Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Blutkelch

Der Blutkelch

Titel: Der Blutkelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
immerhin so weit gegangen, das Grabmal des Abdes in Germania ausfindig zu machen. Eins ist sicher, er war ein bedeutender und gründlicher Gelehrter. Auch wenn wir den Wahrheitsgehalt seiner Erkenntnisse hier nicht ergründen können, ihn jedenfalls trafen sie bis ins Mark.«
    Sie hielt inne, schaute in die Runde und fügte schließlich hinzu: »Und deshalb hat man ihn ermordet.«
    »Das verstehe ich nun beim besten Willen nicht«, sagte Brehon Aillín verwundert.
    »Er wurde ermordet, weil die von ihm entdeckten Zusammenhänge derartige Zweifel in ihm aufkommen ließen, dass er den Glauben verlor. Gelegentlich verlangt der Glaube von uns, dass wir unsere Vernunft beiseiteschieben und einfach das hinnehmen, was wir nicht beweisen können. Ich darf an die Redensart erinnern, der sich viele unserer Priester bedienen,um unser Verlangen nach logischer Erklärung zu zügeln:
Credo, quia impossibile est
– Ich glaube es, weil es unmöglich ist. Bruder Donnchad aber erfuhr von möglichen und vernunftgemäßen Schilderungen aus der Zeit, da Christus auf Erden wandelte. Das ließ ihn an Dingen, die nicht logisch zu erklären waren, zweifeln.«
    Eine Welle unmutigen Murrens lief durch das
refectorium
. Besorgt sah sich Eadulf um. Fidelma hatte zwar nur die Gründe dargelegt, die Bruder Donnchad veranlasst hatten, sich vom Glauben zu lösen, dennoch fürchtete er, die tiefgläubige Zuhörerschaft könnte denken, sie verbreite ketzerische Lehren oder griffe den Glauben selbst an.
    Brehon Aillín stieß heftig mit seinem Amtsstab auf und suchte die Ruhe wieder herzustellen. »Willst du damit sagen, seine Zweifel erzürnten jemand, versetzten ihn so in Wut, dass er Bruder Donnchad tötete?«
    König Colgú griff ein. »Wir haben doch eben selbst die Gefühlsaufwallungen erlebt, die diese Geschichten erregen. Es ist durchaus denkbar, dass eine derartige Wut im Bereich des Möglichen ist.«
    »Genau so ist es«, erwiderte Fidelma und nickte ihm zu. »Wer in dieser Abtei verteidigt den Glauben so blindwütig, dass er nichts unversucht lassen würde, selbst einen Gelehrten vom Rufe Bruder Donnchads zum Schweigen zu bringen, damit er seine Ansichten, die dem Glauben großen Schaden zufügen könnten, nicht weiter verbreitet? Viele unserer Leute haben den Neuen Glauben noch nicht ganz verinnerlicht. Erst zwei Jahrhunderte ist es her, seit das Wort Christi die fünf Königreiche erreichte und angenommen wurde. Wie nun, wenn Bruder Donnchad, soeben aus dem Heiligen Land heimgekehrt, die Geschichten weitererzählte, die ihn so verstörten?«
    Unbehagliches Gemurmel wurde hörbar, derweil viele Brüder einander verstohlen ansahen.
    Abt Iarnla war blass geworden. »Jedermann in dieser Abtei hat den Glauben tief verinnerlicht«, sagte er langsam. »Ein Abfall vom Glauben wäre eine große Sünde.«
    »Aber wir sind ein duldsames Volk, denn wir leben erst seit kurzem in der Gemeinschaft mit Gott«, belehrte der Richter alle. »Wir sind duldsam gegenüber Andersgläubigen und bemühen uns, sie von unserem Glauben zu überzeugen. Das gilt vor allem für jene, die sich dem Glauben unserer Vorväter verbunden fühlen und zögern, den Sprung in die neue Welt zu wagen, die sich uns vom Osten erschlossen hat.«
    »Duldsamkeit darf es nicht geben«, bellte Bruder Lugna. »Der Glaube muss rein sein, und jeder zögerliche Augenblick überantwortet eine Seele den Flammen der Hölle.«
    »Wie ihr hört, hat Bruder Lugna in diesen Fragen eine unverrückbare Meinung«, stellte die Anwältin fest.
    »Wenn ich auf Menschen stoße, die die Wahrheit des Glaubens leugnen, ist meine Meinung in der Tat unverrückbar.«
    »Man könnte auch sagen, dein Glaube grenzt an blinden Eifer«, bestätigte ihm Fidelma.
    »Auf meinen Glauben lasse ich nichts kommen, auch wenn du das blindwütig nennst.«
    »Und wenn jemand in Glaubensdingen nicht deiner Meinung ist …?«, forderte ihn Fidelma heraus.
    Bruder Lugna wollte schon antworten, schloss aber fest den Mund, denn er begriff, wohin sie ihn lockte.
    »Das dachte ich mir«, fuhr sie in sachlichem Ton fort. »Deine Sekte erträgt keinen Widerspruch oder abweichende Meinungen, so ist es doch?«
    Brehon Aillín hatte es aufgegeben, auf die genaue Einhaltung der Verfahrensordnung zu dringen. Jetzt stellte er Fidelma selber die Frage: »Seine Sekte? Was soll das bedeuten?«
    »Unlängst kam ich mit Bruder Lugna auf die Herrschaft von Papst Cornelius zu sprechen.«
    »Christenverfolger!« Der Verwalter spie das Wort geradezu

Weitere Kostenlose Bücher