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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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ließ sich ein Stück vor Theos Gesicht auf dem Boden nieder. »Was anderes findest du hier verdammt selten, dich mal ausgenommen. Das waren Blumen. Hiesiger Adel, könnte man sagen. Halten sich für wer weiß wie toll.«
    »Sie … sie sind toll.«
    Eine Weile sah Apfelgriebs ihn nur an, und ihr kleines Gesicht wirkte beinahe gekränkt. »Klar, du hast sie vorher noch nie gesehen«, sagte sie schließlich, dann verfinsterte sich ihre Miene. »Laufen wir Rittersporn direkt vor die Nase! Ein Schwein, daß sie uns nicht bemerkt haben! Bei den Bäumen! Und ich sag noch, du sollst machen und dich nicht um mich kümmern!«
    In seiner Verwirrung dauerte es etwas, bis er verstand. »Moment mal, meinst du vorhin … in der Hütte? Willst du damit sagen, ich hätte dich mit diesem gräßlichen Leichending allein lassen sollen?«
    »Ich hätte noch eine Tür für mich aufmachen können. Die eine war nur für dich – ich wollte das olle Ekel ein Weilchen ablenken. Aber du hast mich mit durchgeschleift und die Ankunft vermasselt, und deshalb sind wir an der falschen Stelle gelandet.« Sie schüttelte den Kopf. »Mitten in Delphinion. Schiet und Aberschiet! Selbst wenn wir’s zum Rand des Waldes nicht weit haben, brauchen wir bei deinem Watscheltempo einen halben Tag bis ins Chrysanthemengebiet, und bei Tag dürfen wir uns nicht aus dem Wald raustrauen.«
    »Wir können den Wald nicht verlassen …?«
    »Weil das hier Rittersporns Land ist, du Doofkopp. Es gehört ihm, und fast alles darin und vieles darüber genauso, einige der Vögel eingeschlossen. Wenn wir uns aus dem Schutz der Bäume begeben, müssen wir damit rechnen, daß er davon Wind bekommt, bevor eine Stunde um ist.«
    »He, verdammt, hör auf, mich doof zu nennen. Auch wenn du mir das Leben gerettet hast, gibt dir das noch lange nicht das Recht, ständig auf mir rumzuhacken.«
    »Ooh, er wird bissig.«
    »Hör mal zu, vor ein paar Stunden war ich noch zu Hause in meiner eigenen Welt und hab an nichts Weltbewegenderes gedacht, als auf meine Maschine zu springen und einen Burrito für unterwegs auf die Faust zu nehmen, und auf einmal bin ich mitten im Märchenland und werde von Däumeline durch den beschissenen Zauberwald geführt – und Däumeline ist eine ziemliche Zimtzicke, unter uns gesagt. Jedenfalls will ich den sehen, der unter den Umständen eine viel bessere Figur machen würde, also mach mich nicht an!«
    Eine Weile ging er schweigend dahin. Apfelgriebs verließ ihn nicht, ja sie wirkte nicht einmal sonderlich beleidigt, und so wagte er schließlich eine Frage. »Was zum Teufel macht es aus, ob dieser Kerl weiß, daß wir auf seinem Land sind, oder nicht?«
    »Rittersporn ist ein Würger, das macht es aus. Es wäre halb so wild, wenn er ein Kriecher wäre oder selbst ein Neutraler wie Rainfarn, aber ich würde vermuten, von den Würgern würde dir jeder mit größtem Vergnügen die Kehle durchschneiden.«
    Theo verstand überhaupt nichts mehr. »Rittersporn? Würger? Redest du jetzt von Pflanzen oder von Leuten?«
    Apfelgriebs gab einen recht eindeutigen Laut des Unwillens von sich. »Na ja, wahrscheinlich kannst du nichts dafür, daß du keine Ahnung hast. Geh weiter, und ich erzähl dir ein bißchen was über die Verhältnisse hier. Aber gib acht! Auch wenn du meinst, daß ich zu hart mit dir umspringe – was sein kann, aber andererseits hast du das vielleicht nötig –, sobald ich dir sage, du sollst still sein, bleibst du stehen und bist still. Diese Welt hier ist gefährlich für dich, Bürschchen, und nicht bloß deswegen, weil du bei deiner Art zu gehen, jeden Moment über einen Ast stolpern und dir die Nase brechen kannst. Gefährlich. Kapiert?«
    Er nickte.
    »Na schön«, sagte sie und schwang sich in die warme Nachmittagsluft. »Dann sieh zu, daß du in die Füße kommst.«
    Es wäre ihm schwergefallen, so viele Informationen über die elfische Geschichte und Kultur zu verarbeiten, wenn er in einem stillen Seminarraum dem Vortrag eines Professors gelauscht oder sie in einem Lehrbuch gelesen hätte. Sie von Apfelgriebs zu hören, während er durch die faszinierende Waldlandschaft stolperte, war ein wenig so, als ließe er sich während der ersten halben Stunde in einer neuen Stadt von einem ausländischen Taxifahrer eine hochtheoretische politologische Vorlesung halten. Und auch der Unterrichtsstil seiner Lehrerin war nicht sehr hilfreich: Immer wenn er das Gefühl hatte, ein wenig durchzublicken, beschloß Apfelgriebs plötzlich,

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