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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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mordend gegen das Herz von Elfien anrücken, und darin hören sie sich noch furchterregender an als selbst die modernste Kriegsmaschinerie meiner Welt. Wie dem auch sei, die Herrscher des Elfenlandes fielen jedenfalls beim letzten Gefecht in den Trümmern ihrer Feste (die erstaunlicherweise einen Namen führte, der mit »Dom« zu übersetzen ist statt mit »Schloß« oder anderen naheliegenden Bezeichnungen), und die Zügel der Macht wurden danach von den gemeinhin sogenannten Sieben Familien in die Hand genommen. Diese sieben mächtigsten Sippen errichteten aus Heldenmut oder Opportunismus, je nachdem wie zynisch man die Geschichte betrachten mag, eine Ordnung, die Elfien zusammenhielt, nachdem mit dem Tod des Königspaares ein Machtvakuum entstanden war.
    Die berühmten Sieben – die Narzissen, Stockrosen, Primeln, Nieswurzen, Stechäpfel, Veilchen und Lilien – waren schon vorher die mächtigsten Familien des Landes. Jede zeichnete sich durch eine der üblichen Neigungen aus, wie man sie bei Adelsgeschlechtern antrifft: Die Nieswurzen und Narzissen trieben Wissenschaft, wenn auch auf sehr unterschiedliche Art, die Veilchen und Lilien waren künstlerisch tätig, die Stechäpfel zog es in die Wirtschaft, und die Stockrosen und Primeln gingen in die Politik. Eines jedoch hatten sie alle gemeinsam, nämlich das Bestreben, über Elfien zu herrschen. Nachdem die anfängliche Panik vergangen und die Ordnung wiederhergestellt war, zwang sie der Volkswille dazu, das Parlament der Blüten neu einzusetzen, doch die wirkliche Macht lag – und liegt noch heute – bei diesen Sippen und ihren engsten Verbündeten.
     
    Da gingen plötzlich die Lichter aus.
    Im ersten Moment war Theo der festen Überzeugung, daß etwas Schreckliches geschehen war – daß sie ihn dabei ertappt hatten, wie er etwas Verbotenes las, und ihn jetzt holen kamen –, dann jedoch erinnerte er sich an den Störfall in Rainfarns Haus und an die diversen Bemerkungen, die er über die unzuverlässige Energieversorgung in Elfien gehört hatte. Als die Heinzelstimme verkündete, Notaggregate würden in Bälde eingeschaltet und die zuständigen Behörden seien verständigt worden, konnte er zwar nicht gänzlich davon absehen, daß er in völliger Finsternis in einem wildfremden Haus voller Oger und schlimmerer Kreaturen saß, aber er fühlte sich wenigstens ein klein bißchen beruhigt. Daher stieß er nur einen ganz leisen Schreckenslaut aus, als es plötzlich an der Tür klopfte.
    »Wer … wer ist da?«
    »Besuch von Wuschel Segge«, klärte ihn der Heinzel auf, der auch in dieser Situation getreulich weiter seine Pflichten versah.
    »Ich bin’s, Wuschel«, sagte der bereits Angekündigte.
    Der Querz hatte ein Licht dabei, eine etwas mehr als murmelgroße Kugel, die genug Helligkeit verbreitete, um das kummervolle Gesicht des jungen Elfs zu beleuchten, aber nicht viel mehr. »Entschuldige die Störung, Junker Vilmos. Der Heinzel sagte, daß bei dir noch Licht brennt. Na ja, brannte, bis das Licht überall ausging.«
    »Sei so gut und nenn mich Theo. Komm rein. Wie fühlst du dich?«
    »Du meinst, weil ich getrunken habe? Nicht schlecht. Wenn ich morgen aufwache, wird es schlimmer sein. Ein Glück, daß Mabon ist und Fürstin Ämilia mich nicht bei der Arbeit erwartet. Oder meinst du, wegen der Art, wie ich mich aufgeführt habe? Ich schäme mich, um die Wahrheit zu sagen.« Er trat ein, lehnte aber den angebotenen Stuhl ab, vielleicht um irgendwie Buße zu tun, und hockte sich im Schneidersitz auf den Teppich.
    »Ach, so was kommt vor. Irgendwann muß jeder mal die Sau rauslassen.« Theo zögerte. »Es sei denn, sie richten dich dafür hin oder so was in der Art.«
    »Niemand kommt in den Brunnen, nur weil er solche Sachen sagt«, erklärte Wuschel. »Höchstens wenn er ein Goblin ist.«
    »Das ist gut. Für Goblins vielleicht weniger, aber ich bin froh, daß du nicht wegen Blumenbeleidigung oder so erschossen wirst.«
    Wuschel Segge nickte. Selbst im schwachen Glanz der magischen Murmel, oder was es sonst war, machte er einen tieftraurigen Eindruck. Theo hatte den Querz mit dem langen, karamelfarbenen Gesicht für einen im Studentenalter gehalten, doch jetzt wurde ihm klar, daß dieser wahrscheinlich fünfmal, wenn nicht zehnmal so alt war. Er nippte an seinem Glas Wasser und wartete darauf, daß der andere etwas sagte. Das Warten zog sich hin.
    »Kommt das eigentlich ständig vor?« fragte Theo schließlich. »Daß die Energie ausfällt?«
    Wuschel

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