Der Blumenkrieg
der Nieswurz-Residenz.«
Eine fünfzehn Zentimeter große Fee mußte recht laut schlucken, um so deutlich hörbar zu sein. Theos flaues Gefühl wurde schlagartig noch um einiges flauer.
»Nicht gut?« fragte er flüsternd.
»Gar nicht gut«, flüsterte sie zurück.
»Ach, hört auf, ihr beiden«, sagte Zirus. »Alle machen so ein Theater, wenn der Name Nieswurz fällt, bloß weil der Vater ein Widerling und Politiker und der Erbe eine komische Pflanze ist. Aber einige der jüngeren Familienmitglieder sind auf ihre verrückte Art sehr unterhaltsam. Außerdem, wie sonst würde einer von uns Narzissen jemals die Nieswurz-Residenz von innen zu sehen bekommen?«
»Ich habe gar nicht das Bedürfnis, die Nieswurz-Residenz von innen zu sehen.« Wuschel hatte offensichtlich mehr getrunken, als er gewohnt war, und war während der Fahrt immer schweigsamer und verdrießlicher geworden. »Sie sind unsere Feinde.«
»Feinde!« Zirus schüttelte verwundert und belustigt den Kopf. »Glaubst du wirklich diese ganzen unsinnigen Gerüchte von einem Blumenkrieg? So weit wird es niemals kommen. Wurzel und Rinde, im Parlament zanken sie sich am laufenden Band. Die Goblins werden sich erheben und uns alle abmurksen, bevor die Adelshäuser gegeneinander in den Krieg ziehen. Apropos, dieser Teil von Nachtstund ist wirklich auf den Hund gekommen, was?« Er runzelte die Stirn. Draußen waren die Straßen wieder belebt, doch sie boten keinen erfreulichen Anblick. Die meisten Leute sahen für Theos ungeschultes Auge wie Goblins aus, zu denen noch diverse Doonies, vierschrötige Wichtel und andere nicht sehr menschenähnliche Erscheinungen kamen. Im harten silbrigen Licht der Straßenlaternen standen oder saßen sie in kleinen Gruppen auf den Bürgersteigen und wirkten lustlos und desorientiert. Viele warfen dem vorbeifahrenden Wagen finstere Blicke zu.
Theo erinnerte sich, daß im Buch seines Großonkels von der spiralförmigen Anlage der Stadt die Rede gewesen war. »Also die Narzissen-Residenz liegt in Abendstund, stimmt’s?« fragte er Apfelgriebs. »Und hier sind wir wo? In Nachtstund? Und wir fahren nach Mondschein. Geht das einfach so weiter? Ich meine, wird es immer dunkler? Kommt danach die Finsternacht oder so was?«
»Besser, wir reden nicht darüber«, sagte sie.
»Warum?«
»Darum.«
»Kein Geflüster, ihr beiden!« mahnte Zirus. »Potzdonner, der Branntwein ist alle.« Er ließ sich ins Polster zurücksinken und schlug die Beine übereinander. »Was führt dich in die Stadt, Chrysantheme?«
»Er ist mit mir gekommen«, kam Apfelgriebs ihm rasch zuvor. »Er war hier noch nie und wollte sich ein bißchen die Sehenswürdigkeiten anschauen.«
»Die Sehenswürdigkeiten?« Zirus stöhnte. »Laß dich bloß nicht von ihr mit diesem ganzen Stuß langweilen: Winterdynastiebrücke, Hämmerlingpromenade, dieser ganze Kram. Halt dich an mich, ich zeige dir die richtige Stadt.«
»Das ist sehr nett von dir.« Theo fragte sich, wie rasch sie wohl diesen jungen Jonquillenprinzen loswerden und in die Narzissen-Residenz zurückkehren konnten. Der Gedanke, allen möglichen Leuten vorgestellt zu werden, behagte ihm gar nicht. Wenn sie nun auf jemanden trafen, der wirklich aus Chrysanthemien stammte oder wie das verdammte Kaff sonst hieß? Er konnte nur beten, daß es einer von diesen Clubs war, wo die Musik so laut dröhnte, daß man nichts anderes tun konnte, als die unverständlichen Fragen, die einem zugebrüllt werden, mit Nicken und Lächeln zu beantworten.
»Wo wir gerade von der richtigen Stadt sprechen«, fuhr Zirus fort. »Da vorne ist der Siebenblütenplatz. Du kennst bestimmt die ganzen alten Geschichten vom letzten Krieg mit den Riesen: Wickes Sturmangriff, die Schlacht an der Dämmerglocke und so weiter.« Theo kannte nichts dergleichen, aber nickte und bemühte sich, intelligent dreinzuschauen. »Das ist alles Quatsch, wenigstens was die Sieben Blüten betrifft, und ich muß das wissen, denn wir Narzissen waren eine davon. Na schön, es ist nicht alles Quatsch, aber die Geschichte davon, wie das ganze Volk jubelte, als die Sieben Familien die Schaffung eines neuen Parlaments verkündeten, die mit Sicherheit. Das geschah damals alles heimlich und nur weil nach dem Sieg über die Riesen alle die Nase voll davon hatten, sich gegenseitig abzuschlachten. Und gejubelt wurde auch nicht, weil der König und die Königin tot waren und alle Angst hatten. Mein Onkel schwört bei allen Bäumen, daß Otho Primel vor Furcht dermaßen
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