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Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann

Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann

Titel: Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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er empfinde genauso.
    Der Winter kam und bedeckte das Land mit einem dicken weißen Tuch. Die Kälte hielt an, der Schnee verwandelte sich in eine feste Eisfläche, härter als Stein beinahe. Viele Wochen nach seiner Rückkehr bat Katharina ihren Gatten, ihr ausführlich von seiner Reise zu erzählen. Zuvor hatte sie nur Oberflächliches gehört.
    Sie hatten sich in dicke Mäntel gehüllt und sich für eine halbe Stunde auf eine Bank hinter dem Haus gesetzt, wo die Rosen ein kleines Gewölbe schufen. Dort hatten sie geschwiegen, während die Sonne unterging, und dann, als die Kälte in ihre Knochen zu kriechen begann, waren sie aufgestanden und hatten sich auf einen Spaziergang begeben – einer von jenen Spaziergängen, bei denen man nicht wusste, wie lange sie dauern und wohin sie einen führen würden. Eis und Schnee, in Verbindung mit einem blendenden Vollmond, erhellten die Umgebung so sehr, dass man die Nacht nicht als Nacht empfand, sondern als neue, bessere, ruhigere Form des Tages.
    Auf Katharinas Frage hin berichtete Lorenz detailliert von seiner Reise, von den Menschen, denen er begegnet war, von den Orten, die er gesehen hatte. Katharina unterbrach ihn nicht, denn im Gegensatz zu sonst versank er vollkommen in seiner Erzählung, als hätte es in seinem Leben nie etwas gegeben, was ihn von seinen Gedanken ablenken konnte.
    Sie hatten sich zwei Gehstunden von Falkengrund entfernt und gingen einen langen, schnurgeraden Waldrand entlang, als Lorenz seine Erzählung abschloss. Nach einer kurzen Pause fragte er: „Und was hast du erlebt, in den Wochen, in denen ich nicht bei dir war?“
    Sie war überrascht. Trotz der Nähe, die sie in den letzten Stunden zu ihm gefühlt hatte, hatte sie mit dieser Frage nicht gerechnet. Sie schüttelte alle Nervosität und Furcht ab und erzählte ihm wahrheitsgemäß und ausführlich, was sie in den vier Wochen getan hatte. Auch, wie sie Eugen Modell stand, beschrieb sie in allen Einzelheiten, ebenso ihre Gespräche, so gut sie sich noch daran zu erinnern vermochte. Sie vergaß auch nicht zu erwähnen, dass die Idee, in Lorenz’ Abwesenheit ein Porträt anfertigen zu lassen, nicht von ihr gekommen war, sondern von Wolfgang.
    Lorenz nickte immer wieder, während er ihr geduldig zuhörte, ohne sie ein einziges Mal zu unterbrechen. Als sie endete, blieb er stehen.
    „Du gibst dir große Mühe mit mir“, sagte er unvermittelt. Er hatte das Gesicht abgewandt.
    „Ja“, erwiderte sie nur.
    „Denkst du wirklich, ich habe das verdient?“
    Sie musste lachen. Nicht, weil sie es witzig wand. Sie lachte aus Rührung. „Natürlich hast du es verdient.“
    Er packte ihre Hand, sah sie an. „Meinst du? Weißt du, dass Sophia sich niemals Mühe gegeben hat? Trotzdem habe ich sie vielleicht mehr geliebt, als ich dich jemals lieben werde.“
    Hatte er wirklich „vielleicht“ gesagt? Oder hatte sie sich verhört?
    „Das ist in Ordnung“, meinte Katharina leise. „Ich verlange nicht, dass du mich genauso liebst, wie du sie geliebt hast.“
    „Ich glaube dir, Katharina“, sagte er unvermittelt. „Jedes Wort von dem, was du gesagt hast. Was du in der Zeit meiner Abwesenheit getan hast und was du nicht getan hast. Allerdings kommt es mir so vor, als hättest du eine Andeutung gemacht, Wolfgang betreffend. Du denkst, mein Sohn hätte versucht, dich in eine Falle zu locken. Das ist das Einzige, was ich nicht glaube. Es fällt ihm schwer, dich als seine Mutter zu akzeptieren, das stimmt, denn wie ich hat er Sophia zu sehr geliebt. Er denkt sich üble Streiche aus, aber er würde nicht gegen dich intrigieren, würde nicht versuchen, einen Keil zwischen uns zu treiben.“
    Er würde alles tun, um sein Erbe zu sichern , dachte Katharina. Am liebsten wäre es ihm, uns beide würde hier draußen der Blitz erschlagen. Aber sie sprach es nicht aus. Was Wolfgang wollte, war unbedeutend gegenüber dem, was Lorenz eben gesagt hatte. Dass er ihr glaubte. Dass er nicht mehr dachte, zwischen ihr und Eugen sei etwas gewesen. Sie hatte nicht mehr zu hoffen gewagt, solche Worte jemals aus seinem Mund hören zu dürfen.
    „Wir sollten nach Falkengrund zurückkehren, ehe sie nach uns suchen“, meinte Lorenz. „Morgen werde ich meinen Fehler wiedergutmachen.“
    „Wie meinst du das?“ Lorenz schritt jetzt schnell aus, und sie hatte Mühe, das Tempo mitzuhalten.
    „Wolfgangs Idee war eine gute Idee. Ich wünsche mir ein Porträt von dir. Etwas Bleibendes. Für mich, für uns, für kommende

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