Der Blumenkrieg
vor.«
»Die andern Goblins schienen ganz einverstanden zu sein.«
»Die meisten hier sind fast wahnsinnig vor Wut – ja, und auch vor Haß auf die Blumensippen. Sie sind praktisch zu allem bereit, um ihr Eigenherz wiederzufinden, auch wenn einige morgen darüber erschrecken werden, daß so etwas Geheimes in aller Öffentlichkeit ausgesprochen wurde, und zudem noch vor Ungegessenen – Leuten, die keine Goblins sind.« Ein Lächeln entblößte seine gelben Zähne. »Und ich wage zu behaupten, daß etliche aus meinem Volk darauf aus sein werden, mich zu töten, wenn sie davon erfahren, die traditionalistischen Anhänger des Bundes der Eschenebenen wie auch andere, die das Neue mehr fürchten als den Tod. Und natürlich waren unter den Versammelten heute nacht auch Spione der Blumenfamilien. Aber Husch-Husch und Brummi werden mich beschützen.« Er tätschelte einen der Oger, dem das ein Grunzen mit vollem Mund entlockte. »Jedenfalls so lange, wie ich brauche, um zu vollenden, was ich angefangen habe.« Knopf richtete sich auf. »Aber jetzt haben wir genug von solchen Dingen geredet. Erzähle mir von deiner Welt. Wir Goblins kommen in diesen schweren Zeiten nur selten dorthin. Jagen Mütter immer noch ihren Kindern mit unserem Namen Angst ein?«
Theo dachte nach. »Kaum mehr. Kann sein, daß es Horrorfilme und solche Sachen gibt, wo …«
»Was für Fimmel?« Knopf sah ihn mit listigen Augen an. »Ich bin sicher, deine Welt wäre für mich befremdlicher, als meine für dich ist. Erzähle mir ein wenig, und dann lasse ich dich schlafen gehen, denn ich weiß, daß du müde bist.«
Und während die Lampen herunterbrannten und die Elfen um ihn herum redeten und lachten und flüsterten, bemühte sich Theo, wach zu bleiben und dem Goblin Geschichten von einer fremden, magischen Welt zu erzählen, in der alle schnell alt wurden, die Bäume ohne Geister waren und niemand, nicht einmal die untersten Klassen, Flügel hatte.
30
Familienangelegenheiten
D er mit Leibwächtern vollbesetzte Wagen stand wartend bereit. Eine Wolke winziger Kraftfünkchen entquoll dem Auspuff der Kutsche, so daß die Luft in der Tiefgarage ganz schwer davon war - Poppi fühlte sie auf der Haut prickeln. Sie warteten schon lange auf sie.
Gut. Sie konnten ihr alle den Buckel runterrutschen.
Undeutlich nahm sie die dicken grauen Gesichter der Leibwächter ihres Vaters wahr, die durch die Rauchglasfenster zu ihr hinausschauten. Selbst hinter den getönten Scheiben machten sie respektvolle Mienen. Alle wußten, was mit einem Oger namens Klötzchen passiert war, den man dabei ertappt hatte, wie er die Tochter seines Arbeitgebers Fürst Immergrün lüstern anstarrte. Was von dem Körper übriggeblieben war, wurde Klötzchens Familie in zwölf ansprechenden Zierkästen zugestellt, jeder mit dem Wappen der Immergrüns darauf. Keiner der Kästen war besonders groß gewesen, obwohl Klötzchen im Leben ein ziemlicher Klotz gewesen war. Fürst Immergrün war vom Parlament für diese Geste eine offizielle Belobigung ausgesprochen worden – mehr wegen der abschreckenden Wirkung auf Leibwächter und Diener im allgemeinen als wegen der Anständigkeit gegenüber der trauernden Familie.
Strasser, der Fahrer, stand vor der Kutsche ihres Vaters an der Tür. Er nickte mit seinem blinden Pferdekopf, als sie näher kam. Er war kräftiger gebaut als ein Durchschnittsdoonie, groß und breitschultrig, was den Stechäpfeln praktisch einen zusätzlichen Leibwächter verschaffte. Wenn andere Doonies schlanke Vollblüter waren, war er ein Ackergaul.
»Tag, Jungfer.«
»Guten Tag, Strasser. Ich nehme an, mein Vater ist in grauenhafter Stimmung, weil er auf mich warten mußte.«
»Hab ihn schon fröhlicher gesehen, Jungfer.« Er machte ihr die Tür auf und klappte sie hinter ihr mit einem leisen Ploppen zu, bei dem ihr immer die Ohren knackten.
Während sie sich zurechtsetzte, bedachte ihr Vater sie mit dem vernichtenden Blick, der früher, als sie noch ein Kind war, immer einen Angststoß bei ihr ausgelöst hatte, der sie vom Nacken bis zum Schritt durchfuhr. Mittlerweile war sie dagegen immun, jedenfalls so immun, wie man sein konnte, wenn der Betreffende einen immer noch mit einem Fingerschnalzen umbringen lassen konnte.
Würde er das tun? fragte sie sich. Wenn ich ihn wütend genug machte? Durch die Ermordung ihres Stiefbruders hatte Aulus Fürst Stechapfel keinen Stammhalter mehr und von daher möglicherweise doch noch Verwendung für seine Töchter,
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