Der Blutkönig: Roman (German Edition)
freute, wenn er denn überlebte und ihm der Thron tatsächlich zufiel. Er konnte nicht guten Gewissens eine Gattin und ein Kind in diese Gefahr bringen. Und so schlief er auch in dieser Nacht nicht und wiederholte stattdessen bei sich wieder und wieder das Für und Wider, was er tun sollte und bei jeder Möglichkeit schmerzte sein Herz.
S EIT DEM G ESPRÄCH mit Abelard vor ein paar Tagen hatte Tris keinen Moment gefunden, um allein mit Kiara zu reden. An diesem Abend blieb sie nach dem Dinner noch ein wenig sitzen und Carroway bot an, ein kleines Vorabkonzert seiner Musik für das Fest zu geben. Als die Musik mit enthusiastischem Applaus endete, bemerkte Tris, dass Vahanian anbot, Carina in ihre Räume zu bringen. Carina hatte das errötend und mit einem Lächeln angenommen.
Tris nahm Kiaras Hand und blieb absichtlich hinter den anderen zurück. In Anbetracht dessen, was er zu sagen hatte, wurde sein Mund trocken und er entdeckte, dass, wenn eine Hochzeit zur Sprache kam, Prinzen wie auch Bauernknechten gleichermaßen die Zunge gelähmt war.
Die große Halle war bereits für das Fest mit Girlanden geschmückt. Im Moment war sie leer, auch wenn die Fackeln und Kerzen, die noch brannten, anzeigten, dass die Diener und Dekorateure wahrscheinlich bald zurückkamen, um ihren Pflichten nachzukommen.
»Du warst still heute«, meinte Tris.
»Ich habe nur an Isencroft zur Wintersonnenwende gedacht«, sagte sie. »Es war immer meine liebste Jahreszeit. Ich dachte immer, Vater wüsste, wie man Feste zu feiern hat, aber ich gebe zu, dass König Staden unser Bankett bei weitem übertrifft.«
»Kait mochte immer die Falkenturniere, die vor dem Fest abgehalten wurden. Vater war mit seinem Bankett auch ein guter Gastgeber und ich weiß, dass Carroway glücklich ist, wieder einmal ein richtiges Publikum zu haben.«
Kiara drehte sich zu ihm um und berührte eine frisch verheilte Narbe auf seiner Wange. »Carina will mir nicht viel darüber sagen, wie das hier passiert ist, aber ich kann sehen, dass es sie beunruhigt. Du siehst so müde aus. Ich mache mir Sorgen um dich.«
Tris zog sie in die Arme und küsste sie, genoss den Moment und ihre Nähe. Sie lehnte sich an ihn, ihre Arme um seine Taille gelegt. Nach einem Moment zog sie sich wieder zurück, und sah ihn fragend an. »Worüber denkst du nach?«
Tris spielte mit seinen Fingern in ihrem kastanienfarbenen Haar. »Ich habe dir in Westmark geschworen, dass ich, wenn ich den Thron übernehme, nichts von dir – oder Isencroft – erzwingen werde.«
Kiara küsste seine Hand. »Ich weiß.«
»Abelard sagt, dass in dem Moment, in dem dein Vater in dem Brief mitteilte, er erkenne mich als Margolans rechtmäßigen Erben an, das auch die Bedingungen des Heiratsvertrages deine Verlobung betreffend geändert hat.« Er sprudelte die Worte nur so heraus. »Er sagt, das heißt, dass wir immer verlobt waren.«
Kiara schnappte nach Luft.
»Ich liebe dich, Kiara. Und ich bin dir gerne versprochen.« Er schluckte hart. »Aber ich kann das nicht. Nicht jetzt, wo es so unwahrscheinlich ist, dass ich überhaupt lange genug lebe, um den Thron zu besteigen. Ich kann dich nicht bitten, dich so an mich zu binden. Ich will dich nicht verletzen.«
Kiara stand völlig still. »Und das wird mein Herz schützen? In Gedanken verlobt zu sein, aber nicht in der Tat?« Der gleiche Schmerz, der sein eigenes Herz erfüllte, stand in ihren Augen. »Diese Wochen, die du in der Zitadelle warst – jedes Mal, wenn ich draußen im Korridor Schritte gehört habe, hatte ich Angst, es ist Staden, der kommt und mir sagt, dass du während deiner Ausbildung getötet wurdest. Es ist zu spät. Ich liebe dich. Das hat nichts mit dieser verdammten Abmachung zu tun, das hatte es nie. Mein Herz ist bereits an dich gebunden.
Wenn du … wenn du den Thron nicht übernimmst … dann werde ich keine Zeit zum Trauern haben. Siehst du das nicht? Ich kann nicht – ich werde nicht zulassen, dass Jared mich benutzt, um Isencroft an sich zu reißen. Ich habe gesehen, was er mit Margolan angerichtet hat. Und ich schwöre bei der Lady, ich werde mich nicht gefangen nehmen lassen. Also werden wir zusammenbleiben, auf die eine Weise oder die andere.«
Tris Sicht verschwamm. »Kiara, ich …«
»Wir haben diese Zeit, diese Tage«, sagte sie wild entschlossen. »Vater und Mutter dachten, sie hätten alle Zeit der Welt. Sie hatten unrecht. Das Heute ist alles, was wir haben. Es ist zu spät, um mich zu beschützen. Wir können das
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