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Der Blutkelch

Der Blutkelch

Titel: Der Blutkelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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bezeichnet.«
    »Das ist schierer Unsinn!«, schrie Bruder Lugna und erhob sich. »Der Name ist entstellt überliefert, ist falsch umschrieben worden. Der Name hätte Jakobus Alphäus heißen müssen, welcher …«
    »Ich lasse mich nicht auf einen Streit um eine Fehlübersetzung ein«, fiel ihm Fidelma ins Wort. »Auf diesem Gebiet mangelt es mir an dem nötigen Wissen. Ich lege lediglich dar, was Bruder Donnchad niedergeschrieben hat und was er glaubte. Er hatte sich in die Texte des Neuen Glaubens vertieft oder in die Schriften, wie sie jetzt vorliegen, gesammelt und ins Lateinische übertragen vom heiligen Hieronymus, der auch Eusebius Hieronymus genannt wurde. Donnchad fand dort mancherlei Hinweise, die ihn verwirrten. Die Textstellen erwähnen nicht nur Jakobus als Bruder Jesu, sondern auch Joses sowie Simon und Judas und selbst Schwestern, von denen eine Salome gerufen wurde. Die genannten Brüder und Schwestern wurden eindeutig als solche nachgewiesen.«
    Bruder Lugna, der immer noch stand, holte Luft, um ihr zu widersprechen.
    »Setz dich, Bruder Lugna«, herrschte ihn Richter Aillín an. »Wir befinden uns hier nicht in einer Philosophenschule in einem Meinungsstreit.« An Fidelma gewandt, fuhr er fort: »Ich lasse diese Äußerungen nur unter der Voraussetzung zu, Fidelma, dass du uns vorträgst, welche Gedanken Bruder Donnchad bewegten, und dass diese Gedanken in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner Ermordung stehen.«
    »Nichts anderes habe ich im Sinn«, bestätigte die Anwältin mit fester Stimme. »Ich verfüge nicht über Bruder Donnchads Wissen und kann nur wiedergeben, was er hinterlassen hat. Er hat darauf hingewiesen, dass in allen Schriften die Verwandtschaftsbeziehung, die ich genannt habe, durchweg mit dem Wort
adelphós
bezeichnet wurde und nicht mit
syngéneia

adelphós
bedeutet ›Bruder‹ im Sinne der Blutsverwandtschaft. Hätte der Verfasser der heiligen Texte Brüder als Brüder einer Glaubensgemeinschaft gemeint, hätte er das andere Wort gewählt.«
    Sie machte eine Pause, doch niemand erhob einen Einwand.
    »Ich wiederhole, ich besitze keinerlei Kenntnisse in dieser Hinsicht. Bruder Donnchad glaubte, er würde im Heiligen Land mehr über diese Zusammenhänge erfahren. Wo immer er war, zog er Erkundigungen ein. Während eines Aufenthaltes in Sidon, einem Hafen an der Küste des Heiligen Landes, wo er auf ein Schiff zur Heimfahrt wartete, kamen ihm Geschichten zu Ohren, die ihn ungemein erschütterten. Nicht einmal mit seinem Bruder Cathal wollte er darüber reden, der unangefochten und sicher in seinem Glauben blieb. Das hat er ausdrücklich in seinen Aufzeichnungen vermerkt.
    Eine von den Geschichten hat ihn ganz besonders ergriffen. In dieser Erzählung ging es unmittelbar um Jesus.Dabei sei daran erinnert, dass Jesus die griechische Form des hebräischen Namens Jeschu oder Joschua ist. Die Geschichte handelte von einem Jeschu ben Pantera.«
    »Jeschu war damals ein durchaus üblicher hebräischer Name«, rief Bruder Donnán dazwischen und warf dem Richter einen um Entschuldigung bittenden Blick zu. »Ver zeih , aber ich musste das anmerken, damit niemand denkt, Jesus sei ein einmaliger Name. Auf Hebräisch bedeutet er ›Held mit der Bluthand‹.«
    »Du hast völlig recht«, bestätigte ihm Fidelma. »Donn chad hat darüber hinaus auf ein Werk hingewiesen, das als
Tosefta
bekannt ist. Es ist eine Sammlung mündlich überlieferter jüdischer Gesetze; darin wird auf einen Jeschu ben Pantera Bezug genommen, und aus dem Text geht klar hervor, dass damit niemand anderes als Jesus von Nazareth gemeint ist. Die Silbe ›ben‹ bedeutet so viel wie ›Sohn des …‹, also dasselbe wie unser Wort ›mac‹.«
    Sie musste warten, bis sich der Sturm der Entrüstung gelegt hatte.
    »Ich will nicht alle Einzelheiten der Nachforschungen darlegen, die Donnchad, zutiefst betroffen, fortsetzte. Unter anderem stieß er auf die Arbeit eines griechischen Philosophen namens Celsus, in der es heißt, Maria oder Miriam, wie der hebräische Name eigentlich lautet, war ein Mädchen, das in Sepphoris in Galiläa lebte. Die Römer fielen über die Stadt her, ein römischer Legionär phönizischer Abstammung vergewaltigte sie, Abdes Pantera hieß er, und sie gebar ein Kind …«
    Entsetztes Luftholen erfüllte den Raum. Bruder Lugna sprang als Erster auf und brüllte: »Heiligenschändung! Gotteslästerung!«
    »Ich erwähne nur, was dieser Celsus geschrieben hat. Ichsage damit weder, dass er die

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