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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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sich lieber auf Unannehmlichkeiten gefaßt machte. Sie bedauerte es bereits, daß sie keinen Ersatz für den Halbtroll Rauhbein gefunden hatte, zweite Schankkraft und inoffizieller Rausschmeißer, der sich krank gemeldet hatte.
    Die Kundschaft war nicht anders als sonst auch, ein paar Gewohnheitstrinker, die regelmäßig auf dem Nachhauseweg einkehrten (aber nie nach Hause zu finden schienen), einige Büroangestellte aus dem Stadtteil Dämmerstund, die nach ein oder zwei Gläsern tatsächlich nach Hause gingen – die Haltestelle Ostwasser-Nöckingen war gleich gegenüber – und ein Tisch voll junger Blumenadeliger, die hier auf ihrer vermutlich noch langen nächtlichen Zechtour zum erstenmal Station machten. Diese letzteren waren laut und pöbelten ein bißchen herum, aber sie waren schon fast eine Stunde da, ohne ernsthafte Scherereien zu machen. Eigentlich war alles nicht viel anders als sonst, und dennoch wurde Martha das unbehagliche Gefühl nicht los.
    Als sie daher den alten Wacholder hinter die Theke beorderte und nach hinten ins Büro ging, um das Wechselgeld für einen goldenen Oonagh aus dem Safe zu holen, nahm sie ein Päckchen mit heraus. Sie wickelte die automatische Kuckuck kurz aus, um sich zu vergewissern, daß eine bronzeummantelte Eisenpatrone im Magazin war, aber auch um zu prüfen, ob sie gesichert war, dann schlug sie wieder das Tuch darum und steckte das Päckchen in die Tasche ihres geräumigen Kittels. Nachdem sie dem wartenden Kunden herausgegeben und den alten Grünrock wieder in die Küche entlassen hatte, schob sie die Pistole in das Fach unter der Kasse, weit genug nach hinten, daß weder Wacholder noch sonst jemand zufällig darauf stoßen konnte. Als sie gerade die Hand zurückzog, flog mit einem Knall die Tür auf, so daß sie zusammenfuhr und ihre kleinen Flügel anspannte.
    Ihre Schreckreaktion schien unbegründet zu sein. Die kleine braune Gestalt, die dort im Schein der frisch angezündeten Straßenlaternen stand, zog zwar die Augen mehrerer Gäste auf sich, aber nicht lange. Es war nur ein Goblin, und zudem einer, der nicht sehr gesund und auch nicht sehr glücklich aussah. Martha trat mit finsterem Blick um die Theke herum, um ihn abzufangen, bevor er einen ihrer Gäste anbetteln konnte, aber der kleine Kerl kam mit seinen knochigen Beinen geradewegs auf sie zugestakt wie ein Storch.
    »Da schüttelt’s doch die Bäume, wer hat den reingelassen?« spottete einer der jungen Adeligen, als der Goblin vorbeihinkte, und ein paar der Büroangestellten murmelten oder kicherten hinter vorgehaltener Hand, doch damit erschöpfte sich die Beachtung, die der Neuankömmling fand.
    Und ich wette, das ist er gewohnt, dachte sich Martha.
    »Du bist … ähem … die Besitzerin? Dieser Schankwirtschaft?« Er hatte die quäkige Goblinstimme, sprach aber mit einer gewissen befremdlichen Würde. Sie fragte sich, ob er getrunken hatte – man sagte Goblins eine Schwäche für starke Getränke nach. Freilich hatte sie in der langen Zeit, in der sie schon im Geschäft war, noch nicht viele Goblins als Kunden gehabt und konnte sich eigentlich nicht erinnern, daß einer von ihnen etwas Hochprozentigeres als Farnbier getrunken hatte, aber wenn es nicht stimmte, wieso erzählten es sich dann alle? Vielleicht gab es eigene Goblinkneipen – hatte sie so etwas nicht einmal munkeln gehört?
    »Ja, ich bin … Das ist meine Taverne.«
    Seine fingerlange Nase zuckte. »Es beglückt mich, deine Bekanntschaft zu machen. Ähem.« Nach dem eigentümlichen leisen Räuspern beugte er sich vor, wie um ihr ein Geheimnis anzuvertrauen. »Ich besitze im Augenblick nicht die kleinste Goldmünze, holde Frau, gütige Jungfer. Keinen Fliegenstippel.«
    Sie verkniff sich ein Lächeln, weil sie nicht vorhatte, sich einwickeln zu lassen. Es war einfach zu heiß für solche Fisimatenten.
    »Wenn du ein Freibier schnorren willst, versuchst du es lieber woanders …«
    »Nein, nein! Du verkennst mich. Ich will nichts umsonst, und schon gar kein Bier.« Er rieb sich die Nase und kratzte daran, so daß sie sich mehrere Zentimeter zur Seite krümmte. Er war jünger, als sie zuerst gedacht hatte, noch nicht einmal im mittleren Alter, und ziemlich sauber für einen Goblin, auch wenn er ein wenig scharf zu riechen schien. »Ich würde nur gerne wissen, ob es vielleicht eine kleine Arbeit für mich gäbe, irgend etwas, womit ich mir ein Essen verdienen könnte. Im Augenblick habe ich, wie gesagt, ähem, keine Münzen bei mir.«
    Sie

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