Der Blumenkrieg
sie an der Tür waren.
»Bezahlen? Quatsch! Hoi, Nadel! Setz es auf meine Rechnung!« Der gebückte alte Elf hinter dem Tresen sah nicht erfreut aus, aber ließ es kommentarlos geschehen, daß sie türknallend in die kalte Abendluft hinaustraten. »Er ist wahrscheinlich ein bißchen verschnupft, weil ich seit einigen Monaten bei ihm in der Kreide stehe«, teilte Zirus Theo vertraulich mit, während er ihn hurtigen Schritts auf einem gewundenen Pfad zum Haupttor des Anwesens führte. »Mutter ist mit Vorschüssen auf mein Taschengeld furchtbar knauserig. Hoi! Ich gehe mal meinen faulen Fahrer wecken. Das sehe ich von hier, daß der schläft.«
Während Zirus zu einer langen Luxuslimousine voraussprang, die mit laufendem Motor auf einem kleinen Parkplatz gleich neben dem Tor stand, wartete Theo, bis Wuschel Segge ihn eingeholt hatte. »Müssen wir wirklich mit?«
Wuschel zuckte verlegen die Achseln. »Es ist keine gute Idee, Zirus etwas abzuschlagen. Er ist wie seine Mutter, immer begierig auf Neues. Er würde sich nur noch mehr für dich interessieren und anfangen herumzufragen, und nicht unbedingt nur in der Narzissen-Residenz. Ich bin da besser dran. Meistens vergißt er, daß ich überhaupt existiere.«
»Kommt endlich!« schrie Zirus.
»Mir gefällt das nicht«, sagte Apfelgriebs leise in Theos Ohr. »Aber wenigstens müssen wir nicht befürchten, von Schutzleuten aufgegriffen zu werden, solange wir in seiner Gesellschaft sind. Niemand verhaftet eine Blume.«
»Was mir Sorgen macht, ist nicht die Aussicht, verhaftet zu werden«, wisperte Theo, der daran denken mußte, wie Rufinus Kegel-Chrysantheme schlaff auf der Bahnhofsbank gehangen hatte. Aber Zirus Jonquille kam bereits nicht ganz geradlinig zu ihnen zurückgetrabt und spornte sie armeschwenkend zur Eile an.
»Tut mir sehr leid, das ist alles meine Schuld«, sagte Wuschel Segge.
»Was mir noch einfällt«, erkundigte sich Theo bei Apfelgriebs: »Das mit dem Namen ›Chrysantheme‹ verstehe ich, aber warum stellst du mich überall als ›Kegel-Chrysantheme‹ vor? Was hat dieses ›Kegel‹ zu bedeuten?«
»Bastard«, antwortete sie. »Schau mich nicht so an, du Doofkopp, ich sage dir bloß, was das Wort bedeutet.«
A uf der Fahrt durch die Stadt redete Zirus Jonquille ununterbrochen und unterhielt sie mit einem wirren, aber höchst amüsanten Vortrag über einfältige Tröpfe und ungewöhnliche Begebenheiten, den Theo bestimmt noch amüsanter gefunden hätte, wenn er die betreffenden Personen gekannt oder ein bißchen mehr über ihre Welt gewußt hätte. Viele der Geschichten handelten davon, wie Leute in Schwierigkeiten gerieten, weil sie sich an verbotenen Orten herumtrieben. In Zirus’ Darstellung klangen diese Kapriolen ein wenig wie der Anfang der West Side Story, witzig und eher aufregend als gefährlich, aber beim Blick aus dem Autofenster auf die trostlosen, heruntergekommenen Viertel, durch die sie gerade fuhren, mußte Theo an einige der weniger heimeligen Stadtteile von Los Angeles denken, eher an die Bandenkriege zwischen Bloods und Crips als an die Sharks und Jets aus dem Musical.
»Wo liegt der eigentlich genau«, fragte er Wuschel, »dieser Club?«
»Da bin ich mir nicht sicher«, sagte der Forscher. »Aber der Weg kommt mir tatsächlich ein bißchen weit vor. Wir sind, glaube ich, schon hart am Rand von Nachtstund. Zirus, wo fahren wir hin?«
»Bloß ein kleines Stück nach Mondschein rein.« Der Ton ihres Gastgebers war locker, doch der beklommene Blick auf Wuschels Gesicht verriet Theo, daß die Sache so problemlos nicht war.
»Das ist gar nicht gut, Theo«, flüsterte Apfelgriebs ihm ins Ohr. »Frag ihn, wie der Club heißt.«
Als Theo der Aufforderung nachkam, schmunzelte Zirus und leerte das nächste Glas eines Getränks, das er sich aus der kleinen Bar in der Wagentür eingeschenkt hatte. »Du hast wahrscheinlich noch nie davon gehört, er hat erst vor zwei Wochen aufgemacht. Er heißt Christrose und ist wirklich gut.« Er lachte, als Wuschel Segge zusammenzuckte. »Du solltest wirklich ein bißchen mehr unter Leute gehen, Nuschelwuschel. Wenn der Name der Disco dir schon unangenehm ist, dann warte, bis du erst die Aufmachung siehst.«
»Wo genau ist diese Disco, Zirus?« fragte Wuschel. »Ich dachte, es gäbe gar keine Clubs in Mondschein, bloß Residenztürme und Regierungsgebäude und dergleichen.«
»Ja, das ist gerade das Tolle an diesem Club«, erklärte der junge Jonquillenprinz. »Er befindet sich im Keller
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