Der blonde Vampir
worden. Die Polizei war nicht in der Lage, die Art der Waffe zu bestimmen, mit der dieser ungewöhnlich grausame Mord begangen worden war. Die letzte, die den Mann lebend gesehen hatte, war Miss Perne.
Ich glaube nicht, daß sie ihn getötet hat. Der Gedanke gefällt mir nicht – je länger ich sie beobachte, desto mehr bewundere ich ihre Cleverneß und Gewitztheit. Aber vielleicht hat dieser Mann Dinge von ihr gewußt, von denen sie nicht wollte, daß sie an die Öffentlichkeit dringen. Schließlich kann sie sich mit ihrem Geld alles leisten – sogar einen Mörder. Wenn ich sie treffe, werde ich sie jedenfalls nach ihrem Gärtner fragen. Vielleicht kann ich es sogar als zusätzliches Druckmittel verwenden. Ich werde sie bald um ein Treffen bitten. Den Kontakt mit Mr. Slim habe ich mittlerweile ganz abgebrochen. In meinem letzten Fax habe ich ihm mitgeteilt, daß ich nicht in der Lage sei, auch nur eine meiner früheren Behauptungen bezüglich Miss Pernes finanzieller Situation zu beweisen. Ich habe auch meine Fax-Nummer geändert, so daß ich nicht weiß, ob Mr. Slim seither vielleicht noch einmal versucht hat, mich zu erreichen. Wahrscheinlich ist er absolut nicht zufrieden mit dem Ergebnis meiner Untersuchungen, aber ich habe keine Lust, mir deswegen graue Haare wachsen zu lassen.
Wieviel soll ich von Miss Perne verlangen? Eine Million wäre eine hübsche runde Summe. Ich bin sicher, daß sie zahlen wird, damit ich nicht rede. Was man mit soviel Geld alles anfangen kann … Kaum vorstellbar! Aber wahrscheinlich werde ich es gar nicht anrühren, sondern Ray geben, wenn er alt genug ist, damit umzugehen.
Natürlich werde ich eine Waffe dabeihaben, wenn ich sie treffe – für alle Fälle. Sorgen mache ich mir allerdings nicht.
Dies war sein letzter Eintrag. Ich bin wirklich froh, daß ich die Datei im Computer gelöscht habe. Wenn die Polizei das alles erfahren würde, hätte ich sie auf dem Hals, ganz klar. Vielleicht wäre es gar keine schlechte Idee, das ganze Bürogebäude abzubrennen, überlege ich. Es wäre gar nicht schwierig, das zu arrangieren. Aber natürlich würde eine solche Aktion Mr. Slims Aufmerksamkeit erst recht auf das friedliche Mayfair lenken. Und speziell auf die junge und hübsche Alisa Perne.
Mr. Riley muß ein ziemlicher Narr gewesen sein, ernsthaft zu glauben, daß es ihm durch eine Änderung seiner Fax-Nummer gelingen würde, Mr. Slim abzuschütteln. Statt dessen bin ich davon überzeugt, daß Mr. Slim ihn seitdem noch genauer beobachtet hat. Es mag sogar sein, daß Slim und Gesellen sich ganz in der Nähe aufhalten, seit der Detektiv von der Bildfläche verschwunden ist. Slim ist offenbar ziemlich reich und daher wohl auch entsprechend mächtig.
Trotzdem vertraue ich nach wie vor meinen eigenen Fähigkeiten, und der Gedanke, von diesem geheimnisvollen Fremden beschattet zu werden, gefällt mir gar nicht. Ich merke mir die Schweizer Fax-Nummer und überlege, was ich diesem Knaben wohl sagen werde, wenn ich ihm eines Tages persönlich gegenüberstehe. Gewiß nicht viel, denn ich hätte wohl kaum Lust, Slim noch lange leben zu lassen.
Nur eines darf ich nicht außer acht lassen: daß Slim weiß, wie gefährlich ich bin.
Wobei er nicht notwendigerweise wissen muß, daß ich eine Vampirin bin. Aber allein die Tatsache, daß er auf mich aufmerksam geworden ist, empfinde ich als störend.
Ich wende mich meinem Fax-Gerät zu und schalte es ein.
Sehr geehrter Mr. Slim,
mein Name ist Alisa Perne. Vor einiger Zeit habe ich erfahren, daß sie einen Detektiv namens Michael Riley engagiert haben, um mich zu beschatten. Ich weiß, daß Sie seit einiger Weile nichts von ihm gehört haben – allerdings nicht, warum das so ist. Folglich habe ich beschlossen, mich persönlich bei Ihnen zu melden. Falls Sie mich treffen möchten, Mr. Slim, bin ich bereit dazu. So können wir über alles reden.
Mit herzlichen Grüßen Alisa
Ich füge meine Fax-Nummer hinzu und schalte das Gerät auf Sendung. Dann warte ich.
Ich brauche nicht lange Geduld zu haben. Zehn Minuten später erhalte ich Antwort.
Liebe Alisa,
wann und wo würde Ihnen ein Treffen passen? Ich stehe noch heute nacht zu Ihrer Verfügung.
Ergebenst
Mr. Slim
Jetzt ist mir endgültig klar, daß Slim und seine Gesellen tatsächlich in der Nähe sind – trotz der schweizerischen Fax-Nummer. Wahrscheinlich ist die Nachricht zuerst nach Europa gegangen und von dort aus weitergeleitet worden – hierhin nach Mayfair. Ich tippe meine
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