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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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zu erkennen, was sich darin befand, doch es schien sich zu bewegen.
    »Was sagt er? Ich wünschte, ich könnte den Ton hören«, seufzte Theo.
    »Ist das wirklich nötig?« meinte Wuschel trübsinnig. »Es ist mit ziemlicher Sicherheit etwas wie: ›Wir suchen diesen Kerl. Wer ihn uns bringt, den machen wir reich. Wer ihm hilft, den machen wir fertig.‹« Seine Augen suchten bereits links und rechts die Straße ab. »Wir müssen schnell hier weg, Theo! Wir müssen zur Brücke zurück, bevor dich jemand erkennt.«
    Doch trotz des eisigen Schrecks, der ihn beim Anblick seines eigenen Gesichts durchfahren hatte, trotz des Wissens, das er jetzt, wo es in der ganzen Stadt übertragen wurde, nicht mehr nur ein Flüchtling, sondern ein stadtbekannter Flüchtling war, konnte Theo sich nicht von der Stelle rühren. Die Kamera, oder welches Medium sonst das Bild auf die in Reihen stehenden Spiegelkästen zauberte, hatte endlich die Glocke auf Fürst Nieswurz’ Schreibtisch direkt ins Visier genommen, so daß Theo erkennen konnte, was da drin kauerte und mit den Flügeln schwach an die Glaswand schlug.
    »O je, Wuschel, das … das ist Apfelgriebs. Er hat Apfelgriebs.«

 
32
Fungusfreundliche Küche
     
     
    D en ganzen Rückweg über hatte er das sichere Gefühl, daß alle Leute im Bus Richtung Kriegssteine und Hafen ihn anstarrten, wobei einige sich wohl nur fragten, warum er ihnen so bekannt vorkam, andere jedoch zweifellos schon in ihre Sprechmuscheln flüsterten und ein polizeiliches Einsatzkommando davon informierten, daß sie einen gesuchten Verbrecher erspäht hatten. Oder vielleicht würden Nieswurz und die anderen sich mit etwas so Läppischem wie einem Trupp von Schutzleuten gar nicht erst abgeben. Vielleicht war der nächste Drache schon unterwegs und stieß jeden Moment vom Himmel herunter, um den ganzen Bus zu grillen wie einen Dosenschinken im Hochofen und Fleisch, Knochen und Elfenmetalle zu einer einzigen widerlichen Masse zu verschmelzen … Nein, Nieswurz und Stechapfel wollten mich lebendig fangen, hielt er sich vor, um die Panik zu unterdrücken. Das war Rainfarns Auftrag. Sie werden mich also höchstwahrscheinlich nicht einfach töten. Er zitterte und mußte mit dem Brechreiz kämpfen.
    Natürlich war die Vorstellung, in einem schalldichten modernen Kerker in der Nieswurz-Residenz zu landen, statt blitzschnell durch einen Flammenstoß zu sterben, kein großer Trost, zumal er nach wie vor nicht die leiseste Ahnung hatte, was sie eigentlich von ihm wollten.
    Und sie haben Apfelgriebs. Sie ist am Leben, aber sie haben sie. Dies zu wissen war in mancher Hinsicht schlimmer, als selbst auf der Flucht zu sein. Sie war selbstverständlich der Köder für eine Falle. Theo hatte das in zweitklassigen Actionschinken zur Genüge gesehen: Die Gehilfin des Helden wird als Geisel genommen und dieser damit gezwungen, sich in das Geheimversteck des Erzschurken einzuschleichen. Er hätte laut lachen müssen, wenn es nicht furchtbarer, tödlicher Ernst gewesen wäre.
    Außerdem, wie komme ich auf den Gedanken, ich wäre ein Held?
    Nein, wenn ich schlau bin, werde ich gar nichts tun. Weil ich keine Figur aus einem Film bin. Ich könnte hier nicht einmal einkaufen gehen und mir Geld herausgeben lassen, geschweige denn eine große Rettungsaktion durchziehen wie in »Stirb langsam«. Aber dieser Gedanke war unerträglich. Er konnte doch nicht zulassen, daß Apfelgriebs … was? Gefoltert wurde? Vielleicht könnte ich mit etwas Unterstützung doch etwas unternehmen … Er blickte zu Wuschel hinüber, dem immer noch die Bestürzung im Gesicht geschrieben stand, obwohl es schon über eine halbe Stunde her war, daß sie Nieswurz’ Sendung gesehen hatten. Sieh ihn dir an! Er mag sie wirklich gern, und dabei hat sie ihm nicht zwanzigmal den Kragen gerettet wie mir. Ich wette, er würde jederzeit für sie sein Leben riskieren. Aber auch wenn sie zu zweit waren, was konnten sie machen? Wuschel war ein Laborassistent, kein Meisterspion oder ehemaliger Söldner. Und er selbst war … bestenfalls ein Musiker. Nehmt euch in acht, ihr Übeltäter! Er fühlte sich klein und kläglich. Der schreckliche Chemikus und der gefürchtete Aushilfstamburinspieler werden euch die Hölle heiß machen!
    Nein, es war eindeutig aussichtslos. Aber folgte daraus, daß er es gar nicht erst versuchen sollte? Auch wenn er letzten Endes mit ziemlicher Sicherheit von Nieswurz und irgendwelchen verrückten Elfendoktoren in Stücke geschnippelt wurde, weil sie

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