Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Blutkelch

Der Blutkelch

Titel: Der Blutkelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
Königreichen wird und sich sein Ruf auch jenseits der Meere verbreitet. Die Abtei von Darú kann sich rühmen, in diesem Jahr fromme Studenten aus achtzehn Ländern angelockt zu haben. Um unsere Vorstellungen verwirklichen zu können, wurde entschieden, dass sich das, was wir vermögen, auch in den Gebäuden manifestieren sollte. Mächtige Bauwerke aus Stein überdauern länger als bescheidene Holzbauten.«
    Zum ersten Mal erlebten sie, wie der sonst so verdrießliche Verwalter sich in Begeisterung redete.
    »Ob Holz oder Stein, beides stellt doch nur eine äußere Hülle dar«, gab Fidelma vorsichtig zu bedenken. »Ist der Ruhm einer Abtei nicht mehr am Wirken der Gemeinschaft und seiner Gelehrten zu messen?«
    Bruder Lugna wurde rot, erwiderte aber nichts. Stattdessen deutete er auf das obere Stockwerk des Gebäudes. »Bru der Donnchads
cubiculum
liegt dort oben.« Er führte sie eine Steintreppe hoch, weiter einen Gang entlang und blieb schließlich vor einer Tür stehen. Sie sahen sofort, dass die Tür gewaltsam geöffnet worden war. Das Schloss war nicht mehr vorhanden, aber an dem zersplitterten Holz konnte man erkennen, wo man es einst eingepasst hatte. Der Verwalter stieß die Tür mit der Hand auf.
    »Wo sind das Schloss und der Schlüssel?«, fragte Fidelma.
    »Sie wurden dem Schmied zurückgegeben mit dem Bescheid, sie für deine Überprüfung bereitzuhalten.«
    »Das heißt, die Tür ist, seit ihr die Leiche gefunden habt, nicht mehr gesichert worden?«
    »Selbst wenn man es hätte tun wollen, eine Notwendigkeit dafür bestand nicht«, entgegnete Bruder Lugna steif. »Bruder Donnchad brauchte kein Schloss mehr.«
    »Hatte er nichts, was ihm gehörte und was man hätte sicherstellen müssen?«
    »Es fand sich kaum etwas von Wert hier, doch der Abt hat angeordnet, dass bis zu deinem Kommen nichts entfernt werden dürfte. Daran haben wir uns gehalten. Wie der Abt und ich dir schon sagten, kostbare Manuskripte gab es hier keine.«
    »Was geschah, nachdem ihr den Leichnam gefunden hattet?«
    »Der Abt und ich blieben hier, um die Zelle zu überprüfen, auch noch, nachdem der Arzt die Leiche zur Untersuchungund Vorbereitung auf das Begräbnis mitgenommen hatte.«
    »Hat der Arzt den Toten nicht gleich hier am Ort untersucht?«
    »Er kam und sah, dass Bruder Donnchad tot war, da gab es für ihn nicht mehr viel zu tun hier.«
    »Würdest du bitte den Arzt, du nanntest ihn wohl Bruder Seachlann, herholen?«
    Bruder Lugna zögerte.
    »Gibt es ein Problem?«, fragte Fidelma rasch.
    »Er wird dir kaum mehr erzählen können als ich«, erwiderte der Verwalter.
    »Du bist aber nicht der Arzt, der den Leichnam untersucht hat«, entgegnete Fidelma ernst.
    Widerstrebend entfernte sich der Verwalter, um ihrem Auftrag nachzukommen.
    Fidelma betrat die Zelle, blieb unmittelbar hinter der Tür stehen und sah sich aufmerksam um. Ein einziges kleines Fenster hoch oben in der Wand erhellte den Raum. Fidelma ging zu der Lichtquelle – sie reichte mit dem Kopf gerade bis zur Fensterbank –, griff sich einen Stuhl, zog ihn ans Fenster und kletterte hinauf, um hinauszusehen. Die glatte Wand unter ihr wies keinerlei Vorsprünge auf, ohne Leiter hätte man nicht an ihr emporklettern können. Der Erdboden war schlammig, die Umgebung ringsherum erinnerte noch deutlich an das Baugeschehen. Hier und da hatte sich Gestrüpp angesiedelt. Sie wandte ihren Blick nach oben. Der ausgeprägte Überhang des Daches machte ein Herunterklettern unmöglich, also auch von dort verbot sich ein Zugang zum Fenster … Selbst wenn man klein genug gewesen wäre, um sich durch die schmale Öffnung zu zwängen.
    »Der Mörder hätte schon ein Zwerg oder Akrobat seinoder Flügel haben müssen, um an dieser Stelle eindringen zu können«, erklärte sie schließlich, stieg vom Stuhl und stellte ihn an seinen Platz zurück. »Selbst wenn es einer die Hauswand hoch schaffte, und das wäre bei all den Bauarbeiten hier immerhin vorstellbar, weil vielleicht Leitern unbeaufsichtigt herumliegen, hätte sich der Eindringling mühsam durch das Fenster quetschen müssen und damit das Opfer rechtzeitig genug gewarnt. Doch sie sagen ja, es hätte keinerlei Anzeichen eines Handgemenges gegeben.«
    »Außerdem soll er von hinten erstochen worden sein«, ergänzte Eadulf. »Also muss er dem Eindringling seinen Rücken zugekehrt haben, und das bedeutet, er war ahnungslos.«
    Das Nächste, was Fidelma auffiel, war die Kargheit des Raums. Für einen Gelehrten wie Bruder

Weitere Kostenlose Bücher