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Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann

Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann

Titel: Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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erklärte er. „Ja, ich gebe zu, der Block … ich …“ Er hustete. Schämte sich für den Zorn, der sich wohl auf seiner Miene abgezeichnet hatte. „Aber ich könnte dich nie … nie …“
    „Nicht jetzt, du Dummkopf.“ Sie schmunzelte. „Ich meine doch morgen – wenn wir alle miteinander hier sind – schlagen, beim Schach.“
    Eugen betrachtete das überdimensionale Schachbrett aus Stein. Figuren konnte er nirgendwo erkennen.
    Er strich die Seite des Skizzenbuchs glatt, die einen Knick abbekommen hatte, klappte den Block zu. Wandte sich ab und ging auf das Haus zu. Müde oder nicht – er hatte allmählich genug von dem Bankett.
    Zu viele Leute.
    Zu anders als sein Leben in den letzten Jahren.
    Es wurde Zeit, dass er sich schlafen legte.

9
    Dass es am nächsten Morgen keine feste Frühstückszeit gab, wunderte Eugen nicht.
    Als er um neun aus den Federn kroch, waren nur das Personal und die Hausleute auf den Beinen. Lorenz von Adlerbrunn war übellaunig und wortkarg, doch der Grund dafür konnte kein Zwist mit Katharina sein, denn sie hielt sich schweigend im Schatten ihres Gemahls und wich nicht von seiner Seite. Ihre Blicke waren beinahe so finster wie die seinen.
    War irgendetwas vorgefallen, was Eugen entgangen war? Hatte einer der Besucher sie verärgert? Oder war es vielmehr die Erwartung von etwas Unangenehmem, die sie so einsilbig machte?
    Im Laufe des Vormittags erhoben sich die anderen Gäste aus ihren Betten. Unter diesen Umständen gab es auch keine offizielle Frühstückstafel. Jeder spazierte in die Küche und holte sich etwas von den Resten, setzte sich an den Tisch und verzehrte sie, während die Dienstboten rundherum mit Putzen und Aufräumen beschäftigt waren. Erst gegen Mittag hob sich die Stimmung etwas, wenngleich Katharina ihre melancholische Miene beibehielt.
    Um zwei Uhr traf man sich zum Räuberschach im Garten, und alle sahen auf einmal wieder sehr munter aus. Auch die beiden Söhne des Barons nahmen teil – nur Lorenz und Katharina ließen sich nicht sehen.
    „Du kennst die Regeln?“, wurde Eugen gefragt. Jemand war mit weißen und schwarzen Kappen angekommen, auf denen die Symbole der einzelnen Schachfiguren eingenäht waren. Eugen nickte, ohne weiter nachzudenken. Er beobachtete interessiert, wie sich die Damen weiße Häubchen aufsetzen ließen und die Männer schwarze. Die Augen der Frauen funkelten heute in einem ganz besonderen Glanz. In einem Glanz, der in Eugen unweigerlich eine Frage aufwarf: Träumte er noch?
    „Wir hätten einen Läufer anzubieten“, meinte der Mann mit den Kappen. „Den linken.“
    „Einverstanden“, erwiderte Eugen und stülpte sich mit einem schüchternen Lächeln den Stoff über den Kopf. Er konnte sicher sein, dass er damit ebenso albern aussah wie die anderen. Die Damen zeigten zu ihm herüber, lachten, und er fühlte sich versucht, die Kopfbedeckung wieder abzunehmen.
    Sie spielten die Figuren also selbst. Kein Wunder, dass alle so ausgelassen wirkten. Eine kindliche Freude ließ ihre Gesichter erstrahlen. Er sah, wie der alte Hubert sich das Königssymbol überstreifen ließ. Den König auf der weißen Seite übernahm ebenfalls die reifste der anwesenden Damen. In Eugen löste dieser Anblick zwiespältige Gefühle aus. Eigentlich hatte er das Gefühl, dass es auf Schloss Falkengrund nur einen Mann gab, der für die Rolle des schwarzen Königs in Frage kam: den Baron selbst. Andererseits hätte es wahrhaftig nicht zu dem ernsten, stolzen Mann gepasst, sich mit einem dummen schwarzen Käppchen auf dem Kopf auf einem Schachbrett die Beine in den Bauch zu stehen.
    Nach der kalten Nacht war ein milder Mittag angebrochen – der Wind hatte die Wolken des Vortages vollends vertrieben, und ein zartblauer Himmel überdeckte das von Wald gesäumte Anwesen. Als die Leute ihre Positionen einnahmen, gab es eine Menge Gelächter, und Eugen musste an Spiele aus seiner Kindheit denken.
    „Der König“, rief der alte Hubert. „Denkt daran, den König zu schlagen!“
    „Die Türme!“, brüllte ein stämmiger Kerl in der Ecke des Spielfelds. „Platz für die Türme.“
    Die Frauen kicherten.
    Die Positionen der Offiziere waren vollständig besetzt, doch in den Reihen der Bauern gab es Lücken, denn es standen etwas weniger als die notwendigen 32 Personen zur Verfügung. Das schwarze Team der Männer war mit zwei Figuren in der Überzahl. Daran schien sich niemand zu stören. Eugen fragte sich, warum man das Dienstpersonal nicht einspannte, aber

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