Der Blutfluch: Roman (German Edition)
nützlich für eine Königin. Sie hatte sie weit über ihre Jahre hinaus reif und erwachsen werden lassen.
»Willst du mir folgen, meine Liebe?«
Ein lächelnder Friedrich forderte sie auf. Ein anderer als der Monarch, der soeben den Zähringer zurechtgestutzt hatte. Der liebenswürdige Friedrich, der charmante. Doch auch er nur einer von vielen. Inzwischen wusste Beatrix dieses Lächeln zu erwidern.
»Mein Stallmeister möchte dir die Pferde vorführen. Du musst für dich die Auswahl für die Reise treffen«, erklärte er seine Einladung. »Du hast ihm mit deinem Sachverstand, den du auf der Reise nach Regensburg mehrfach gezeigt hast, imponiert.« Beatrix legte die Hand auf Friedrichs Arm.
Die Erschütterung darüber, dass ihr geliebtes Burgund so knapp einem Krieg entgangen war, konnte sie nicht so einfach abschütteln. Feldherren und ihre Truppen nahmen keine Rücksicht auf Klöster und Frauen. Dôle in Flammen, die Abtei gebrandschatzt, ihre Schwestern geschändet und sie selbst in Gefangenschaft. Bilder des Grauens verfolgten sie.
Hätte Berthold von Zähringen die Conventio erfüllt, wäre ihr Schicksal anders verlaufen.
Spürte Friedrich das Beben ihrer Hand? Was empfand er ihr gegenüber?
Bisher hatte sie die Augen davor verschlossen, dass auch Skrupellosigkeit, List und Aggressionslust in ihm schlummerten. Es war an der Zeit, dass sie ihn realistischer betrachtete. Die belauschte Verabschiedung sprach für sich.
»Du wusstest, dass im Nebenraum die Klatschbasen des Hofes jedes Wort mithören würden«, sagte sie leise. »Der Zähringer ist dir mit seiner Bitte zuvorgekommen, nicht wahr? Es sollte nicht aussehen, als verlörest du einen Verbündeten. Lieber soll man glauben, Berthold habe eben noch einer offiziellen Verbannung vom Hof vorgebeugt. Irgendeine aus dem Kreis wird ihren Mund nicht halten können und die Nachricht verbreiten. Darauf hast du spekuliert, habe ich recht?«
»Gut, dass ich dich als meine anbetungswürdige Frau an der Seite habe und nicht zur Gegenspielerin.«
Beatrix sah ihm direkt in die Augen und stellte auch die letzte Frage, dir ihr auf der Zunge lag.
»Du würdest mich fürchten?«
»Ich würde dich respektieren, Beatrix. Ich denke, das ist mehr. Fürchten muss man Dummköpfe, denn sie tun Dinge, die niemand vorausahnen kann. Ich hoffe inständig, dass Berthold von Zähringen keiner ist.«
Er nahm ihre Hand und küsste sie.
Zweites Buch Villa Lutra
Neuntes Kapitel Geheimnisse
Rupert von Urach
Kaiserpfalz, Villa Lutra an der Lauter,
5. Januar 1157
U nter den Arkaden der Kaiserresidenz, geschützt vor dem Wind, hielt Rupert inne. Noch nach Wochen hatte das prächtige Gebäude nichts von seiner Faszination verloren. Obwohl an äußeren Flügeln noch gearbeitet wurde, sah man, dass hier ein Herrschersitz entstand, der zu Stein gewordene Macht demonstrierte. Den Sieg menschlichen Geistes über die Materie. Der dahinterstehende Wille eines Mannes zog ihn zunehmend in Bann. Inzwischen wusste er, dass ein Großteil der Kritik Bertholds an Barbarossa haltlos war.
Zum Beginn des Winters waren sie in Villa Lutra eingetroffen. Der aufstrebende Ort, von der Rheinebene und dem Fluss Lauter begrenzt, existierte seit Römerzeiten. Er war – nicht zuletzt durch die Baumaßnahmen des Kaisers – in den letzten Jahren stark gewachsen. Schon nannte man ihn im Volksmund Lautern und pries ihn als neuen Mittelpunkt staufischer Macht.
Die Winter fielen hier mild aus, die Straßen waren gut gepflegt, da sie als Handelswege dienten. Die Schifffahrt auf dem Rhein wurde nur selten von Eis behindert. Den ganzen Tag über trafen schon Gesandte, Edelmänner, Ritter und Kirchenfürsten ein, um gemeinsam mit dem Kaiser das Dreikönigsfest zu feiern. Im sonst so geordneten Innenhof der Pfalz herrschte ohrenbetäubendes Stimmengewirr, untermalt von Pferdewiehern und Räderrasseln. Man glaubte sich auf einem Jahrmarkt.
Eine Zeltstadt, die Ritter, Bedienstete und Gäste aufnahm, die keine andere Unterkunft mehr fanden, machte sich zwischen den Gebäuden des Burgfriedens breit.
Rupert hatte angenommen, Berthold würde hier die Gelegenheit nutzen, seinen Frieden mit dem Kaiser zu machen, doch bisher hatte er ihn nicht entdecken können. Auch Clementia war ohne Nachricht von ihm geblieben. Seit Regensburg waren sie auf Vermutungen angewiesen. Sie reichten von der Mutmaßung, Berthold könne sich dem französischen König anschließen, bis zur Spekulation darüber, ob er Friedrich zum Zweikampf
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