Der blonde Vampir
wie Metall gegen ihre Kleidung reibt. Sie nehmen ihre Position ein: einer hinter dem Auto, der zweite nah bei einem Baum, der dritte hinter einem Straßenschild. Gleichzeitig richten drei Leute in der Limousine, die am Pier steht, ihre Gewehre auf mich.
Ich habe zu lange gezögert.
Aber ich bin nicht wie gelähmt vor Angst. Ich kann durchaus ein oder zwei Kugeln verkraften und dann noch immer über den Pier entkommen. Natürlich dürfen die Kugeln mich nicht direkt in den Kopf oder ins Herz treffen. Aber noch immer hindert mich irgend etwas daran, endlich loszulaufen. Ich erkenne, was es ist: Ich will mit Slim sprechen. Und dann höre ich tatsächlich, wie er mich anredet.
»Sie müssen Alisa sein.«
Ich nicke. »Slim?«
»Höchstpersönlich.«
»Sie haben mir zugesagt, allein zu erscheinen.«
»Ich wollte allein kommen. Aber meine Kollegen haben es nicht zugelassen.«
»Warum ein so großes Aufgebot wegen eines einzigen Mädchens?«
»Ihr Ruf eilt Ihnen voraus, Alisa.«
»Was für ein Ruf?«
Er zuckt leicht mit den Schultern. »Sie sind eine ungewöhnliche junge Frau.«
Interessant, denke ich. Offensichtlich ist es ihm fast peinlich, was hier geschieht. Aber er hat seine Instruktionen, und an die muß er sich halten. Offenbar weiß er nicht, daß ich eine Vampirin bin, und wenn er es nicht weiß, dann weiß es auch keiner der anderen. Schließlich hat er hier das Kommando. Das verschafft mir einen beträchtlichen Vorteil. Aber derjenige, der Slim die Instruktionen gibt, weiß, wer ich bin. Ich muß diesen geheimnisvollen Fremden unbedingt treffen.
»Was wollen Sie von mir?« frage ich.
»Einzig, daß Sie uns auf einem kleinen Ausflug begleiten.«
»Wohin geht dieser Ausflug?«
»Zu einem Ort ganz in der Nähe.«
Ich spüre, daß es eine Lüge ist. Wenn ich in die Limousine einsteige, werden wir eine lange Fahrt unternehmen. »Wer ist Ihr Auftraggeber?«
»Sie werden ihn kennenlernen, wenn Sie mich begleiten.«
Ihn. »Wie ist sein Name?«
»Ich befürchte, daß ich nicht berechtigt bin, Ihnen eine derartige Auskunft zu geben.«
»Was ist, wenn ich Sie nicht begleiten will?« frage ich.
Slim seufzt. »Das wäre nicht gut. Es wäre sogar ein sehr großer Fehler.«
Sie werden schießen, wenn ich mich weigere, das steht außer Frage. Es ist gut, das zu wissen.
»Kennen Sie den Detektiv Michael Riley?« frage ich.
»Ja. Ich habe mit ihm zusammengearbeitet. Ich nehme an, auch Sie haben ihn kennengelernt?«
»Ja.«
»Wie geht es ihm?«
Ich lächle kalt. »Ich weiß nicht.«
»Ich verstehe.« Er macht eine auffordernde Geste. »Bitte, kommen Sie mit uns. Jeden Moment kann eine Polizeistreife hier auftauchen. Ich bin sicher, daß auch Sie nicht wollen, daß man Ihnen Fragen stellt.«
»Habe ich Ihr Wort, daß mir nichts geschieht, wenn ich einverstanden bin?«
Er nickt. »Sie haben mein Wort, Alisa.«
Wieder eine Lüge. Dieser Mann ist ein skrupelloser Killer. Ich kann das Blut an seinen Händen förmlich riechen. Die Gewehre, die sie auf mich gerichtet haben, sind alle mit Zielfernrohren ausgestattet. Sie folgen jeder meiner Bewegungen. Ich fürchte, daß mich zumindest einer der Scharfschützen treffen wird, bevor es mir gelingt, vom Pier zu springen. Und ich mag es gar nicht, wenn man auf mich schießt, obwohl ich in der Vergangenheit schon einige Kugeln weggesteckt habe. Ich habe keine andere Wahl, das wird mir in diesem Moment klar: Ich muß sie begleiten.
»Nun gut, Mr. Slim«, erkläre ich also. »Ich werde mitgehen.«
Wir schreiten auf die Limousine zu, Slim an meiner rechten, die Frau an meiner linken Seite. Als wir uns dem Ausgang des Piers nähern, taucht plötzlich die zweite Limousine auf. Die Scharfschützen sind noch nicht wieder eingestiegen. Der Fahrer parkt den Wagen direkt neben der ersten Limousine, und im nächsten Moment springen vier Männer heraus. Sie sind alle schwarz gekleidet und richten Automatikwaffen auf mich. Langsam beginne ich doch, mich ernsthaft zu sorgen. Dieser Gegner hat wirklich unglaubliche Sicherheitsmaßnahmen getroffen. Wenn die Männer das Feuer jetzt eröffnen, werde ich sterben. Plötzlich muß ich an Krishna denken. Er hat versprochen, mir seine Gnade zu schenken, wenn ich ihm zuhöre. Und auf meine Art habe ich das sogar getan.
Slim wendet sich mir zu.
»Alisa«, sagt er. »Bitte greifen Sie langsam in Ihren Mantel, holen Sie Ihre Waffe heraus, und lassen Sie sie auf den Boden fallen.«
Ich tue, was er von mir verlangt.
»Danke«, sagt Slim. »Haben Sie noch weitere Waffen bei
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