, denn das ist ungefähr die Zeit, die zwischen dem Ursprung der Erde vor 4,5 Milliarden Jahren und dem Zeitalter der ersten fossilen Organismen verging. Aber das Wichtige an unserem Argument mit »der Anzahl der Planeten« ist, daß wir, selbst wenn der Chemiker sagte, wir müßten auf ein »Wunder« warten, wir müßten eine Trillion Jahre warten - weit länger, als das Universum besteht -, dieses Verdikt mit Gleichmut aufnehmen können. Es gibt wahrscheinlich mehr als eine Trillion verfügbare Planeten im Universum. Wenn jeder von ihnen so lange existiert wie die Erde, so erhalten wir etwa 10 27 Planetenjahre zum Spielen. Das wird völlig ausreichen! So haben wir durch eine Multiplikationsrechnung ein Wunder in praktische Politik übersetzt.
Dieses Argument enthält eine versteckte Annahme. Ja, tatsächlich enthält es eine ganze Menge davon, aber darunter ist eine besondere, über die ich sprechen möchte. Die Annahme ist folgende: Wenn Leben (d. h. Replikatoren und kumulative Auslese) überhaupt erst einmal entstanden ist, schreitet es immer auf den Punkt zu, wo seine Geschöpfe genügend Intelligenz entwickeln, um über ihre Entstehung zu spekulieren. Wenn nicht, so muß unser Schätzwert für die Menge an Glückszufall, die uns gestattet ist, entsprechend reduziert werden. Um präziser zu sein: Die maximale Wahrscheinlichkeit gegen die Entstehung von Leben auf irgendeinem Planeten, die uns in unseren Theorien gestattet ist, ist die Zahl der im Universum verfügbaren Planeten, dividiert durch die Wahrscheinlichkeit, daß das einmal begonnene Leben ausreichend Intelligenz entwickelt, um über seine eigene Entstehung zu spekulieren.
Es mag etwas sonderbar erscheinen, daß »ausreichende Intelligenz, um über seine eigene Entstehung zu spekulieren« eine relevante Variable ist. Um zu verstehen, warum, machen wir eine andere Annahme. Nehmen wir an, die Entstehung von Leben sei ein recht wahrscheinlicher Vorgang, aber die anschließende Evolution von Intelligenz sei außerordentlich unwahrscheinlich und erfordere einen enormen Zufall. Nehmen wir an, die Entstehung von Intelligenz sei derart unwahrscheinlich, daß sie, obgleich das Leben auf vielen Planeten begonnen hat, nur auf einem einzigen Planeten im Universum vorgekommen ist. Da wir wissen, daß wir intelligent genug sind, die Frage zu erörtern, wissen wir auch, daß dieser eine Planet die Erde sein muß. Nehmen wir nun an, sowohl die Entstehung von Leben als auch die Entstehung von Intelligenz, vorausgesetzt, daß Leben da ist, seien beide höchst unwahrscheinliche Ereignisse. Dann ist die Wahrscheinlichkeit, daß irgendein Planet, etwa die Erde, sich beider Glücksfälle erfreut, das Produkt zweier niedriger Wahrscheinlichkeiten, und das ist eine bei weitem kleinere Wahrscheinlichkeit.
Es sieht so aus, als ob es uns in unserer Theorie über unsere Entstehung gestattet ist, ein gewisses festes Quantum an Glückszufall vorauszusetzen. Die obere Grenze dieses Quantums ist die Zahl der als Träger von Leben in Frage kommenden Planeten im Universum. Nachdem uns unser festes Quantum an Glückszufall zugestanden ist, können wir es nun begrenzt für die Erklärung unserer eigenen Existenz »verschwenden«. Wenn wir jedoch fast unser
Weitere Kostenlose Bücher