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Der Blinde von Sevilla

Der Blinde von Sevilla

Titel: Der Blinde von Sevilla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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treffen. Nie wieder würde Calderón ein Verbündeter sein, und jede Idee, die Falcón ihm vortrug, konnte zum Werkzeug in der Hand eines Feindes werden, der ihn zerstören wollte. Und trotz alldem erzählte er Calderón von MCA. Consultores S.A.

24
    Freitag, 20. April 2001, Ramón Salgados Haus,
    El Porvenir, Sevilla

    Calderón machte sich Notizen, während Falcón sprach. Als er fertig war, zündete sich der Staatsanwalt eine Zigarette an, während Falcón in Salgados üppigen Garten starrte.
    »Wollten Sie mich deswegen gestern auch sprechen?«, fragte Calderón.
    »Ich denke, dass Sie mit mir einer Meinung sind, dass diese Theorie ein paar sensible Punkte hat«, erwiderte Falcón. »Und als ich Dr. Spinola herauskommen sah …«
    »Dr. Spinola steht nicht auf der Liste der Direktoren«, sagte Calderón scharf.
    »Er war auf Raúl Jiménez’ Prominenten-Fotos. Es gibt also eine wenngleich lose Verbindung«, sagte Falcón, der Calderóns Widerstand und sein eigenes jämmerliches Bedürfnis spürte, ihn auf seine Seite zu ziehen. »Genauso werden Sie feststellen, dass die Beweise dafür, dass Raúl Jiménez etwas mit Kindesmissbrauch zu tun gehabt haben könnte, schwach sind und lediglich auf Indizien beruhen. Ich habe es auch nur wegen des Rings verurteilter Pädophiler erwähnt, zu dem Carvajal gehörte, und wegen unserer heutigen Entdeckungen.«
    »Glauben Sie, dass wir einen missbrauchten Jungen suchen, und sind Sie der Ansicht, dass Consuelo Jiménez in die Morde verwickelt ist?«, fragte Calderón.
    »Sergio ist männlich. Er hat es irgendwie geschafft, eine Beziehung zu Eloisa Gómez aufzubauen, vielleicht weil er sich in sie einfühlen konnte … forasteros unter sich. Ich habe die Akten des Carvajal-Falls noch nicht eingesehen, deshalb weiß ich nicht, welche Vorlieben er hatte, aber Salgado scheint sich offenbar für Jungen interessiert zu haben, Jiménez für Mädchen.«
    »In diesem Fall handelt Sergio entweder alleine als Rächer der Missbrauchten oder, was auch durchaus möglich ist, irgendjemand macht ihn auf seine Opfer aufmerksam«, sagte Calderón.
    »Consuelo Jiménez liebt ihre Kinder. Es sind zwar alles drei Jungen, aber wenn sie in der Sammlung pornografisches Material gefunden hat, das in irgendeiner Weise mit Kindesmissbrauch zu tun hatte, hätte sie es garantiert nicht geduldet. Sie kannte Ramón Salgado …«
    »Aber wie hätte sie das über ihn wissen können?«, fragte Calderón und tippte auf den Computer.
    »Das weiß ich nicht. Ich theoretisiere bloß, damit ist ihre Beteiligung noch lange nicht bewiesen«, sagte Falcón. »Fragen zu sämtlichen geschäftlichen Angelegenheiten ihres Mannes hat sie ausweichend beantwortet. Als ich ihr gegenüber angedeutet habe, dass ich von MCA Consultores wusste, wollte sie nur noch im Beisein ihres Anwaltes aussagen. Sie ist eine sehr entschlossene Frau, und auch wenn sie vorgibt, Gewalt zu verabscheuen, hat sie Basilio Lucena blutig geschlagen. Sie ist intelligent und berechnend. Zu ihrer Verteidigung könnte man allerdings einwenden, dass sie vielleicht wirklich nichts von MCA weiß und lediglich vorsichtig war. Außerdem hat sie angeboten herauszufinden, welcher Natur die Beziehung ihres Mannes zu Carvajal war.«
    »Das ist dürftig, Inspector Jefe. Wie Sie selbst eben gesagt haben, könnte sie auch nur ihre Privatsphäre sowie ihr und ihrer Kinder Erbe schützen wollen. Sie hat Lucena geschlagen, aber da war sie, wenn man die Risiken seiner Promiskuität bedenkt, massiv provoziert worden. Und Intelligenz und Berechnung sind Voraussetzungen für wirtschaftlichen Erfolg.«
    »Da haben Sie natürlich Recht«, sagte Falcón, angewidert von der Unterwürfigkeit, die sich in seine Stimme geschlichen hatte. »Sind wir uns darüber einig, dass die Morde zusammenhängen, Juez? Ich meine, wir haben es hier nicht mit einer Reihe von Willkürakten zu tun. Mehrfacher Mord, aber kein Serienmord.«
    Calderón zupfte an seinem Ohrläppchen und starrte durch die gläserne Schreibtischplatte.
    »Die Bestrafung, die Sergio seinen beiden Hauptopfern hat zuteil werden lassen, würde zu dem passen, was man von einem sexuell missbrauchten Menschen erwarten würde«, sagte er dann. »Die Opfer sind offensichtlich mit Bedacht ausgewählt, und es gibt einen Zusammenhang, der sich aus der Bekanntschaft der beiden herleitet. Ich glaube wie Sie, dass Sergio sie dazu zwingt, sich ihrem tiefsten Grauen zu stellen. Die Entfernung der Augenlider und die nachfolgende

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