Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann

Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann

Titel: Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
Vom Netzwerk:
ich ein Künstler bin, möglicherweise? Ich muss mich in Ihre Seele hineinversetzen, Baronin, sonst könnte ich Sie nicht malen.“
    Katharina dachte nach und wischte sich die Tränen ab. „Dann haben Sie sich auch in die Seelen der sterbenden Tiere hineinversetzt, die Sie für ihn gemalt haben?“
    Eugens Gesicht, das die ganze Zeit über ernst geblieben war, bekam nun einen geradezu qualvollen Zug. „Es war nicht zu vermeiden.“
    „Zeigen Sie mir Ihren Skizzenblock? Ich habe ihn damals, auf dem Bankett, nicht von Nahem gesehen. Und es müssen viele neue Zeichnungen dazugekommen sein, seither.“ Ihr Blick richtete sich auf das in beigefarbenes Leinen eingeschlagene Buch, das im trockenen Gras lag. Er trug es meist bei sich.
    „Es … tut mir leid, aber der Skizzenblock eines Malers ist etwas sehr Persönliches. Fertige Bilder herzuzeigen, ist einfach, denn fertige Bilder sind wie versiegelt. Unfertiges und Hingeworfenes erlaubt tiefe Einblicke in das Herz eines Menschen.“
    „Sie dringen in meine Seele ein, ohne mir dasselbe bei Ihnen zu gestatten? Das ist reichlich engherzig von Ihnen! Zumal es Ihnen beim Bankett nicht zu persönlich war, fremden Damen diese tiefen Einblicke zu erlauben … Trauen Sie mir weniger Kunstverstand zu als ihnen?“
    „Sie setzen mir die Pistole an die Stirn, Baronin.“
    „Mag sein“, lachte sie. „Aber Sie ist nicht geladen. Ich spreche nur eine Bitte aus. Wenn Sie sich entschließen, sie abzulehnen, wird das keine Konsequenzen für Sie haben.“
    „Die Konsequenz, Sie zu enttäuschen, käme einem Schuss mit ordentlichem Kaliber gleich.“
    „Dann her damit! Machen wir eine Pause.“ Sie sprang auf und streckte sich nach dem Buch.
    „Moment!“ Eugen war schneller, schnappte den Block weg, ehe ihre Finger ihn erreichten. „ Ich entscheide, welche Seiten ich Ihnen zeigen möchte.“
    Schmollend stemmte sie die Hände an die Hüfte. „Sie enthalten mir also etwas vor.“
    „Nur, was Sie verstimmen würde.“
    Sie hob den Zeigefinger und schwenkte ihn, drohend wie ein Lehrer. „Aha. Sie hatten also ein anderes Modell in der Zwischenzeit. Halten Sie mich etwa für eifersüchtig?“ Sie tänzelte ein paar Schritte näher heran, und ihre Hände zuckten blitzartig hervor. Um ein Haar hätten sie das Buch erwischt, doch er hielt es jetzt mit ausgestrecktem Arm über seinen Kopf, so dass es zu hoch für sie war. Sie machte ein paar Sprünge, um es zu erreichen. Es fehlte nicht viel. Dabei näherte sie sich ihm immer weiter, und bei ihren Sprüngen berührten ihre Locken sein Gesicht.
    „Kommen Sie! Seien Sie kein Spielverderber!“, rief sie, packte seinen Arm und zog ihn herunter. Entwand ihm das Buch, lief damit ein paar Schritte und schlug es auf. Er ließ die Hände sinken. Unternahm er deshalb keinen Versuch mehr, ihr den Block zu entreißen, weil er fürchtete, ihn dabei zu beschädigen?
    „Eugen, das ist wunderschön! Ich hätte es Ihnen nie verziehen, wenn Sie mir das vorenthalten hätten. Seien Sie ein guter Junge – stellen Sie sich neben mich und geben Sie mir ein paar Informationen.“
    Sie hatte am Anfang begonnen, wo die Landschaftszeichnungen dominierten. Mit leichter Verärgerung in der Stimme erklärte er, wo die Skizzen entstanden waren und auf was es ihm dabei angekommen war. Katharina hörte ihm aufmerksam zu, ohne Zwischenfragen zu stellen. Auf die Landschaften folgten Jagdszenen – die Zeit, da er für Lorenz gearbeitet hatte. Waldstimmungen zunächst, dann immer mehr Blut, sterbende Tiere, grimmige Jäger. Katharina betrachtete sich diese Bilder lange mit finsterer Miene. Danach gab es einige Abbildungen von Katharina selbst – Vorbereitungen für das Porträt, das der Baron in seinem Zorn zerrissen hatte.
    „Und das war es auch schon“, sagte Eugen, nahm ihr den Block aus der Hand und klappte ihn zu.
    „Nein, versuchen Sie mich nicht zu betrügen! Sie haben mir nicht alles gezeigt.“
    „Ist das nicht mein Recht?“
    Sie legte den Kopf schräg. „Es ist vielleicht Ihr Recht, aber es ist auch unhöflich. Wenn Sie mir nicht alles zeigen wollen, hätten Sie mir gar nichts zeigen dürfen.“
    „Hier.“ Er reichte ihr den Block, aber jetzt war ihm anzusehen, dass er sich ernsthaft zu ärgern begann. Katharina entging es nicht, aber ihre Neugier war zu groß, und sie öffnete das Buch bei den Bildern, die sie noch nicht gesehen hatte.
    Sie wünschte sich, sie hätte es nicht getan.
    Die Einschnitte zwischen den Landschaften, den Jagdszenen und

Weitere Kostenlose Bücher