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Der Blutfluch: Roman (German Edition)

Der Blutfluch: Roman (German Edition)

Titel: Der Blutfluch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cristen
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brauchte, brachte sie zum Sprechen. »Ob ein Tamara ein Grab bekommt, hängt stets von der Gnade eines Priesters ab. Die meisten der frommen Männer dulden keine Fahrenden auf dem Gottesacker ihres Gemeindesprengels. In solchen Fällen müssen die Toten in ungeweihter Erde bestattet werden oder man übergibt sie dem Fluss, wenn einer in der Nähe ist. Das Wasser reinigt die Toten und trägt die ewig Wandernden nach Hause. Ich bin allein, aber ich muss sie dem Strom übergeben.«
    Mit einer Handbewegung deutete Aliza die ganze Reihe entlang.
    Rupert verzichtete auf einen weiteren Wortwechsel und gab den Befehl, die Ermordeten unverzüglich ans Ufer der Donau zu schaffen.
    Von Rupa, der Ältesten, bis hin zum jüngsten Säugling rief Aliza sich die Toten einzeln lebendig in Erinnerung und nannte sie stumm beim Namen. Einen nach dem anderen ließen die Männer behutsam in das vom Regen aufgewühlte Wasser gleiten, wo sie augenblicklich fortgerissen wurden.
    Aber es fehlte Aliza an Kraft, die Totenklage zu singen, wie es Sizma für Milosh und Tal getan hatte. Der Gedanke an die Schwester bewahrte sie auch vor dem endgültigen Zusammenbruch.
    Sizma. Was hatte Leena noch von ihr gesagt? Wo war sie?
    Als sie mit Rupert wieder zu Pferd saß, berichtete und fragte sie.
    »Ich bin sicher, sie ist bei Wolf im Lager«, versuchte er sie zu beruhigen. »Deine Mutter muss sich in all dem Schrecken getäuscht haben. Gewiss hat sie eine andere Frau gesehen. Und dass mein Freund mit diesem Überfall etwas zu tun hat, halte ich für ausgeschlossen. Kreuzfahrer sind ihrem Ehrenkodex verpflichtet.«
    »Das hat ihn nicht davon abgehalten zu töten, als Ihr Sizma und mich auf diese Burg geschleppt habt.«
    Aliza behielt das letzte Wort.
    Königin Beatrix
Kreuzhof bei Regensburg, 19. September 1156
    K ümmere dich um die Ärmste.«
    Beatrix musste zu Hildburg aufsehen. Sie war für sie eine Riesin mit Schultern wie ein Lanzenreiter. Das faltige Gesicht zeigte dessen ungeachtet Herzenswärme.
    »Meine Magd Aliza hat Schlimmes erlebt und benötigt unsere ganze Fürsorge«, erklärte sie ihr die Aufgabe, die sie übernehmen musste. »Behalte sie gut im Auge. Ich kann nicht ausschließen, dass sie sich in ihrer Verzweiflung etwas antut. Sie ist vor Kummer außer sich und muss vor sich selbst geschützt werden.«
    »Verlasst Euch auf Hildburg, Majestät«, ergriff Clementia das Wort. »Sie hat große Erfahrung mit seelenwunden Menschen. Eure Dienerin ist bei ihr in besten Händen.«
    »Gut, dann geh mit Frau Hildburg, Aliza. Ich will für deine Genesung beten.«
    Beatrix sah beiden nach. Einer Schwerkranken gleich, ließ sich Aliza führen.
    Clementia war es zu verdanken, dass es am Hof zu keinem Getuschel gekommen war. Als Rupert und Aliza zurückkamen, hatte Rupert sie zuerst aufgesucht und sie gebeten, die Königin vorzuwarnen. Clementia hatte dann ihre Kammerfrau mitgebracht, der sie Aliza anvertrauen konnten. Beatrix war ihr dankbar dafür. Sie hätte nicht gewusst, was sie mit Aliza hätte tun können, außer mit ihr zu weinen.
    »Besorgte Hilfe, das ist es, was Aliza jetzt braucht. Ich hoffe inständig, dass die Erinnerung an die erlebten Schrecken mit der Zeit verblasst.«
    »Wenn es einen Menschen gibt, der Aliza helfen kann, dann ist das meine Kammerfrau, Majestät«, entgegnete Clementia. »Sie wird wieder Lebensmut fassen. Glaubt mir, ich spreche aus Erfahrung. Hildburg verdanke ich es, dass ich ein jedes Mal wieder gesund wurde, wenn ich ein Kind zu früh verlor. Sie konnte immer auch meinen Mann davon überzeugen, wie wichtig es ist, dass sich eine Frau von einem Abortus in Ruhe erholen kann. Wäre es allein nach mir gegangen, ich hätte meine Gesundheit mit meiner Ungeduld gefährdet.«
    Beatrix glaubte Mitgefühl bei Clementia zu entdecken.
    »Dann hoffe ich, dass Frau Hildburg auch einer einfachen Dienerin einen solchen Dienst erweist«, blieb sie trotzdem zurückhaltend.
    »Habt Ihr eine Vorstellung, wer den Befehl für ein so brutales Massaker gegeben haben könnte und warum?«, wollte Clementia wissen.
    »Der Kaiser sicher nicht«, antwortete Beatrix.
    Sie verstand die Neugier, fürchtete aber die Frage, was Aliza bei den Ägyptern von Donaustauf gesucht hatte. Sie wollte sich keine Lügen ausdenken müssen.
    »Sinnlose Gewalt stößt den Kaiser ab. Wer, dessen Machthunger und Ehrgeiz keine Grenzen kennt, dazu fähig ist, vermag ich nicht zu sagen. Urach fand auch keine Spur?«
    »Nicht die geringste. Ich habe ihn natürlich

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