Der Blutkelch
aufmerksam. »Da stehen jede Menge Krieger. Ich dachte, die Lady hält es mehr mit der Religion als mit der Kriegskunst.«
Fidelma spähte nach oben. »Es sind tatsächlich mehr als die üblichen Leibwächter, die sich ein Stammesfürst halten darf.«
Nach einer kleinen Steigung bogen sie in eine von Eiben gesäumte Allee ein, die geradewegs zu den großen Holztoren der Burg führte. Eine barsche Stimme gebot ihnen Einhalt, und gleich darauf trat ein schwerbewaffneter Krieger mit gezogenem Schwert aus dem Schutz der Bäume. Sein argwöhnischer Blick ging von einem zum anderen und blieb schließlich auf Gormán haften.
»Leg deine Waffen ab und steig vom Pferd, Krieger«, herrschte er ihn in einer fremd klingenden Mundart an, die keiner von ihnen kannte.
»Ich bin Fidelma von Cashel und möchte Lady Eithne sprechen«, klärte ihn Fidelma in energischem Ton auf und spornte ihr Pferd an.
Der Mann stutzte, sah sie scharf an und nahm ihren Halsreif wahr, den sie für diesen Ausflug bewusst angelegt hatte und der sie als Angehörige des Königshauses auswies.
»Du kannst mit dem frommen Bruder da weitergehen, Lady«, sagte er, jetzt in einem leicht ehrerbietigen Ton, »aber ich habe Befehl, über diesen Punkt hinaus keine fremden Krieger zu lassen.«
»Der Mann hier ist kein fremder Krieger. Er trägt das Zeichen der Nasc Niadh, der Leibgarde des Königs, und begleitet mich im Auftrag des Königs. Wo immer ich hingehe, er bleibt bei mir«, erwiderte Fidelma entschieden.
Der Wächter rang mit sich. »Ich muss mich an meine Befehle halten, Lady«, erklärte er hartnäckig.
»Hegt Lady Eithne irgendwelche Ängste vor dem König von Muman oder Mitgliedern seiner Familie?«, fragte sie sarkastisch. »Deiner Mundart nach zu urteilen, bist du ein Fremder in diesem Land, oder irre ich mich da?«
»Ich bin Britannier und stehe bei Lady Eithne in Diensten«, gab er zur Antwort.
»Ein Söldner?«, höhnte Gormán.
»Mein Schwert hat Lady Eithne gekauft«, gab der Krieger zu. »Sie fürchtet mit Recht um ihre Sicherheit. Man hat ihren Sohn ermordet. Im Süden sind die Uí Liathán und im Westen die Fir Maige Féne. Sie traut keinem der beiden Clans. Selbst im Osten bei den Déisi, ihren eigenen Leuten, gibt es Stammesführer, die neidisch auf dieses Gebiet blicken.«
»Willst du mir erzählen, dass Lady Eithne aus den genannten Richtungen bedroht wird und Söldner aus fremden Ländern braucht, die sie verteidigen?«, fragte Fidelma ihn ungläubig.
»Das zu beantworten ist nicht meine Sache. Ich bin hier, um Befehle auszuführen.«
»Gut, dann nimm dies als Befehl. Ich bin die Schwester des Königs von Muman, eine
dálaigh
beim Obersten Gericht. Ich befehle dir, mich und meine Gefährten zur Burg passieren zu lassen. Ist der Befehl klar genug?«
Fast hatte es den Anschein, als wollte er widersprechen. Gormán hatte schon die Hand am Griff seines Schwertes und eine wachsame Haltung angenommen. Dann zuckte der Krieger mit den Schultern, als ginge ihn das alles nichts mehr an, trat zur Seite, und die drei ritten langsam auf die geschlossenen Tore der Burg zu.
Voller Unbehagen bemerkten sie auf den Schutzwällen zahlreiche Bogenschützen mit gespannten Bogen, die jederzeit ihre Pfeile abschießen konnten. Die dunklen Eichentore verweigerten ihnen den Zutritt. Gormán rief den Männern auf der Mauer zu: »Fidelma von Cashel ist hier zu einer Unterredung mit Lady Eithne.«
Über ihnen wurde es unruhig, man schien sich untereinander zu verständigen. Schließlich rief jemand: »Wartet!«
Es kam ihnen wie eine Ewigkeit vor, bis sie hörten, wie die mächtigen Holzriegel zurückgeschoben wurden. Begleitet von dem Ächzen und Quietschen in den Angeln, ging eins der großen Tore knarrend auf. Ein Krieger erschien und bedeutete ihnen, in den Innenhof zu reiten. Sie brachten die Pferde zum Stehen und stellten fest, dass sie von Kriegern mit Pfeil und Bogen umringt waren. Krachend schlug das Tor hinter ihnen zu. Dann näherte sich ihnen ein Krieger, der die Befehlsgewalt zu haben schien.
»Lady Eithne ist bereit, dich und Bruder Eadulf zu empfangen«, teilte er Fidelma mit. »Das gilt jedoch nicht für den Krieger. Er muss hier auf euch warten.«
Fidelma glitt von ihrem Pferd und sah Gormán entschuldigend an. »Du wirst hier bei den Tieren bleiben müssen, während wir mit Lady Eithne sprechen.« Und zu dem Krieger gewandt: »Ich verlasse mich darauf, dass du dafür Sorge trägst, dass mein Gefährte eine Erfrischung bekommt
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