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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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mit der Zigarette gelehnt.
    »Na, das wundert mich nicht«, sagte Apfelgriebs. »Die Umgebung paßt hundertprozentig zu ihr.«
    Bevor Theo etwas erwidern konnte, sah Poppi auf und erblickte ihn. Sie war gerade dabei, etwas zu sagen, und einen Moment lang erstarrte sie einfach mit offenem Mund und schreckensweit aufgerissenen Augen. Dann wandte sie den Blick wieder ab und beendete ihren Satz mit einem künstlichen Lachen. Als ihre Freunde das Wort ergriffen und das Gespräch weiterführten, sah sie ihn wieder an. Diesmal war es, als ob hinter ihren Augen ein Gitter heruntergerasselt wäre: als ob sie ihn noch nie gesehen hätte und ihn niemals wiedersehen wollte. Nach einer Weile flüsterte sie dem strohblonden Elf etwas zu, stand auf und stolzierte aus dem Raum, daß ihr steifer, weiter Rock hin und her schwang.
    »Kleinen Moment«, sagte Theo zu Apfelgriebs. »Bin gleich wieder da.«
    »Untersteh dich, Vilmos …!« begann die Fee, doch er war schon weg.
    Sie war nicht mehr auf der Treppe. Er stieg in das volle Getöse hinab, und während er sich an dem Knäuel zuckender Leiber vorbeischob, hielt er auf der Tanzfläche nach ihr Ausschau und in den dunklen Nischen an der Wand, wo Leute sich küßten und betatschten, irgend etwas aus Kristallröhrchen inhalierten oder anderen Betätigungen nachgingen, die er nicht genau erkennen, aber sich um so genauer vorstellen konnte.
    Er fand sie an der Theke, wo sie auf einen Drink wartete. »Hallo«, war das einzige, was ihm zu sagen einfiel.
    »Kenne ich dich?«
    Im ersten Moment war er im Zweifel, ob er sie unter dem dicken Make-up mit einer ähnlichen Frau verwechselt hatte. Doch dann erinnerte er sich, wie wütend und verletzt sie ihn über die Tische hinweg angesehen hatte. »Du kennst mich, Poppi. Aus dem Zug.«
    »Ich glaube kaum. Ich unterhalte mich niemals im Zug mit irgendwelchem Provinzgesindel, du mußt dich also irren. Sehr irren.« Sie sah ihm nicht in die Augen.
    »Hör zu, es tut mir sehr leid, daß es so gekommen ist. Ich wollte nicht gehen, aber wir mußten.«
    Ohne den Blick vom Barkeeper abzuwenden, der gerade ihren Drink mixte, sagte sie: »Ich würde nur ungern die Ordner rufen. Sie sind hier in der Nieswurz-Residenz außerordentlich grob, wie du dir vielleicht denken kannst. Sie würden dir wahrscheinlich mindestens die Beine brechen. Und die Flügel, die du zweifellos unter dieser schlecht sitzenden Jacke versteckst, die würden sie dir wohl einfach abreißen.«
    »Na schön. Ich laß dich in Ruhe.« Es war dumm gewesen, ihr nachzueilen – was hatte sich schon geändert? Und er konnte nur hoffen, daß sie ihn nur abschrecken wollte und nicht wirklich vorhatte, die Ordner zu rufen. Das war das letzte, was er brauchen konnte. »Ich wollte dir nur sagen, daß es mir leid tut und daß die Sachen, die ich dir gesagt habe, nicht gelogen waren. Es war einfach … ein ungünstiger Zeitpunkt.« Er drehte sich um und ging weg.
    »Halt! Komm her!«
    Er schaute sich um und fragte sich, ob sie ihre Meinung geändert hatte und ihn lieber im Blick behalten wollte, bis sie die Rausschmeißer geholt hatte. In ihren rotgeränderten Augen brannte ein seltsames Feuer.
    »Und ich will dir nur sagen«, murmelte sie so leise, daß er sich vorbeugen mußte, bis er fast ihr Gesicht berührte, »daß ich dich hasse, Theodorus Kegel-Chrysantheme oder … oder wer du in Wirklichkeit sein magst. Hörst du? Ich bleibe noch eine Woche in der Stechapfel-Residenz, bevor ich ins Internat zurückfahre, und ich möchte mir ausdrücklich verbitten, daß du mich dort auf meiner privaten Leitung anrufst. Weil ich dich hasse, du widerliches, scheußliches, herzloses Ungeheuer.«
    Abrupt faßte sie seinen Kopf, zog ihn zu sich und küßte ihn so hart, daß sie mit den Zähnen aneinanderstießen. Als sie ihn losließ, schmeckte er Blut auf der Lippe. Sie weinte.
    »Und jetzt geh weg«, sagte sie. »Du hast mir gründlich den Abend verdorben.« Sie wischte sich mit dem Ärmel die Augen, so daß ihre Schminke verschmierte, und schrie dann den Barkeeper an: »Fließend Wasser und schwarzes Eisen, wo bleibt mein Drink?«
    Einigermaßen mitgenommen stolperte Theo durch den Club zurück. Am Fuß der Treppe faßte ihn jemand am Arm, und es dauerte etwas, bis er Zirus Jonquille erkannte. Der junge Elfenprinz war noch betrunkener als vorher, seine Haare waren zerzaust, und im Schlitz seines aufgeknöpften Hemdes sah man die elfenbeinfarbene Haut bis zum Nabel. Er war wild und schön – eine tiefe,

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