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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Gärprozeß durchlaufen hatten.
    Als er am Rand des Feldes ankam und zwischen zwei Reihen der goldenen Halme trat, schossen auf einmal nur wenige Reihen weiter drei Köpfe hoch. Theo stieß einen Überraschungslaut aus und blieb stehen. So verblüffend klein sie war, hatte Apfelgriebs doch ein recht menschliches Aussehen, und die Elfenadeligen, die er vorher gesehen hatte, hätten aus der Ferne ebenfalls als Menschen durchgehen können, doch bei den drei Gesichtern, die ihn da anstarrten, war eine solche Verwechslung kaum möglich. Alle drei hatten riesengroße Augen, Runzeln wie eine tausendjährige Mumie, und statt Nasen nur zwei runde Löcher mitten im Gesicht.
    Etwas Spitzes piekste sein Ohrläppchen. »Mach Lärm, du Riesenroß!« flüsterte Apfelgriebs.
    Theo wedelte mit den Armen und brummte. Die fremdartigen Gesichter sahen ihn einen Moment lang ausdruckslos an. Er machte einen Satz in den Weizen, als wollte er auf sie losgehen, und sie tauchten hinter der Kornreihe ab.
    »Was zum Teufel waren das für welche?« fragte er, als er sie in der Gegenrichtung davonstürzen hörte.
    »Feldbutzen«, erwiderte Apfelgriebs. »Nicht besonders helle, die Burschen. Aber sie werden nicht zurückkommen.«
    »Häßlich.« Theo schauderte.
    Apfelgriebs lachte scharf. »Ha, wenn du die schon unansehnlich findest, dann möchte ich nicht in deinen Schuhen stecken, wenn du einem Killmoulis oder einem von den Alperern begegnest. Oder der Rauhen Else persönlich!«
    »Auf die kann ich alle verzichten«, sagte Theo müde. »Ich will bloß nach Hause.«
    Apfelgriebs runzelte die Stirn. »Ja. Hm.«
     
    E s war ein weiter Weg über Fürst Rittersporns Weizenfelder, doch obwohl sie viele andere Wesen dort arbeiten sahen, Brownies und Ulken und Haugbuinns und andere dienstbare Elfen, die laut Apfelgriebs den größten Teil der Landarbeit erledigten, war den meisten offenbar daran gelegen, sich in sicherem Abstand von Theo dem Waldschrat zu halten. Die Sonne sank weiter, bis sie auf den Almen im Westen zu liegen schien. Als Theo zurückblickte, sah er, daß der Wald hinter ihm sich bis zu einer Bergkette im Süden erstreckte, deren Gipfel sich in der Ferne so dünn abzeichneten wie vom Wind verwehte Wolken.
    »Der Wald …«, sagte er. »Der ist ja riesig!«
    »Der Silberwald? Einer der größten«, meinte Apfelgriebs. »Innerhalb der Grenzen Elfiens sind nur Ur-Arden und Broceliande größer, jedenfalls hab ich’s so gelernt.«
    »Und das gehört alles diesem Rittersporn?«
    »Nein, nein, so bedeutend ist er auch wieder nicht. Delphinion, sein Familienbesitz, schließt nur eine kleine Ecke des Waldes mit ein – zufällig gerade die, wo wir gelandet sind. Der größte Teil gehört den Sechs Familien, wie alles andere auch.« Sie überlegte kurz, dann sauste sie voraus und entschwand seinem Blick. Theo stapfte weiter. Er konnte jetzt das Ende des Weizenfeldes sehen. Es war sehr nahe.
    Apfelgriebs war schnell wieder da. »Wir haben Glück«, sagte sie. »Die Grenze ist nicht mehr weit, gleich auf der anderen Seite des Flusses, ein Katzensprung. Und da drüben ist es auch halbwegs waldig, so daß wir nicht groß befürchten müssen, gesehen zu werden.«
    »Heißt das, ich kann mir diese verdammten Blätter aus den Haaren schütteln?« Er seufzte. »Und was liegt hinter dieser Grenze?«
    »Die Sonnenblickkommune – das Gebiet des Chrysanthemengeschlechts, wo Rainfarn wohnt. Was die Blätter betrifft, mußt du noch warten, bis wir über den Fluß sind, Bürschchen.«
    »Kommune …?«
    »Sie stehen auf altmodische Namen, die Chrysanthemen. Aber wir haben jetzt keine Zeit, hier rumzutrödeln und über solche Sachen zu diskutieren.«
    Als Theo aus dem Weizenfeld heraustaumelte wie ein ausgepumpter Langstreckenläufer, der das Zielband zerreißt, mußte er zu seinem Schreck erkennen, daß Apfelgriebs bei ihrem »Katzensprung« offenbar von der Sprungkraft eines mutierten Superkänguruhs ausging. Der Fluß war breit und mächtig, dunkles Wasser und glitzernder Schaum zu lebendigem Kristall vermischt, doch für Theos Empfinden war er durchaus nicht besonders nahe. Stöhnend sank er am Feldrain ins Gras. »Das schaffe ich nicht.« Er ließ den Kopf auf die Brust fallen, fühlte Schweiß und Schmutz und kratzige Blätter im Genick. »Außerdem sterbe ich vor Durst.«
    »Der Fluß, Theo.« Sie sagte es beinahe freundlich.
    Als er aufstand und den langen Abhang hinunterzuhumpeln begann, ging ihm auf, daß sie ihn zum erstenmal beim Namen genannt

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