Der Blutfluch: Roman (German Edition)
dass Ihr ein Opfer für Eure Königin bringt.«
»Es war der Entschluss des Herzogs, den Kaiser zu begleiten«, entgegnete Clementia schmallippig und verwandelte sich wieder in die überhebliche Fürstin, die Beatrix so wenig ertragen konnte. »Ich bin ihm stets eine gehorsame Gemahlin.«
Was wollte sie damit wieder sagen?
Beatrix war froh, dass Clementia sich nun zurückzog und sie keine Antwort geben musste. Sie begab sich in den Nebenraum, wo unter Aufsicht ihrer Kammerfrau die Reisetruhen gepackt wurden.
»Es liegt Uns fern, Euch aufzuhalten, Herr Berthold!«
Die Stimme des Kaisers im Gespräch drang durch die Stoffwände.
Wann hatte Friedrich das Zelt betreten? Hinter dem Vorhang befand sich im Nebenraum ein Arbeitskabinett, in dem er private Audienzen und Besprechungen abhielt. War es nicht bereits geräumt?
Auch ihre Damen hielten inne. Jedes Gespräch verstummte, während die gedämpfte Antwort des Zähringers zu hören war, der angab, sich aus familiären Gründen vom Hofe zurückziehen zu wollen. Der Kaiser ließ ihn kaum ausreden. Unverkennbar schroff klang seine Antwort, die einer öffentlichen Brüskierung gleichkam. Ihm musste bewusst sein, dass er sich nicht allein im Zelt befand, dass das Gespräch gehört wurde.
»Ihr seid entschuldigt. Dies ist ein guter Zeitpunkt, Euch auf Eure Ländereien zurückzuziehen. Es spricht für Euch, dass Wir es Euch nicht nahelegen mussten. Nehmt einen Rat von Uns an: Ein Mann sollte sich das Leben nicht bitter machen, indem er nach Dingen strebt, die ihm verwehrt sind. Auch Bescheidenheit kann zur Ehre gereichen.«
Die förmliche Verwendung des Wir und Uns bezeugte, wie ernst dieses Gespräch war.
Beatrix begegnete den Blicken der anderen und fand ihre Einschätzung bestätigt.
»Nie habe ich nach mehr gestrebt als nach dem, was mir von Geburt und Erbe her zugefallen ist, mein Kaiser. Im Mai des Jahres 52 haben wir dies auch in einer Conventio festgehalten. Unser beider Unterschrift ist auf dem Pergament und bindet uns im Namen der Ehre.«
Die vielfach erwähnte Vereinbarung, die Zähringen das Blaue vom Himmel versprach. Höchst interessiert an der Antwort, trat Beatrix einen Schritt näher an den Vorhang, wo Friedrich jetzt mit einem ungeduldigen Zungenschnalzen reagierte.
»Wenn Ihr auf das Pergament anspielt, in dem Ihr Uns tausend Panzerreiter für den Burgund-Zug sowie fünfhundert Panzerreiter und fünfzig Bogenschützen für den Italien-Zug garantiert habt, so entsinnt Euch, dass dabei wechselseitige, bindende Verpflichtungen eingegangen und von den mächtigsten Fürsten des Reiches bezeugt wurden. Ihr wart es, Berthold von Zähringen, der seinen Teil der Conventio nicht erfüllt hat. Muss ich Eurem Gedächtnis etwa auf die Sprünge helfen? Ihr habt unser Lager im Elsass verlassen und alles dahingegeben, was möglich gewesen wäre. Die Besitztitel am transjuranischen Burgund und der Provence wollten wir Seite an Seite neu erstreiten, da es geraume Zeit her war, dass der letzte deutsche König diese Gebiete betreten hat. Dass der Feldzug nie stattfand, ist nicht Unser Versagen. Ihr habt die geforderten Panzerreiter nicht gestellt.«
Unruhe bei den Damen ließ Beatrix einen strafenden Blick in ihre Richtung zu schicken, der ebenso einschüchternd wirkte wie die unversöhnliche Stimme des Kaisers.
»Ihr habt von Anfang an damit gerechnet, dass es so kommen würde.« Berthold klang gekränkt, aber nicht eingeschüchtert. »Die Vertragsbedingungen waren ausgerichtet auf die Tatsache, dass Ihr keinen Krieg in Burgund wolltet. Damals nicht und heute nicht.«
»Dies zu beweisen, kann Euch nie gelingen. Denkt gut über Eure nächsten Schritte nach. Ihr seid in Villa Lutra an der Lauter willkommen, wenn Ihr Eurem Kaiser künftig bedingungslos zur Seite steht. Lebt wohl und Gott mit Euch, Berthold von Zähringen.«
Beatrix gab ihren Damen mit einer Handbewegung ein Zeichen. Im selben Augenblick trat Friedrich auch schon durch den Vorhang.
»Meine Königin, meine Damen.«
Beatrix erwies wie alle anderen ihre Reverenz. Sie nutzte den kurzen Moment, in dem sie zu Boden sah, um die Miene heiterer Gelassenheit aufzusetzen, die alle an ihr kannten. Dass sie dabei mit Mühe daran arbeitete, die Dinge zu ordnen, die sie eben erfahren hatte, wusste allein sie. Welch gutes Rüstzeug für den Alltag bei Hofe ihr das Kloster doch verschafft hatte. Die fromme Verbannung, in die sie auf Befehl ihres Onkels geschickt worden war, erwies sich im Nachhinein als äußerst
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