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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Brise angeweht – nein, langsamer, erkannte Theo, so gemächlich wie Seegras in einer Meeresströmung. Der Elf beugte sich vor, bis es aussah, als wollte er das offene kristallene Innere küssen. Die Geode leuchtete auf, und Strackis Kopf war einen Moment lang nur als strubbelhaarige Silhouette zu sehen.
    Wuschel beugte sich zu Theo herüber. »Das wird etwas dauern«, wisperte er. »Geh hin und sorge dafür, daß die Leute da drüben noch ein Weilchen abgelenkt bleiben.«
    Theo mußte mit Gewalt die Panik unterdrücken, als er zu der Stelle hinlief, wo Kleiderhaken sich noch immer schnappend und stöhnend auf dem grünen Fliesenboden wand. Mehrere Elfen schienen nicht abgeneigt zu sein, ihm zu helfen, aber offenbar war keiner erpicht darauf, den spitzen gelben Zähnen allzu nahe zu kommen.
    »Wir müssen ihm helfen!« schrie Theo. »Hol jemand einen Arzt!« Einige der Umstehenden starrten ihn verständnislos an. Scheiße, fiel es Theo ein, das ist nicht das richtige Wort. Wie haben Apfelgriebs und die anderen noch einmal dazu gesagt? »Einen Medikus!«
    Er kniete sich neben Kleiderhaken hin und legte die Hände auf die Schultern des Scheinkranken, damit er nicht zufällig von den langen Fingernägeln des Goblins gekratzt wurde. »Ein bißchen noch«, raunte er. »Wir haben’s gleich.« Er richtete sich auf und erklärte: »Ich glaube, er kommt langsam zu sich.«
    Der dicke Sicherheitsbeamte brachte endlich den Mut auf, näher zu treten. Er ging schwerfällig in die Knie, wobei er Theo als Deckung vor dem immer noch zuckenden Kleiderhaken benutzte. »Was ist los?« erkundigte er sich atemlos. »Stirbt er?«
    »Nein!« japste Kleiderhaken. Er sah wirklich schrecklich aus und klang auch so. »Bloß … ein Goblinanfall.«
    »Wahrscheinlich betrunken«, murmelte der Wächter leise Theo zu. »Die sind wie Fische im Ys, immer gut befeuchtet.«
    »Ich brauche Wasser«, keuchte Kleiderhaken. »Nein, du nicht, er. Bring mir Wasser!« krächzte er Theo zu.
    »Bin gleich wieder da«, versicherte er dem Wächter und erhob sich. »Siehst du, es geht ihm schon besser.« Und tatsächlich waren Kleiderhakens Zuckungen langsamer geworden.
    Er schob sich durch die um den Goblin versammelte Menge und stieß beinahe mit Wuschel und Stracki Nessel zusammen, die aus der anderen Richtung kamen. Stracki konnte sich kaum noch auf den Beinen halten; er sah aus, als wäre er zusammengeschlagen worden. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte der lange, taumelnde Elf auf viele der Leute im Elyseum einen verdächtigen Eindruck gemacht, doch im Augenblick waren alle davon abgelenkt, zuzuschauen, wie Kleiderhaken, gestützt von dem dicken Sicherheitsbeamten, wieder auf die Beine zu kommen versuchte, aber den Halt verlor und seinen Helfer mit zu Boden riß. Mittlerweile lachten die Leute, und Theo konnte sich sogar vorstellen, daß Kleiderhaken es fertigbringen würde, das Gebäude zu verlassen, ohne den Schutzleuten übergeben zu werden.
    »Habt ihr alles hingekriegt?« fragte er. Wuschel nickte bloß, denn er mußte Stracki aufrecht halten und konnte keine näheren Auskünfte geben.
    Sie gingen zur wuchtigen Flügeltür hinaus, die Stufen hinunter und auf der Heckenallee zur Bushaltestelle, aber nach wenigen Schritten blieb Wuschel unvermittelt stehen. »Theo, sieh doch!«
    Theos erste Reaktion auf Wuschels entsetzten Ton war, sich zur Tür umzudrehen in der Erwartung, daß sie von einer Horde wütender Elfen verfolgt wurden, doch Wuschel zeigte in eine ganz andere Richtung, nämlich auf das Schaufenster, vor dem sie vor ihrer Aktion im Elyseum gestanden hatten.
    Auf sämtlichen ausgestellten Spiegelkästen war dasselbe Gesicht zu sehen. Theos.
    »Jesses! Scheiße, das bin ja ich!«
    Sein Gesicht – ein ungestelltes Bild, das er noch nie gesehen hatte, aber das trotz des verblüfften Ausdrucks unverkennbar er war – sah ihn ein paar Sekunden lang an und wurde dann im ganzen Fenster von dem dutzendfach wiederholten Gesicht von Nidrus Fürst Nieswurz abgelöst. Nieswurz’ Bild jedoch war nicht unbewegt. Er redete.
    Während Theo und Wuschel Stracki Nessel zu sich heranzogen, um die Auslage irgendwie vor den anderen Leuten auf der Straße zu verbergen, wich der Blickpunkt zurück, und man sah Nieswurz an einem großen schwarzen Schreibtisch sitzen, auf dem sich nur zwei Gegenstände befanden, eine Kristallvase mit einer einzelnen bleichen Blume darin und ein glockenförmiger Glasbehälter, der Ähnlichkeit mit einer Vakuumglocke hatte. Es war schwer

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