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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Nieswurz zog eine Augenbraue hoch. »Wachen, ihr könnt gehen.«
    »Bist du sicher, Fürst Nieswurz …?« begann Rainfarn und verstummte dann jäh. Die Schutzleute hoben zum Gruß die Hand und marschierten hinaus.
    »Sie sind gefesselt, Vater«, sagte Anton Nieswurz mit einem leisen Anflug von Stolz. »Wehrlos. Eine neue Erfindung von mir …«
    Fürst Nieswurz trat hinter dem Schreibtisch hervor und stellte sich hinter Theo. Der bissigen Annis zum Trotz fiel es ihm schwer, still stehenzubleiben – allein das Wissen um die Nähe des Elfenfürsten jagte ihm einen eisigen Schauder über den Rücken, so als ob Dracula hinter ihm stünde und seinen Hals begutachtete. »Ich glaube nicht, daß wir die jetzt noch brauchen«, sagte Nieswurz. An Theos Handgelenken gab es einen Ruck. Im nächsten Moment war der Druck von den Annishandschellen weg, und Hände und Unterarme prickelten ihm von der wieder einsetzenden Durchblutung.
    »Aber Vater …!«
    »Laß dein Genörgel sein, Antoninus! Glaubst du wirklich, daß eine Fessel an den Armen mehr vermag als ich?« Urplötzlich stand der Blumenfürst wieder vor Theo. Seine Hand fuhr so schnell hoch, daß Theo erst zuckte, als Nieswurz ihm schon mit dem Finger an die Stirn getippt hatte. Er schien damit auf Theos Haut einen eiskalten Punkt hinterlassen zu haben, so kalt, daß er brannte, doch unmittelbar darauf wurde das Gefühl weniger intensiv und dafür flächiger, dehnte sich über seine Haut und in die Muskeln aus, wand sich um Theos Wirbelsäule wie eine Dornenranke. »Du wirst hingehen, wohin ich es dir sage«, erklärte Nieswurz. »Du wirst tun, was ich dir sage. Fürs erste wirst du still zuhören und nur reden, wenn ich dir eine Frage stelle.«
    »Verreck doch, du miese Leichenvisage«, wollte Theo sagen, aber wie in einem Albtraum, wo man schreien will, aber es geht nicht, kam nur ein dünnes Pfeifen aus seinem Mund. Während er gegen die Stummheit ankämpfte, trat Nieswurz vor Wuschel. Die Augen des Querzes waren schreckensweit.
    »Was weiß der hier?« fragte er.
    »Vielleicht gar nichts, Fürst Nieswurz«, antwortete Rainfarn. »Wir haben sie beide unverzüglich zu dir gebracht.«
    »Ich habe sie gebracht«, ließ sich Anton vernehmen. »Ich hatte das Kommando.«
    »Ja, und dabei hast du einige Entscheidungen getroffen«, sagte sein Vater, »und zwar nicht besonders gute.« Er berührte Wuschels Stirn und wiederholte die Worte, die er zu Theo gesagt hatte, dann schwenkte er einmal die Hand. Lichter glommen an den dunklen Wänden auf oder vielleicht auch in den Wänden selbst; Theo konnte plötzlich erkennen, daß der Raum sehr groß war, ein achteckiges Zimmer von gut vierzig Meter Durchmesser, in dessen einer Ecke der Schreibtisch stand.
    Die Wände ringsherum waren Fenster, durch die man an allen Seiten einen spektakulären Penthouseblick über die ganze Stadt hatte, einen Blick, der zu bestätigen schien, daß die Nieswurz-Residenz nunmehr Elfiens Dreh- und Angelpunkt geworden war. Während er auf das Rundumpanorama starrte, stellte Theo fest, daß er immer noch ein bißchen Bewegungsfreiheit hatte und wenigstens den Kopf und die Arme rühren und sogar die Füße minimal versetzen konnte. Er versuchte, unauffällig einen kleinen Schritt zurück zu machen, und mußte entdecken, daß er so viel Freiheit denn doch wieder nicht hatte: Wie von einem Magneten wurde er an der Stelle festgehalten, wo er stand.
    Nieswurz schaute auf einen Feuerschein am anderen Ende der Stadt, der wie eine Autobahnwarnfackel loderte. »Ich sehe einen Brand im Speicherviertel, Antoninus. Wieso brennt es dort?«
    »Das Gebäude des Beseitigers war v-voller F-Fallen.« Der jüngere Nieswurz geriet plötzlich ins Stottern. »Ich … w-wir konnten nicht … ich mußte …«
    Nieswurz’ Stimme war wie Eis. »Wir werden später darüber reden. Das gefällt mir nicht. Im Augenblick jedoch haben wir wichtigere Dinge zu tun.« Er starrte einen Moment lang schweigend ins Leere. »Ah, die anderen sind eingetroffen und auf dem Weg nach oben.« Er richtete seinen betont gleichgültigen Blick auf Theo. »Du mühst dich ab, etwas zu sagen. Du darfst sprechen. Nutze die Gelegenheit klug.«
    Theo schluckte die Schmähungen hinunter, die er ihm ins Gesicht spucken wollte. »Du hältst eine Freundin von mir fest. Unter Glas. Kann ich sie sehen?«
    Nieswurz überlegte kurz, dann nickte er Rainfarn zu, und dieser eilte an den großen Schreibtisch und holte die Glasglocke aus ihrem Versteck. »Du darfst zum

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