Der Blumenkrieg
hatte dieses zwar eine Tür, aber keinerlei Fenster oder Lüftungsmöglichkeiten, nur in einer Wand eine Öffnung, die ein wenig wie eine Klimaanlage mit einem Schutzgitter aus Seide aussah. Klimaanlagen im Märchenland! Das war alles zu hoch für ihn. »Wo bin ich hier?« fragte er. »Was ist passiert?«
»Du bist in den Fluß gesprungen«, antwortete Apfelgriebs. »Und du hast nicht einmal erst gefragt.«
»Gefragt? Was soll das heißen, gefragt? Du hast doch gesagt, ich soll springen! Schließlich waren irgendwelche Leute hinter mir her!« Aber es waren natürlich, fiel ihm ein, nicht irgendwelche Leute gewesen, sondern zornige Elfen. Das war eines der Probleme.
»Nicht mich. Aber man springt nicht einfach in fremder Leute Fluß, ohne es vorher erlaubt zu bekommen«, erklärte sie streng. »Unwissenheit ist keine Entschuldigung. Schau mal auf deinen Arm. Nein, auf den andern.«
Er tat es. Um sein linkes Handgelenk war ein nasser grüner Grashalm geschlungen. Er versuchte ihn herunterzuschieben, doch der Halm bewegte sich nicht. Genausowenig konnte er den Knoten aufknüpfen, und das Gras war so unzerreißbar wie eine Sci-fi-Kohlenstoffaser.
»Das kriegst du nicht ab. Du kannst von Glück sagen, daß du so billig davongekommen bist, Bürschchen. Das ist ein Nymphenband, und es bedeutet, daß du den Nymphen einen großen Gefallen schuldest. Ich mußte unheimlich feilschen, um zu verhindern, daß sie dich einfach ersäufen oder Schlimmeres mit dir machen.«
»Schlimmeres …?«
»Keine Fragen mehr. Ich erkläre dir das später. Sei froh, daß die Leute aus Delphinion und von der Chrysanthemenkommune sich vor einer Weile zusammengetan und alle Wasserhexen aus dem Fluß vertrieben haben, oder du wärst … na ja, besser gar nicht dran denken. So eine Wasserhexe läßt sich nicht auf einen Handel ein wie die Nymphen, sie fängt einfach an zu fressen. Steh jetzt auf!«
Er blickte von dem Armband aus übernatürlich starkem Flußgras zu der schwirrenden Fee. Solange er in diesem verdammten Elfenland war, das war offensichtlich, würde er nie eine richtige Antwort auf seine Fragen bekommen. Er würde einfach versuchen müssen, aus den laufenden Ereignissen irgendwie schlau zu werden.
»Ich weiß immer noch nicht, wo wir sind.«
Apfelgriebs schnaubte. »So ungefähr am einzigen Ort, wo du im Augenblick sein kannst, ohne befürchten zu müssen, daß du umgebracht wirst«, sagte sie. »Dies hier ist Rainfarns Haus auf dem Anwesen der Chrysanthemenfamilie, der Sonnenblickkommune. Ich hab dir doch gesagt, daß wir dorthin wollten.«
»Unser Boß ist ein bißchen schräg«, warf Püppchen ein. »Rainfarn mag hoffnungslose Fälle und dergleichen. Kuriositäten und so. Menschen.«
»Ich würde nicht so weit gehen zu sagen, daß er sie mag«, meinte Apfelgriebs. »Aber an dem hier hat er Interesse, deshalb sollten wir langsam bei ihm aufkreuzen.«
Püppchen zuckte die Achseln. »Du kannst los mit ihm. Bevor ich ihn zu Bett brachte, habe ich mich vergewissert, daß er nichts Verbotenes dabeihat.« Sie bedachte Theo abermals mit einem anzüglichen breiten Grinsen, und erst da bemerkte er, daß er seine Jeans und sein Hemd nicht mehr anhatte, sondern statt dessen irgendein Mittelding zwischen Pyjama und Judoanzug aus raschelnder hellgrauer Seide. »Du bist überall ganz glatt, was?« meinte Püppchen. »Das mag ich gern. Mal was Neues.«
Theo wand sich noch immer vor Ekel, als er Apfelgriebs in einen breiten, mit Teppichboden ausgelegten Gang hinaus folgte. Er zog seine Lederjacke an, die er beim Hinausgehen vom Bettpfosten geangelt hatte. Sie paßte nicht so recht zu dem seidenen Ninjapyjama, aber wenigstens war sie vertraut. In Wahrheit jedoch war nicht alles so fremdartig, wie er erwartet hatte: Die weichen, mit Fell gefütterten Stiefel, die jemand vorsorglich vor sein Bett gestellt hatte, fühlten sich wohltuend normal an, die Wandoberflächen zu beiden Seiten waren aus nichts Exotischerem als hellem, sandigem Putz, und obwohl die in regelmäßigen Abständen über den Gang verteilten Leuchtkörper eigenartige Verzierungen hatten, waren die Lichtquellen selbst allem Anschein nach … »Glühbirnen?« fragte er Apfelgriebs. »Gibt es hier im Elfenland tatsächlich elektrischen Strom?«
»Ich muß sagen, daß ich das mit dem elektrischen Strom nie begriffen habe, wenn jemand es mir zu erklären versuchte. Nein, das hier sind wissenschaftliche Lichter. Sie funktionieren mit Magie.«
Auch wenn Theo immer noch das
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