Der Blumenkrieg
bin dir sehr dankbar«, begann Theo, »und ich mag dich wirklich gern. Ich denke, du bist …«
»Du denkst, ich bin dumm. Du denkst, ich bin ein dummes kleines Kind. Raus! Von mir aus kannst du zum Brunnen gehen.«
Die allzeit pragmatische Apfelgriebs flatterte bereits wartend über dem Bürgersteig. Drei flanierende bullige junge Oger kamen angetrollt, um einen Blick in die Limousine zu werfen.
»Hallo, Sämling!« sagte einer von ihnen zu Poppi und verkrümmte dabei seine kolossale Gestalt, um seinen Schwellkopf in die offene Wagentür stecken zu können. Er hatte Fäuste wie Räucherschinken, und er roch wie eine Jauchegrube. »Na, bißchen Spaß gefällig? Kleine Spritztour von den Pollenpalästen, um ein bißchen vom grauen Stoff zu naschen?«
»Wenn du meine Kutsche anfaßt«, fauchte Poppi ihn an, »wenn du auch nur an die Scheibe hauchst, dann lasse ich nicht dich töten, sondern deine ganze Familie. Jeden einzelnen.« Der junge Oger blinzelte sie sprachlos an. »Dann kannst du den Nachbarn erklären, daß Mami und Papi und sämtliche Geschwister nur deswegen tot sind, weil du mit deinem Pimmel gedacht hast, statt dich um deine eigenen Angelegenheiten zu kümmern. So, jetzt überleg dir genau, was du tust, du grauer Stoff: Verpiß dich, oder du legst dich mit dem Haus Stechapfel an!«
Dem Oger blieb nur noch Zeit für ein letztes verdattertes Blinzeln, dann packten seine beiden Kumpane ihn bei den Armen und zerrten ihn mit einem Ruck zurück, der eine normal große Person ohne weiteres in Stücke gerissen hätte.
»Wow«, sagte Theo, während er den Davoneilenden hinterherschaute. »Du hast echt Haare auf den Zähnen …«
»Raus aus meiner Kutsche!«
Er drehte sich um. Sie hatte Tränen in den Augen, so daß er sich schon wie eine der niedrigsten Lebensformen überhaupt vorkam, aber zudem hatte sie einen Ausdruck im Gesicht, der ihn veranlaßte, den Mund wieder zuzumachen und sich die Unschulds- und Betroffenheitsbeteuerungen zu schenken, die ihm bereits auf den Lippen lagen. Statt dessen wandte er sich ab und sah zu, daß er hinauskam. Die zuschlagende Tür schrammte über seinen Knöchel. Eine Sekunde später scherte die Limousine wieder in den Verkehrsstrom ein, der sich vor ihr teilte, als wäre sie ein Dynamittransporter.
»Du verstehst es wirklich«, bemerkte Apfelgriebs.
»Sei still!« Er wollte nicht auch noch die Fee, seine einzige Freundin, gegen sich aufbringen, aber er war innerlich zu sehr von Schmerz und Scham aufgewühlt, um einfach zu kuschen. Was nichts daran änderte, daß er nicht wußte, was er sagen sollte.
W ie vor den Kopf geschlagen trottete er hinter Apfelgriebs den Bürgersteig entlang, so überwältigt vom Wirrwarr seiner Gefühle, daß er selbst die absonderlichste Umgebung und die ungewöhnlichsten Erscheinungen kaum wahrnahm. Wenigstens war der Nachthimmel klar, und er mußte nicht zu seinem ganzen Unglück auch noch im strömenden Regen durch Pfützen waten.
Gewiß, ihm war elend zumute, weil er sich mißverstanden fühlte, doch das war nicht alles: Er hatte Poppi Stechapfel ehrlich gemocht. Im Trubel der ganzen Ereignisse war es herrlich gewesen, ein paar Stunden lang einen nahezu harmlosen Flirt zu genießen, die fröhliche Gesellschaft einer attraktiven jungen Frau, die ihn ihrerseits gemocht hatte. Und sie hatte eine Unbesorgtheit, ja Verwegenheit gehabt, die ihn fasziniert hatte. »Was habe ich falsch gemacht?«
Apfelgriebs, die gerade damit beschäftigt war, die richtige Bushaltestelle zu finden, ignorierte ihn, bis er die Frage wiederholte. »Was meinst du mit ›falsch‹?« fragte sie zurück.
»Ich habe sie nicht belogen. Ich habe ihr keine Versprechungen gemacht!«
Apfelgriebs schüttelte den Kopf. »Wir haben jetzt wirklich keine Zeit, darüber zu reden, Vilmos. Und was ich zu sagen hätte, würde dir ohnehin nicht gefallen.«
»Aber ich kapier’s nicht. Ich habe genau aufgepaßt, daß …«
Die Fee ließ sich auf seiner Schulter nieder, hielt sich an seinem Ohrläppchen fest und beugte sich vor sein Gesicht. »Bei den Bäumen, Kollege, hast du eigentlich jemals eine richtige Freundin gehabt?«
»Was zum Teufel soll das heißen? Jede Menge.«
»Dann mußt du dir echt alle Mühe gegeben haben, ja nichts über Frauen zu lernen. Hattest du deshalb so viele? Weil es leichter ist, sie einfach abzuservieren, wenn sie anfangen, Klartext zu reden?« Sie schnaubte und setzte sich auf der Schulter hin.
Theo stöhnte. »Mein Leben ist eh schon am
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