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Der Blutkelch

Der Blutkelch

Titel: Der Blutkelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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gewesen?«
    »Nicht, dass ich wüsste. Ich bringe des Öfteren Bücher dorthin.«
    »Ist dir bekannt, dass man nach seiner Mutter schickte, als man nicht mehr aus noch ein wusste, was seinen Zustand anging?«
    »Das weiß hier jeder. Ich erfuhr es von Glassán, dem Baumeister. Er hatte mit Lady Eithne gesprochen, als sie die Abtei verließ, das war nur ein paar Tage, bevor man Bruder Donnchad ermordet fand. Glassán ist sehr gesprächig.«
    »Ich denke, wir belassen es dabei«, sagte Fidelma. »Doch nein, eine Sache wundert mich … Du sagtest vorhin, Bruder Donnchad hätte gefragt, ob die Bibliothek über die Originalschrift von Celsus verfüge. Weißt du, ob es sie in irgendeiner anderen Bibliothek gibt?«
    »Nein«, erwiderte er nach gründlicher Überlegung.
    »Bruder Donnchad kam also ins
scriptorium
, um bestimmte Schriften zu lesen. Du hast aber nicht die geringste Ahnung, woran er arbeitete, nur, dass er viele Stunden über dem Text von Origenes saß. Sehe ich das richtig?«
    »Ja.«
    »Dir war jedoch bekannt, dass er sich in den Tagen vor seinem Tod sehr merkwürdig verhielt.«
    »Das war nicht nur mir, das war allen in der Gemeinschaft bekannt. Leider war er nie groß für Gespräche zu haben. Er war immer sehr schweigsam …«
    »Bis auf den letzten Tag, den er hier in der Bibliothek war, einen Tag oder so vor seinem Tod.«
    Sie schauten in die Richtung, aus der die Stimme kam. Bruder Máel Eoin war von dem Tisch, an dem er gelesen hatte, aufgestanden, um sein Manuskript in die Tasche zurückzustecken. Er stand ganz in ihrer Nähe und hatte den letzten Satz von Bruder Donnán mit angehört.
    »Was meinst du damit?«, fragte ihn Fidelma hellwach.
    »Ich war an dem Tag auch hier. Du wirst dich erinnern, Bruder Donnán. Wenn es meine Zeit erlaubt, komme ich her; ich lese gern in den Heiligengeschichten, die wir hier haben.«
    »Sprich weiter. Was geschah an dem Tag?«
    »Bruder Donnchad tat etwas, das sonst nicht seine Art war. Er kam brüllend in die Bibliothek gestürmt.«
    »Brüllend? Kannst du das näher erklären?«, bat Bruder Eadulf.
    »Er war aufgeregt und wütend, hochrot im Gesicht und schrie. Er würde etwas vermissen und wäre überzeugt, man hätte es ihm gestohlen. Erinnerst du dich nicht, Bruder Donnán?«
    »Gestohlen?«, fragte Eadulf. »Was? Ein Manuskript?«
    »Das nicht gerade«, gab der Bibliothekar zur Antwort. Er versuchte, sich aus dem Gespräch herauszuhalten, seit Bruder Máel Eoin dazugekommen war.
    »Werde bitte deutlicher«, forderte Fidelma.
    »Es war sein
pólaire
. Ich hatte das völlig vergessen.«
    »Ein
pólaire
? Was ist das?«, wollte Eadulf wissen.
    »Auf Lateinisch nennt man es
ceraculum
, abgeleitet von dem Wort für ›Wachs‹«, erläuterte der
scriptor
.
    Bruder Máel Eoin nickte. »Das ist eine Schreibtafel aus Holz mit einer leichten Vertiefung, die mit Wachs ausgefüllt ist, sodass man darauf schreiben, vorläufige Notizen machen kann. Später kann man das Wachs erwärmen, es dann glätten und erneut darauf schreiben.«
    Eadulf hatte längst begriffen, worum es sich handelte.
    »Und sein Wachstäfelchen war ihm also abhandengekommen?« Fidelma brannte vor Neugier.
    »Ja. Er behauptete, man hätte es ihm gestohlen. Bei uns war es aber nicht. Ich sagte ihm das; es war die reine Wahrheit. In der Bibliothek hatte er es jedenfalls nicht liegengelassen.«
    »Du hast ihm das wirklich deutlich gesagt?«, fragte Fidelma.
    »Ja. Bei seinen früheren Besuchen habe ich ihn öfter damit arbeiten sehen. Er machte sich darauf Notizen aus dem Origenes. Ich schwöre, er hatte es stets wieder mitgenommen. Ich bin mir ganz sicher.«
    »Er ging, war aber immer noch außer sich«, bestätigteBruder Donnán. »Es war das letzte Mal, dass ich ihn sah.«
    »Lass uns das noch einmal festhalten«, verlangte Fidelma. »Du sagst, dieser Vorfall ereignete sich … wann genau?«
    »Am Tag vor seinem Tod. Ich bin mir ganz sicher«, wiederholte Bruder Máel Eoin.
    Fidelma blickte zum
scriptor
.
    »Ich glaube, es war an dem Tag, ja«, bestätigte auch er nach kurzem Überlegen.
    »War er am Tag zuvor nicht fort gewesen?«
    »Das stimmt, Schwester«, pflichtete ihr der Herbergswart bei. »Er war an dem Tag zuvor fort gewesen. Er konnte es ebenso gut dort, wo er sich aufgehalten hatte, liegengelassen haben.«
    »Aber wo er gewesen war, weißt du nicht?«
    »Vielleicht hatte er wieder seine Mutter besucht«, warf der Bibliothekar ein.
    »Lassen wir es damit genug sein, Bruder Donnán. Vielen Dank

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