Der Blumenkrieg
überkam ihn unversehens eine befremdliche Regung, die sich wie Mitleid anfühlte.
Er sah zweifellos … anders aus. Püppchen hatte seine langen braunen Haare nachgekräuselt und etwas hineingetan, das sie goldener erscheinen ließ. Die weiße Fettcreme war sorgfältiger aufgetragen und eingerieben worden, als es sich angefühlt hatte, und verlieh seiner Haut eine geradezu durchscheinende Blässe. Dies und ein feiner Hauch von Rouge betonten seine Backenknochen und seine schmale Nase – seine »vulkanischen Züge«, wie Cat früher immer gesagt hatte.
»Ich sehe … ganz okay aus«, meinte er. »Nicht perfekt, aber … erstaunlich echt.«
»Keine Ursache«, sagte Püppchen.
»Entschuldige. Vielen Dank, klar.«
»Uach«, machte Apfelgriebs. »Heißt das, daß ich mich jetzt aufrappeln muß? Oder kann ich noch ein Weilchen weitersterben?«
Während Theo anzog, was Rainfarn ihm hatte bringen lassen, ein Paar Stiefel und weite, strapazierfähige Sachen in Erdtönen, die wohl kaum aus dem Kleiderschrank des Hausherrn stammten, sondern eher von einem der menschenähnlicheren Diener requiriert worden waren, fuhr Püppchen fort, ihr Werk zu bewundern. »Ich hab dich richtig süß hingekriegt, wenn ich das mal sagen darf.« Ein breites Grinsen brachte Zähne zum Vorschein, die wie schiefe Badkacheln aussahen. »Wie wär’s mit einem Küßchen zum Abschied, Theoherz?«
Die Panik, die ihn überkam, war die ihm wohlbekannte Angst eines Luftikus, der immer Schwierigkeiten vermeiden will und es doch niemals schafft. »Weißt du«, sagte er nach längerem Zögern, »ich bin dir wirklich dankbar, daß du das gemacht hast und überhaupt, aber … aber ehrlich gesagt bist du nicht ganz mein Typ, Püppchen. Tut mir leid.«
Sie sah ihn an, und ihr Lächeln erfror. »Viel Humor hast du nicht gerade, was, Rotbäckchen?« Sie stand auf, und ihr Kopf stieß fast an die Decke. Im ersten Schreck dachte Theo, sie werde ihn zerknüllen wie ein Stück Bonbonpapier. »Und recht betrachtet finde ich dich ziemlich flach, weißt du das?« Sie wandte sich Apfelgriebs zu. »Bis später, wenn du vom Bahnhof zurückkommst.« Sie verließ den Raum mit elefantöser Würde.
»Sie hat recht«, meinte Apfelgriebs und stieg wie ein Hubschrauber mit verbogenen Rotoren vom Boden auf. »Sie hatte nichts mit dir im Sinn, wollte nur Quatsch machen. Du mußt dich bei dir zu Hause wirklich gut auf den Umgang mit Frauen verstehen.«
»Hm, bestimmt. Tut mir leid. Sag mal, sollten wir uns nicht wieder bei Rainfarn blicken lassen?« Schlimm genug, daß ihn daheim in der wirklichen Welt alle für einen Versager hielten, jetzt fing das im Elfenland auch schon an.
»Oh, klar, ich will dich gewiß nicht aufhalten.« Sie klang verärgert.
Als sie den Flur hinuntergingen – ganz offensichtlich einen anderen Flur als den, der am Abend vorher vor seiner Tür gewesen war –, kam Theo plötzlich Püppchens Abschiedsgruß zu Bewußtsein. »Was sollte das eben heißen: ›Bis später, wenn du vom Bahnhof zurückkommst?‹«
»Du führst dich zwar wie ein komplettes fieses Riesenroß auf, aber zum Bahnhof bringe ich dich trotzdem«, antwortete Apfelgriebs leise. »Ich bin nicht nachtragend, bin ich nicht.«
»Heißt das … du kommst nicht mit?«
»Mit dir? In die Stadt? Dafür gibt dir doch Rainfarn einen seiner Verwandten mit. Wozu sollte ich da gut sein? Außerdem lebt hier meine Familie, ich bin gerade zurückgekehrt, und ich bin Mama und Papa einen ordentlichen langen Besuch schuldig.«
»Oh.« Er war ein wenig verdattert – nein, schlimmer, er war am Boden zerstört. Er war ganz selbstverständlich davon ausgegangen, daß Apfelgriebs ihn begleiten würde.
Als sie Rainfarns Labor erreichten, war Theos Stimmung am Nullpunkt angelangt, so daß er kaum die Energie aufbrachte, den Gruß des Grafen zu erwidern. Es war noch ein Elf bei ihm, der ein wenig jünger zu sein schien (soweit man das bei derart alterslosen Gesichtern sagen konnte) und jedenfalls ein wenig fülliger war, was bedeutete, daß er die Figur eines normal schlanken Menschen hatte. Und er lächelte tatsächlich, auch wenn er nicht so weit ging, Theo die Hand zu geben.
»Das ist mein Halbneffe Rufinus Kegel-Chrysantheme«, stellte Rainfarn ihn vor, woraufhin sie sich unverzüglich auf den Weg nach draußen machten. Vor den langen Fenstern war der Tag düster, und kohlschwarze Wolkenstreifen hingen am Himmel. »Er wird dich in die Stadt begleiten.«
»Das wird richtig aufregend werden«,
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