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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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er ihn zum Ausgang schob. Theo folgte ihnen auf dem Fuße, während Apfelgriebs rittlings auf seiner Schulter saß wie ein Jockey. Der Stammhalter des Hauses Jonquille blieb in der Tür stehen und verbeugte sich vor den anderen, die in der Mehrheit eher belustigt wirkten als sonst etwas.
    »Tja«, schrie Zirus gegen die Musik an, »wieder mal ein aufregender Abend in der Christrose, was? Aber ich denke, wir schaffen unseren Freund jetzt nach Hause.«
    »Eines Tages werden alle ihre Häuser brennen«, murmelte Wuschel Segge, »und ich werde unter denen sein, die darüber jubeln.« Nur Theo hörte ihn.
    Im Fahrstuhl nach unten war Zirus immer noch gut gelaunt. »Verborgene Tiefen, was, Segge?«
    »Keiner von euch hat mich je gemocht«, sagte Wuschel leise. »Die ganze Zeit, die wir zusammen in der Schule waren, habt ihr mich nicht beachtet. Ihr habt euch nicht mal die Mühe gemacht, so zu tun.«
    Ein kalter und harter Zug trat überraschend in Zirus Jonquilles Gesicht. »Ach, hör auf zu plärren, Segge! Was hast du denn erwartet? Du bist schließlich bloß ein Querz.«

 
21
In der Stechapfel-Residenz
     
     
    D ie große Kutsche glitt durch das Tor und die lange, mit Pappeln gesäumte Auffahrt hinunter. Der untere Teil des Turms war weitgehend dunkel, wie zu erwarten – es war schließlich irgend etwas zwischen Mitternacht und Morgengrauen, und selbst die mächtigsten Familien mußten zeigen, daß sie Energie sparten –, aber in einer der oberen Etagen brannte in mehreren Fenstern nebeneinander Licht.
    Vater arbeitet mal wieder die Nacht durch, dachte sie.
    Als sie aus dem Wagen stieg, hörte sie ganz schwach das leise Jammern der Dryaden in ihrem unruhigen Schlaf. Die Zauber, die sie banden, waren mächtig, aber dennoch konnten sie nicht ganz zum Schweigen gebracht werden. »Sie klagen, weil hier in der Stadtmitte alle anderen Bäume gefällt und ihre ganzen Verwandten getötet oder vertrieben wurden«, hatte eines ihrer Kindermädchen ihr einst erzählt. »Schrecklich, was hier verbrochen wurde, schrecklich.« Dieses Kindermädchen hatte sich nicht lange gehalten, aber ihre Worte waren Poppi im Gedächtnis geblieben. In den frühen Morgenstunden wurden die Klagen der Nymphen nicht vom Verkehr übertönt, und sie erschauerte.
    Malander Fingerhut kam hinter ihr heraus und zog sie an sich. Er schlang seine langen Arme um sie und suchte ihre Lippen. Er roch aus dem Mund nach den Myrtenpastillen, die er lutschte, um den leicht widerlichen Geruch des Pitzelstaubs zu überdecken. »Soll ich mit hineinkommen, schöne Poppäa? Sollen wir noch ein bißchen auf Mabonabend anstoßen?«
    »Ich bin müde, Lander.«
    Er zog eine Augenbraue hoch und lehnte sich dann an die Seite der Luxuskutsche zurück. »Du bist schon den ganzen Abend komisch, Pops. Gar nicht vergnügt und spritzig wie sonst.« Er zerrieb etwas Elementarfeuer zwischen den Fingerkuppen, zündete sich eine Zigarette in seiner langen Spitze an und blies eine Rauchschlange in die Luft. »Ich hoffe, das wird nicht zur Gewohnheit, Kleines. Das wäre langweilig.«
    Sie konnte es nicht leiden, wenn er sie »Kleines« nannte. Das war so ein Kosename, wie ihr Vater ihn bei den lange zurückliegenden und überaus seltenen Anlässen benutzt hatte, wo er sich liebevoll geben wollte – schön unpersönlich, damit, vermutete Poppi, Fürst Stechapfel sich gar nicht erst überlegen mußte, mit welcher seiner fünf Töchter er gerade sprach. Und es erinnerte sie auch an etwas anderes, das sie lieber vergessen hätte, nämlich daß sie einen halben Kopf kleiner war als alle ihre Freundinnen. Sie wurde in seinen Armen steif. »Bedaure, wenn ich dich gekränkt haben sollte, Junker Fingerhut.«
    Bei ihrem Ton ging seine Augenbraue abermals nach oben. »Schwarzes Eisen, was ist denn in dich gefahren und dort verendet?« Er ließ sie los und reckte sich träge. »Da drüben vor der Tür steht Leimo, der Leibwächter meines Vaters, was wohl bedeutet, daß der Alte hier ist und mit deinem Pappus irgendwelche Angelegenheiten des Reiches verhandelt. Du hast sicher nichts dagegen, wenn ich mitkomme und nachhöre, ob er mit mir nach Hause fahren will?«
    »Dein Vater muß seine eigene Kutsche haben.«
    »Nicht, wenn er mit Fürst Nieswurz gekommen ist, was wahrscheinlich der Fall ist – die drei hängen in letzter Zeit zusammen wie die Wilde Jagd.« Er rümpfte die Nase. »Sie scheinen der Meinung zu sein, das ganze Land würde sich in den Wilden Wald zurückverwandeln, wenn sie sich

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