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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Affäre ziehen … nun, du wirst dich bestimmt erinnern, was mit Veilchen geschehen ist.«
    »Aber ich habe doch bloß … Gibt es gar keinen anderen Weg …?«
    »Wenn du das denkst, dann lebst du in einer magischen Welt, Fingerhut. Dann könntest du genausogut ein Mensch sein und zum Mond fliegen. Ich habe dich gefragt Erinnerst du dich daran, was mit Veilchen geschehen ist?«
    »Selbstverständlich, aber …«
    »Und denke auch an die Veilchen-Residenz. Denke an das leere Grundstück in Nachtstund, wo sie früher einmal stand. Schwarze, verbrannte Bäume. Der Boden mit Salz bestreut.«
    »Aber …!«
    »Denke einfach von Zeit zu Zeit daran. Und jetzt komm! Unser Gastgeber wartet.« Nieswurz nahm Fingerhut am Arm, und einen Moment lang verschmolzen ihre Lichtkreise und glommen auf. Dann traten sie durch die Tür ins Büro von Poppis Vater, und der Flur war wieder dunkel.
    »Ich bemühe mich, Notenergien zu aktivieren«, meldete sich der Heinzel, und diesmal waren Poppis Nerven so straff gespannt wie Lautensaiten, und sie stieß in der Tat einen kleinen Schreckensquietscher aus. »Ich werde den Normalbetrieb im Haus so schnell wie möglich wiederherstellen.«
    Sie eilte zur Treppe zurück, jetzt von der inständigen Hoffnung erfüllt, daß der Zauber lange genug anhielt, damit sie in das richtige Stockwerk, an den Dienern vorbei und in ihr Bett kommen konnte. Es war ihr egal, ob es dunkel war. Sie wollte sich nur die Decke über den Kopf ziehen und sich eine Zeitlang von der Welt abkapseln.
    Es geht mich nichts an, sagte sie sich. Was sie auch treiben mögen, es geht mich nichts an.
    Ich hasse dieses Haus.

 
22
Status quo ante
     
     
    E s war nicht leicht, nach einem solchen Abend einzuschlafen, aber schließlich gelang es ihm. Wahrscheinlich wäre er besser wach geblieben.
    Zum erstenmal, seit er seine Welt verlassen hatte, kam der altbekannte böse Traum zurück, wobei er ihn im Grunde den ganzen Abend schon vorausgeahnt hatte, von seinem ersten Blick auf den knochenbleichen, eckigen Turmbau der Nieswurz-Residenz an.
    In vieler Hinsicht war es derselbe Traum wie immer, in dem Theo zusammen mit einer fremden Wesenheit in seinem eigenen Körper eingesperrt war. Wie bei den anderen Albträumen auch blickte er durch einen trüben Schleier nach draußen, doch in dieser Fassung war es nicht Nebel, der ihn umhüllte, sondern Rauch: Er schaute von der Spitze eines hohen Gebäudes hinab, beschienen von ungemein hellen und nahen Sternen, und in der Luft hing ein scharfer Brandgeruch. Die Stadt unter ihm sah aus wie ein Lavafeld mit vielen glühend roten Flächen, die jeweils ein brennendes Stadtviertel bedeuteten und die einzigen Lichtquellen im dunklen Häusermeer waren. Schreie gellten zu ihm herauf, über die Entfernung hinweg so dünn wie das Maunzen junger Kätzchen, aber noch schlimmer als das Leid der Betroffenen unter ihm war die Freude, die er daran verspürte, der Genuß, den ihm das in den düsteren Straßen wütende Grauen bereitete. Das fremde Etwas in ihm hatte ihn vollkommen in der Hand. Bei jedem Schrei durchzuckte ihn die Lust. Es war wie Sex. Es war besser als Sex, weil er oder vielmehr das Wesen, das seinen Körper trug wie einen Anzug, mit einer ganzen Welt nach Gutdünken schaltete und waltete.
    Theo wachte schweißgebadet und wimmernd auf und war unendlich dankbar, daß er sich in seinem Zimmer in der Narzissen-Residenz befand. Er erkundigte sich nach der Zeit, und die Heinzelstimme teilte ihm gleichsam achselzuckend mit, daß es nach Mitternacht war. Elfen schienen es mit der Zeit nicht besonders genau zu nehmen, hatte er erfahren, und dem entsprach das Leben in ihren Häusern.
    Er wußte, daß er bis auf weiteres nicht mehr einschlafen würde, nicht solange ihm noch das Herz in der Brust raste. Er bat um Licht, dann begab er sich ins Bad und ließ sich ein Glas Wasser einlaufen, wobei er aufs neue darüber staunte, wie aberwitzig normal alles hier erscheinen und einem das Gefühl geben konnte, daß man die Nacht in einem anständigen, aber nicht übermäßig luxuriösen Hotel statt im Herzen des magischen Elfenlandes verbrachte. Er drehte den Wasserhahn, das Wasser kam heraus. Versuchsweise spülte er die Toilette. Das Wasser strudelte außen herum und nicht einmal in der falschen Richtung, wie es das angeblich in Australien tat. Er konnte nur froh sein, daß kein kleiner Papierstreifen darüber geklebt war, auf dem stand: »Zu Ihrer Sicherheit desinfiziert.«
    Wobei gegen Pfefferminztaler auf dem

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