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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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vorauszufliegen und das Terrain zu erkunden, oder sie schwirrte ihm vors Gesicht, um sich abschätzig über sein Tempo oder seine Aufmerksamkeit zu äußern.
    Was er letztendlich begriff, war folgendes:
    Elfen gab es in allen Formen und Größen, aber die mächtigste Kaste – gewissermaßen der Adel oder immerhin die Oberschicht – schien eine ungefähr menschliche Gestalt und Größe zu bevorzugen, wie er es bei dem Jagdtrupp gesehen hatte. Wie Menschen von einem vergleichbaren gesellschaftlichen Rang hatten diese Elfen im allgemeinen Wohnsitze sowohl auf dem Lande als auch in der Stadt. (Es schien nur eine große Stadt zu geben, wenn er das recht verstand, offenbar dieselbe wunderbare Metropole, die im Buch seines Großonkels beschrieben wurde.) Die Adelsgeschlechter waren alle nach Blumen benannt, und diese Sippen schienen in Elfien weitgehend die Herrschaft auszuüben.
    »Ihnen gehören die Kraftwerke, nicht?« war Apfelgriebs’ etwas kryptische Begründung für diesen Sachverhalt.
    Zwischen den Blumensippen gab es wechselnde und schwer überschaubare politische Bündnisse und Konflikte, doch die größte Bedeutung für Theo hatte der Kampf zwischen den Kriechern und den Würgern, da es dabei um das Verhältnis zu den Menschen ging. Apfelgriebs war über die ganze Geschichte des Konflikts nicht sehr gut im Bilde, doch soweit Theo ihr folgen konnte, waren die Kriecher für die Koexistenz mit den Menschen, die Würger jedoch dagegen.
    »Dagegen?« fragte er. »Was bedeutet das?«
    »Ich vermute, das bedeutet, daß sie sie umbringen wollen.«
    »Sie umbringen?« Ein Schauder überlief ihn. »Jesses, wie viele Menschen habt ihr denn hier?«
    Nachdenklich legte sie ihre kleine Stirn in Falten. »Ich wüßte derzeit von keinem. Außer dir.«
    Er schluckte schwer. »Aber … aber warum kriegen sie sich wegen des Umbringens von Menschen in die Wolle, wenn es hier gar keine gibt?«
    »Weil es nicht nur darum geht, die hiesigen umzubringen, du Doofkopp.«
    Es dauerte einen Moment, doch als es schließlich bei ihm klick machte, blieb er wie angewurzelt stehen. »Warte mal. Verdammt, hör doch mal auf zu fliegen! Willst du mir erzählen, daß es hier einen Haufen von … von Elfen gibt, die alle Leute auf der Welt umbringen wollen? Die Leute in meiner Welt? Wirkliche Leute?«
    Apfelgriebs verzog das Gesicht. »Was soll das heißen, ›wirklich‹? Bin ich vielleicht nicht wirklich, du? Wenn du mich stichst, blute ich nicht? Wenn du mich auf die Palme bringst, trete ich dir nicht in den Arsch?«
    »Ich will dich nicht beleidigen, ich will das nur begreifen. Was genau bedeutet das, sie wollen die Menschen umbringen?«
    Noch immer verärgert zuckte sie die Achseln. »Wie gesagt, es ist ein großer politischer Streitpunkt. Wenn du mehr wissen willst, mußt du Rainfarn fragen. Ich gehör bloß zur Arbeiterklasse.«
    »Jesses.« Er setzte sich wieder in Bewegung. Der Zauberwald verlor allmählich seinen letzten Reiz. »Wie viele von diesen … Würgern gibt es denn?«
    »Nicht so viele. Vielleicht ein Viertel der Blumen, höchstens.«
    »Ein Viertel …? Jesses!«
    »Würdest du mal aufhören, das zu sagen?« Apfelgriebs kurvte dreimal um seinen Kopf. »Mir persönlich macht es nichts aus, aber es gibt hier viele, die das schlecht vertragen, ganz abgesehen davon, daß du dich verrätst, wenn du bei jeder Gelegenheit wie ein Schaf diesen Namen blökst. Du würdest ja auch nicht rumrennen und ständig ›Mohammed‹ oder ›Buddha‹ schreien, oder?«
    »Wie bitte? Soll das heißen, daß die anderen Elfen mich solange nicht als Ausländer erkennen, wie ich den Mund halte?«
    »Du würdest dich wundern.« Sie feixte. »Auch unter den Elfen gibt’s ziemliche Deppen. Was nun die Würger betrifft, darfst du nicht vergessen, daß es mindestens so viele Kriecher gibt, und die können deinesgleichen ganz gut leiden. Die Frage ist, wie viele von den Unentschiedenen sich auf die eine oder die andere Seite schlagen. Mach dir nicht soviel Gedanken, Bürschchen, der Streit schwelt schon ganz, ganz lange.« Sie verstummte und blieb in der Luft stehen. »Moment mal, ich höre irgendwas Komisches.« Sie reckte den Kopf, legte ihn schief. »Riechen tu ich auch was …«
    »Was meinst du …?«
    »Bleib einfach hier stehen und mach nichts, hörst du?«
    »Aber …«
    »Bei den Bäumen, du wirst mich noch dazu bringen, daß ich Würgerhetzblätter lese, und dabei bin ich nicht mal wahlberechtigt! Halt jetzt endlich die Klappe und warte auf

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