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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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nicht, daß du einen perspektivlosen Scheißjob hast …«
    Das eine oder andere mußte er eingestehen, aber er war nicht bereit, zu allem ja und amen zu sagen. Außerdem, wenn die Leute sagten, man würde sich wie ein Jugendlicher benehmen, bedeutete das nicht meistens, daß sie neidisch waren, weil man sich mehr Freiheiten erlaubte als sie? Was bewies man damit, daß man wie Cat eine Arbeit hatte, die einen auffraß, obwohl man sie nicht besonders gern tat: daß man erwachsen war oder daß man die Hoffnung auf etwas Besseres aufgegeben hatte?
    Egal, über meinen perspektivlosen Scheißjob muß sich niemand mehr Sorgen machen, denn ich habe ihn nicht mehr. Und was die Perspektivlosigkeit im allgemeinen angeht, so haben sich mir mittlerweile mehr Perspektiven eröffnet, als mir lieb ist. Er seufzte.
    Der pferdegesichtige Fahrer Heider betrachtete ihn im Rückspiegel oder machte wenigstens den Anschein: Wenn einer keine Augen hatte, in die man gucken konnte, war das schwer zu sagen. »Du bist der Mensch, stimmt’s?«
    »Ist das nicht offensichtlich?«
    »Durchaus nicht. Du riechst zwar ein wenig ausländisch, aber das tun viele Leute, wenn sie auf Reisen sind, wenn du verstehst, was ich meine.«
    »Ja, ich denke schon.« Um seine gedrückte Stimmung ein wenig zu heben, verfiel Theo auf den uralten Zeitvertreib, sich mit dem Fahrer zu unterhalten. Zu Tode gelangweilte Mandarine im alten China haben das wahrscheinlich schon mit ihren Rikschafahrern gemacht, dachte er. »Wie kommt man eigentlich zu so einem Posten?«
    »Ach, das liegt gewissermaßen in der Familie. Mein Vater und mein Großvater waren beide Taxifahrer. Viele von uns machen das.«
    »Von euch Doonies, nicht wahr? Habe ich das richtig verstanden?«
    »Ja, genau. Früher waren wir alle Straßenwächter – jede Familie hatte ihre eigene Strecke, für die sie zuständig war, lebte von kleinen Opfergaben, belohnte die guten und freigebigen Reisenden und bestrafte die bösen. So war das damals. Dann beschlossen die Blumen in der Stadt, mit dem Bau der Interterritorialen Autobahnen anzufangen, und … nun ja, wir Doonies kämpften dagegen. Wir organisierten uns, vertraten unser Anliegen vor dem Parlament und so weiter und so fort. Kann sein, daß auch ein paar Straßen aufgerissen wurden.« Er zuckte auf eine Art die Achseln, die Theo merkwürdig vorkam, bis ihm auffiel, daß der Doonie andere Schultern hatte als ein Mensch. »Na, jedenfalls verloren wir. Heute gehören die Straßen allen Elfen, heißt es. Davon kann man halten, was man will. Den Doonies gehören sie jedenfalls nicht, das kann ich dir sagen. Also haben wir uns arrangiert, so gut es ging, vor längerer Zeit schon. Viele von uns wurden wie mein Großvater Chauffeur. Wir halten uns immer noch gern in der Nähe der Straßen auf.«
    In seiner Stimme schwang ein Unterton von Traurigkeit mit, den Theo gut kannte. »Und wie lange arbeitest du schon als Chauffeur für Graf Rainfarn?«
    »Na ja, eigentlich nicht für ihn, sondern für die Chrysanthemensippe, nicht wahr? So ziemlich mein ganzes Leben schon. Mein Vater ging zur Zeit des alten Fürsten bei ihnen in Stellung, und das muß ungefähr … sechshundert Jahre her sein. Ein paar Jahrzehnte mehr oder weniger.«
    Theo mußte schlucken, bevor er die nächste Frage stellen konnte. »Und wie … wie sind die so als Arbeitgeber?«
    Heider warf einen kurzen, wenn auch augenlosen Blick in die andere Ecke des Spiegels. Rufinus gluckste weiter über seinem Koffer vor sich hin. »Oh, gut, gut. Besser als die meisten. Behandeln einen ziemlich gut, beinahe wie ein Familienmitglied.«
    »Uäch«, sagte Apfelgriebs. Sie stemmte sich in die Höhe und lugte benommen aus den Falten von Rufinus’ Mantel hervor, bevor sie langsam und mit hängenden Flügeln auf Theos Bein und seinen Ärmel hinauf kraxelte. »Mir ist, als ob mir gerade ein Nachtmahr ins Hirn geschietert hätte.« Von ihrem neuen Posten auf Theos Schulter schaute sie aus dem regentriefenden Fenster auf die nasse Landstraße. »Wo sind wir? Wir sind weit über den Margeriter Bahnhof hinaus.«
    »Da fahren wir auch nicht hin«, klärte Rufinus sie auf, ohne von seinem schimmernden Koffer aufzublicken. »Onkel Quillius hielt das für eine schlechte Idee. Falls uns in der Stadt jemand abfangen will, wird er sicherlich nach Zügen aus Margerite gucken – das ist schließlich der Chrysanthemenbahnhof. Deshalb chauffiert Heider uns weiter bis Schattenhof. Der Bahnhof dort müßte wegen des Feiertags

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