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Der Blutkelch

Der Blutkelch

Titel: Der Blutkelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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befragt. Ich habe den Ausbildungsgrad eines …«
    »Ich habe dich bereits beim ersten Mal verstanden«, unterbrach ihn Fidelma heftig. »Vielleicht gab es bisher keinen Anlass, dich in Bezug auf Recht und Gesetz zu befragen. Wo hast du deine Ausbildung erhalten?«
    »Ich komme von … Ich habe in Sléibhte studiert.«
    »Dazu kann ich nur sagen, Seachlann von Sléibhte, dass ich noch nie gehört habe, dass die Menschen aus dem Königreich Laighin sich ihren Brehons gegenüber ungebührlich verhalten hätten.«
    Der Arzt schaute verunsichert zu Bruder Lugna, als erhoffte er sich von ihm ein Eingreifen. Und der griff tatsächlich ein.
    »Bruder Seachlann ist erst seit kurzem Mitglied unserer Gemeinschaft. Er hat sich als ausgezeichneter Arzt erwiesen.«
    »Dann müsste er auch wissen, wie man einem Brehon gegenüber Zeugnis ablegt«, erwiderte Fidelma.
    Der Vorwurf verwirrte Lugna und brachte ihn zum Schweigen.
    »Ich hätte gern Folgendes gewusst«, wandte sich Fidelma an den Arzt. »Würdest du in Kenntnis der Wunden, die zum Tod von Bruder Donnchad geführt haben, meinem Mann, Eadulf von Seaxmund’s Ham, beipflichten? Würdest du auch sagen, dass sie dem Opfer von jemandem zugefügt wurden, der vorsätzlich töten wollte, und dass einige Sachkenntnis vonnöten war, um zu wissen, wie man den tödlichen Dolchstoß ansetzte? Oder würdest du eher zu der Auffassung neigen, der Mörder stieß in einem Wutanfall oder in irgendeinem anderen Zustand der Erregung zu?«
    Bruder Seachlann schien die Frage zu durchdenken und erklärte schließlich mürrisch: »Ich würde sagen, die Dolchstöße wurden mit Sachkenntnis ausgeführt. Der Täter wusste, dass ein Stoß unter den Rippenbogen in Aufwärtsrichtung beziehungsweise vom Nacken abwärts das gewünschte Resultat haben würde.«
    »Würdest du sagen, es geschah hinterrücks, das Opfer ahnte nicht, was es erwartete?«
    »Das entzieht sich meiner Kenntnis, wenngleich man es sich durchaus vorstellen kann. Andernfalls hätte Bruder Donnchad sich zu verteidigen versucht.«
    »Könnte der Täter Bruder Donnchad im Schlaf überrascht und zugestochen haben, als er vielleicht mit dem Gesicht nach unten auf seiner Lagerstatt lag?«
    »Meines Erachtens nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Hätte er auf dem Bauch gelegen, hätte keiner der Stöße mit solcher Wucht ausgeführt werden können. Jedenfalls nicht mit einer Wucht, die zum Tode geführt hätte. Er muss aufrecht mit dem Rücken zum Attentäter gestanden haben. Meiner Meinung nach wurde ihm der Dolch auch erst in den Nacken gestoßen, als er zu Boden sank, es sei denn, der Täter war eine ausgesprochen große Person.«
    »Die Leiche wurde aber auf dem Rücken liegend auf der Bettstatt gefunden.«
    »Ja, so sollen der Abt und Bruder Lugna sie vorgefunden haben. Beide haben mir bei meinem Eintreffen gesagt, sie hätten sie nicht bewegt.«
    »Na ja, ich habe nach dem Betreten der Zelle den Leichnam ein wenig angehoben, um die Wunden zu sehen und wie viel Blut geflossen ist«, meinte Bruder Lugna. »Aber ich habe den Leichnam wieder genau so hingelegt, wie ich ihn vorfand.«
    »Also gut. Wie ist es deiner Meinung nach dann zu erklären, dass die Leiche auf dem Bett lag?«
    »Nachdem man Bruder Donnchad, während er aufrecht stand, den Dolch in den Rücken gestoßen hatte, ist er tot zu Boden gesunken. Er kann sich schlecht aus eigener Kraft zum Bett bewegt haben.« Bruder Seachlann grinste über sich selbst und seinen Sarkasmus.
    »In den allerletzten Augenblicken vor dem Tod vermögen Menschen Erstaunliches zu vollbringen«, sagte Fidelma ernst, »aber ich stimme mit dir überein, ich glaube auch nicht, dass er dazu in der Lage gewesen wäre. Er wird unmittelbar nach dem Dolchstoß in den Nacken tot gewesen sein, noch ehe er zu Boden sank. Und das bedeutet …«
    »Dass der Täter die Leiche auf das Bett gehoben und sie so hingelegt hat, dass sie eine Ruheposition vortäuschte«, beendete Eadulf den Satz. »Würdest du das auch so sehen, Bruder Seachlann?«
    »Es wäre die logische Schlussfolgerung, aber beschwören kann ich es nicht«, antwortete der Arzt.
    »Das ist klar«, pflichtete ihm Fidelma bei. »Trotzdem, von deinem medizinischen Wissen her ist es, wie du selbst sagst, die logische Schlussfolgerung.«
    »Richtig.«
    »Dann gibt es keinen Grund, dich hier länger festzuhalten, Bruder Seachlann. So schwierig war es gar nicht, die Fragen einer
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zu beantworten, oder?«
    Der Arzt schwankte, ob er darauf antworten sollte

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