Der Blutfluch: Roman (German Edition)
befragt, wie die Männer von Donaustauf dazu stehen und ob der Fürstbischof seine Finger im Spiel hat.«
So lobenswert Beatrix es auch fand, dass Rupert nicht mit einer sichtlich Verstörten in den Zelten des Kaisers erschienen war, so fragte sie sich doch inzwischen, weshalb er ausgerechnet die Herzogin von Sachsen ins Vertrauen gezogen hatte. Gab es Gemeinsamkeiten zwischen ihnen? Hatte er in der gebürtigen Zähringerin eine Verbündete, die seine Verbindung mit Aliza begünstigte? Nein, Beatrix vermochte es nicht zu glauben. Diese Frau war zu stolz, um sich für eine Fahrende einzusetzen.
»Auf jeden Fall scheint es mir ratsam, dass Alizas Kenntnis von diesem Massaker im Verborgenen bleibt«, beschloss sie das Gespräch in aller Vorsicht. »Wer immer dahintersteckt, weiß sicher, dass sie ihn des vielfachen Mordes anklagen könnte. Man muss um ihr Leben bangen. Lasst sie gut bewachen, bitte ich Euch.«
»Verlasst Euch auf mich, Majestät. Welche Befehle habt Ihr für Rupert von Urach?«
Unter Clementias Blick wog Beatrix ihre Worte genau. Rupert war Ritter des Kaisers, auch wenn er dem Zähringer Lager angehörte. Ihm Befehle zu erteilen, stand ihr – genau genommen – ohne Friedrichs Erlaubnis nicht zu. Sie hatte es aus besonderem Grund gewagt, auch in der Gewissheit, dass die Mission geheim gehalten werden konnte. Inzwischen sah die Sache anders aus.
Erhob Rupert Anklage gegen die unbekannten Mörder, käme die Sache ohne Zweifel an Friedrichs Ohr. Er würde Fragen stellen und letztendlich die Spur bis zu ihr verfolgen. Ihm gestehen zu müssen, dass sie auf die Heiltränke einer alten Ägypterin zu hoffen wagte, widerstrebte ihr von Herzen. Das kleine Komplott, mit dem sie Aliza in ihren Haushalt geschmuggelt hatte, würde zudem ans Tageslicht kommen und ihr Heimweh nach Burgund verraten, was ihm sicher auch nicht gefallen würde. Was blieb ihr zu tun?
»Ich bin Urach von Herzen dankbar, dass er so besonnen gehandelt hat«, sagte sie zuletzt. »Aber es wäre sicher unklug, die Ereignisse von Donaustauf an die große Glocke zu hängen. Es würde Aliza in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rücken und genau das bewirken, was wir um ihrer Gesundheit willen verhindern wollen. Denkt Ihr, Ihr könnt Urach dazu bewegen, im Geheimen nach der Wahrheit zu suchen? Ihr scheint Einfluss auf ihn zu haben.«
Zu ihrem Erstaunen stieg eine Spur von Röte in Clementias Wangen.
»Wenn es Euer Wunsch ist, will ich das gerne mit ihm besprechen«, antwortete Clementia betont würdevoll. »Ich kenne ihn aus Kindertagen in Zähringen. Das erklärt vielleicht unser Vertrauensverhältnis.«
Beatrix überging die Erklärung.
»Noch besser wäre es, wenn Urach die Dienste Eures Bruders vorübergehend verlassen könnte und in Euer Gefolge wechselte. Besteht dazu eine Möglichkeit? So könnte er über Aliza und Frau Hiltrud wachen. Wir müssten keinen weiteren Ritter einweihen und hätten so eine Sorge weniger. Urach scheint im Übrigen Aliza aufrichtig zugetan.«
»Rupert Aliza?«
Clementia reagierte derart erstaunt, dass Beatrix ihre Vertraulichkeit auf der Stelle bereute und ihre Bemerkung relativierte.
»Nur wenige Ritter halten sich so getreu wie er an ihren Schwur, den Armen und Schwachen zu helfen.«
»Er war schon von jeher so.« Clementia zeigte eine gewisse Gereiztheit. »Er hat nie gelernt, seinen Vorteil zu nutzen, streitet zu gern ohne Ansehen der Person und des Standes für Gerechtigkeit. Dass er sich für eine Magd derart einsetzt, zeigt mir, dass er mit den Jahren nicht viel dazugelernt hat.«
»Zürnt Ihr ihm, weil er sich selbst treu geblieben ist?«
»Jeder sollte dazulernen im Leben. Nur Narren beharren auf ihren Idealen. Dennoch – ich kann nicht umhin, so viel Idealismus zu bewundern. Wenn Ihr es wünscht, werde ich meinen Bruder bitten, Rupert bis zum Osterfest in meine Dienste zu geben.«
Obwohl Clementia einen ungewohnt offenen Eindruck machte, blieb vieles unausgesprochen. Durch Aliza wusste Beatrix, dass Heinrich sein Vergnügen auch außerhalb der Ehe suchte. Hatte sie seiner Frau soeben in aller Einfalt eine Gelegenheit verschafft, es ihm gleichzutun? Die Bereitwilligkeit, mit der sie auf ihren Vorschlag einging, schien es nahezulegen. Und Rupert und Aliza? Himmel, wie kompliziert plötzlich alles wurde.
»Ich danke Euch«, sagte sie betont abschließend. »Auch dafür, dass Ihr mich nach Villa Lutra begleitet. Ich bedenke sehr wohl, dass es Euch nach Hause zu Eurer Tochter ziehen muss und
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