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Der Blutkelch

Der Blutkelch

Titel: Der Blutkelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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über die fünf Königreiche hinausgekommen«, erwiderte Gormán. »Aber meine Leute halten manche Flüsse und auch Orte für so heilig, dass sie nie ihren richtigen Namen in den Mund nehmen. So ist es auch mit dem Großen Fluss hier. Er ist mit einem
geis
belegt.«
    »Von dem
geis
habe ich schon mal was gehört. Das ist doch ein Verbot oder ein Tabu, nicht wahr? Wenn man sich nicht daran hält, kann das böse Folgen haben.«
    »Das ist wohl wahr. Einen
geis
nicht zu befolgen kann zum Tod führen oder Unglück über deine Familie bringen.«
    »Wenn ich mich nicht irre, soll es sogar ein Verbot gegeben haben, bestimmte Namen überhaupt nur auszusprechen.«
    »Auch das stimmt. Sonne und Mond zum Beispiel wurden ganz früher für heilig gehalten und nach Göttern benannt. Die Druiden aber verboten, die heiligen Namen in der Alltagssprache zu benutzen oder überhaupt auszusprechen, und so haben wir eben andere Namen erfunden. Deshalb heißt der Mond jetzt einfach ›strahlender Glanz‹ oder ›Königin der Nacht‹, und er hat noch viele andere Bezeichnungen. Aber niemand darf ihn mit dem Namen der Göttin nennen, für die er eigentlich steht.«
    »Wir können also davon ausgehen, dass der Fluss hier nach einem mächtigen heidnischen Gott benannt wurde?«
    »Auf jeden Fall. Soviel ich weiß, gibt es an dem Flusslauf immer noch Stellen, wo sich Menschen versammeln, um den Geistern des Flusses zu huldigen.«
    Sie näherten sich einer südlich gelegenen beachtlichenAnhöhe, die, wie Eadulf von Gormán erfuhr, wegen ihrer Formgebung »Steinerner Kamm« genannt wurde. Kurz davor bog der Weg ab und verließ den Fluss. Während Letzterer in Richtung Norden floss, ritten sie nun durch dichte Wälder nach Westen.
    Plötzlich stieß einer der Krieger vorn einen Schrei aus und deutete mit ausgestrecktem Arm in die Ferne. Ein berittener Trupp bewegte sich rasch über die Hügel gen Süden.
    Genaueres konnte Eadulf nicht sehen, nur dass es sich um ein Dutzend oder auch mehr Reiter handelte. Sie ritten in entgegengesetzter Richtung zu ihnen gen Südwest.
    »Krieger!«, knurrte Cumscrad und kniff die Augen zusammen. »Dem Wahrzeichen auf der Fahne nach, die ihr Anführer trägt, sind es Uí Liatháin.«
    Fidelma hatte sich umgedreht und versuchte angestrengt, Genaueres zu erkennen. Sie waren stehen geblieben und hörten einen gedämpften Ruf. Die fremden Krieger schienen sie erspäht zu haben und hatten ebenfalls haltgemacht.
    »Sollten sie angreifen, sind wir zu wenige, um uns ihrer zu erwehren«, rief Gormán Fidelma zu. »Zwei, vielleicht auch drei gegen einen.«
    Die Gegner rührten sich zunächst nicht von der Stelle und nahmen sie ins Visier.
    »Los, wir reiten weiter«, entschied Cumscrad, dem bewusst wurde, dass in diesem Fall Vorsicht vor Tapferkeit ging.
    Unversehens gab auch der Anführer des anderen Trupps mit erhobenem Arm das Signal zum Weiterreiten, und die Reiter verschwanden jenseits des Hügels.
    »Feiglinge!«, höhnte Cumscrad.
    »Bist du sicher, dass es Uí Liatháin waren?«, fragte Fidelma und schaute besorgt in die Richtung, in die die Krieger geritten waren.
    »Hast du nicht das Wahrzeichen auf ihrer Fahne gesehen? Der Kopf eines Graufuchses auf weißem Grund, das ist ihrs.«
    »Ich habe nicht so gute Augen wie du, Cumscrad«, musste Fidelma eingestehen. »Ich habe nur eine weiße Fahne gesehen, das Wahrzeichen darauf konnte ich nicht erkennen. Aber ich will dir gern glauben, dass es die Uí Liatháin waren. Allerdings missfällt mir die Richtung, aus der sie kamen.«
    Im ersten Augenblick verstand Cumscrad nicht, was sie damit sagen wollte, blickte dann aber dorthin, wo sie die Männer gesichtet hatten. Ein Fluch entrang sich seinen Lippen.
    »Vorwärts!«, schrie er. »Auf nach Fear Maighe!«
    Wie die Wilden preschten sie los, hinein in den dichten Wald. Bald wurde es lichter um sie herum. Die Vögel verhielten sich seltsam, sie zwitscherten laut, ja kreischten geradezu erregt. Eadulf schaute nach oben, wo sich die Zweige über ihnen zu einem Dach zusammenschlossen. Irgendetwas schien die Vögel aufzustören, so viel stand fest. Sie verließen das Walddickicht und hatten plötzlich Ackerland vor sich, das den Blick auf Fear Maighe freigab. Die Ansiedlung lag am Südufer des Großen Flusses, der nun wieder nach Südwesten floss. Cumscrad stieß einen gellenden Schrei aus.
    Sie brauchten nur den Bruchteil einer Sekunde, um zu begreifen, was geschah. Am Rande des Ortes, nicht weit vom Ufer des Flusses entfernt,

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