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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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tatsächlich verwundbar sind? Wenn du deine Privatleitung etwas mehr beachten würdest, hättest du gehört, daß die Sicherheitskräfte dich soeben erreichen wollten, um dir mitzuteilen, daß unser Haus umzingelt ist.« Das Schreckliche Kind schienen die Vorgänge eindeutig mehr zu unterhalten als zu beunruhigen. »Und die Grimbolde haben noch andere Waffen außer Pfeil und Bogen, sagte der Kommandant: Sie schießen mit Blitzwerfern zu den Fenstern unseres Turms hinein, und viele der Wachen sind tot.«
    »Wir werden nicht lange verwundbar sein«, erklärte Nieswurz. »In die Kutsche!« schrie er den Ogerleibwächtern zu. »Abfahren! Sofort! Direkt zum Dom!«
    Noch bevor die Oger ganz eingestiegen waren, vollführte die gepanzerte Kutsche auf dem Rasen eine abrupte Kehrtwende, daß Gras- und Erdbrocken nur so durch die Gegend flogen und einer der grauen Kolosse beinahe auf Theo gerollt wäre – was, mußte er unwillkürlich denken, wenigstens ein schnellerer Tod gewesen wäre als der, den Nieswurz ihm sicherlich zugedacht hatte.
    »Sie haben’s geschafft!« jubelte Apfelgriebs dicht an seinem Ohr. »Hast du das gesehen? Das war klasse!«
    Er konnte einen gewissen Stolz nicht unterdrücken. Was die Goblins getan hatten, war mehr als nur eine heroische Geste – Nieswurz war zurückgeworfen, sogar ein wenig verunsichert worden. Und Theo und Wuschel Segge hatten etwas dazu beigetragen.
    Guter alter Knopf, dachte er. Jetzt bekommen die Blumenschweine die Quittung dafür, daß sie ihn unterschätzt haben.
    Wenige Minuten später fuhren sie durch eine plötzliche Nebelwand in einen Teil der Stadt, den er noch nie gesehen hatte, einen Bezirk, der, soweit er sich erinnerte, in Dowds Aufzeichnungen gar nicht richtig vorgekommen war. Die Gebäude auf beiden Seiten der immer schmaler werdenden Straße waren seltsame Gebilde aus Stein und Erde, die beinahe aussahen wie Termitenhügel oder eine antike archäologische Grabungsstätte. Die dunklen, diesigen Straßen waren leer, und die merkwürdigen Gebäude schienen auch leer zu sein, denn Türen und unverglaste Fenster gähnten ihnen entgegen wie die Augen von aufgetürmten Totenschädeln in einer Katakombe. Sogar der Nebel schien dichter zu werden, je weiter der Konvoi die Hangstraßen zwischen den rohen, dicht zusammengedrängten Häusern hinunterkam.
    Nein, erkannte Theo, das ist nicht bloß der Nebel. Der Himmel selbst wurde dunkler, als ob der Nachmittag ganz schnell in den Abend übergehen wollte. Aber bis zum Abend müßten es eigentlich noch Stunden hin sein. Kann es so was wie einen Stromausfall am Himmel geben?
    Nieswurz bellte auf seiner unsichtbaren Privatleitung Befehle, das Kind schaute ruhig aus dem Fenster, und Rainfarn schien mit starken Schmerzen zu kämpfen, aber trotzdem flüsterte Theo, als er Apfelgriebs fragte: »Wo sind wir? Warum wird es schon dunkel? Ist das der Rauch von den Feuern?«
    »Wir fahren in Mitternacht ein«, sagte sie ihm ins Ohr. Ihre kurze Freude war verflogen, und ihre Stimme zitterte. »Das verheißt nichts Gutes, Theo. Seit dem Tod des Königs und der Königin kommt hier höchstens mal jemand zu einer Beerdigung her. Es … es ist kompakt.«
    »Was ist kompakt?«
    »Alles. Es ist einfach so. Ganz Elfien verdichtet sich hier irgendwie.«
    Der kleine Junge neben ihnen tat einen tiefen, begeisterten Atemzug. »Hier ist das Herz des Reichs, die Stätte des Urhügels, wo die Zivilisation begann – aber Leben gab es hier schon lange davor.« Er lächelte und nickte. »Dies ist der Ort der Übergänge, wo alles eingeht und ausgeht, geboren wird … und stirbt.« Das Schreckliche Kind drängte sich in Theos Kopf. Du wirst es aufschlußreich finden, mein Beinahzwilling – für eine kurze Zeit.
    Apfelgriebs preßte sich fester an Theos Hals, obwohl sie auf der anderen Seite als der Junge war. »Sprich nicht mit ihm!«
    Aber er konnte nicht widerstehen. Daß die Grimbolde den Drachen getötet hatten, hatte ihm Mut gemacht. »Und das ist der Ort, wo du dieses Dings machen willst, wie heißt es noch mal? Die Ewige Nacht?«
    »Die Urnacht. Ja, genau. Aber ich werde sie nicht ›machen‹. Sie ist bereits da. Ich werde einfach eine Tür öffnen, damit sie in die Menschenwelt einziehen kann. Nicht daß deine Welt ihr fremd ist, auch dort haben einst die alten Zwänge und die alten Schrecken geherrscht. Aber heute gibt es nur noch wenige kleine Durchlässe, und wie winzige Löcher in einem ansonsten wasserdichten Schiff reichen sie nicht aus, um

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