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Der Blutkristall

Titel: Der Blutkristall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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dorthin zurück. Morgan stahl aus den Stadtwohnungen ehrbarer Bürger, was immer er greifen konnte, Joe stand Schmiere und verhökerte das Zeug später in den Tavernen. Den Gewinn teilten sie. Einen Farthing für jeden verdienten Shilling, das fand Joe angemessen. Morgan hatte ohnehin keine Wahl. Ohne dieses Zubrot hätte ihn das gleiche Schicksal ereilt wie den kleinen Duncan, der aus dem fernen Schottland hierher verschleppt worden war und den schon lange ein böser Husten gequält hatte, bis er schließlich vor Entkräftung in einen Kamin gestürzt war und sich das Genick gebrochen hatte. Als ihnen eines Tages eine konkurrierende Diebesbande auflauerte und sie verprügelte, passierte das Unglück. Morgan wurde bewusstlos geschlagen und am nächsten Tag weckte ihn ein eisiger Schwall Seewasser.
    Aus dem Londoner Kaminkehrer und Dieb war ein Schiffsjunge geworden, der schnell begriff, dass er großes Glück gehabt hatte, und sich mächtig ins Zeug legte, um nicht eine Etage tiefer zu landen. Dort saßen nämlich die Strafgefangenen. Manche von ihnen waren wegen weit geringerer Vergehen zur Deportation verurteilt worden, als er sie auf dem Kerbholz hatte. Eine Vergnügungsreise wurde die Überfahrt in die Kolonien aber weder für die Mannschaft noch für ihre unfreiwilligen Passagiere.
    Edna seufzte und holte Morgan damit zurück in die Gegenwart. Die Stunden verrannen und als es ihm endlich gelang, die nun willenlose Vampirin zu ihrem Sarkophag zu begleiten und sie in der sicheren Dunkelheit zu betten, war Vivianne immer noch nicht zurückgekehrt. Von der Sorge getrieben er könne zu spät kommen und mit dem Geschmack ihres Blutes auf den Lippen brach er auf, um sie vor Anbruch des Tages zu finden.
    Kapitel 11
    Ich könnte sie umbringen! Vivianne nahm gleich drei Stufen auf einmal, überquerte den Hof mit wenigen Schritten und warf schließlich die schwere Tür hinter sich zu, sodass man das Dröhnen vermutlich in der gesamten Stadt hören konnte.
    Es regnete jetzt wieder stärker, und sie lief dicht an den Häuserwänden ziellos die Straße entlang. Schließlich bemerkte sie, dass in dem Secondhandladen gegenüber noch Licht brannte. Einem Impuls folgend drückte sie die Klinke herunter. Geschlossen. Gerade wollte sie sich abwenden, da erschien das Gesicht der Inhaberin hinter der Scheibe. «Du bist es! Warte, ich schließe auf.»
    Bald darauf saß Vivianne in dem einzigen Sessel des Geschäfts und nippte vorsichtig an einem kühlen Glas Wein. Blut wäre ihr lieber gewesen, aber die Erste-Hilfe-Mahlzeit hielt noch vor.
    «Was kann ich für dich tun?», rief ihre Gastgeberin mit gedämpfter Stimme, die klang, als stecke sie kopfüber in einem Kleiderhaufen.
    Vivianne dachte, dass sie alles, sogar das Handy, in Morgans Wohnung zurückgelassen hatte, aber dann ertastete sie ihr Portemonnaie in der Manteltasche und zog es heraus. Ein Schein und ein paar Münzen und eine Handvoll Kreditkarten, die sie nicht benutzen konnte, ohne ihre Brüder auf ihre Fährte zu locken. «Was ist heute für ein Tag?»
    «Mittwoch, warum?», fragte es aus einem Stapel gefalteter Pullover, der sich langsam und ein wenig schwankend auf sie zu bewegte.
    Mittwoch. Der Tag, an dem sie für gewöhnlich zu Hause anrief, um zu versichern, dass ihr Leben in geordneten Bahnen verlief, sie ein braves Mädchen war, niemanden biss und keine Attentäter vor ihrer Wohnungstür lauerten. «Ich habe mein Handy nicht dabei, wie ärgerlich.» Sie zog einen Zehneuroschein hervor. «Dabei müsste ich dringend telefonieren. Es ist aber ein Auslandsgespräch», fügte sie leiser hinzu.
    Die Ladeninhaberin sah von Vivianne zu dem Geld in ihrer Hand und zurück. «Ach was, ich habe alle deine Klamotten zu einem Superpreis verkauft. Wenn es nicht zu lange dauert ...» Doch Vivianne wollte nicht mit sich reden lassen und so wechselte ihr letzter Schein schließlich doch seine Besitzerin.
    Zuerst rief sie in der Agentur an. Es dauerte eine Weile, bis jemand abhob, und sie unterbrach den aufgeregten Redeschwall ihrer Geschäftsführerin: «Ich wusste, dass du noch in der Agentur bist.» Nachdem sie sich nach besonderen Vorkommnissen erkundigt hatte und wie die Geschäfte so liefen, sagte sie: «Nichts anderes habe ich erwartet. Ich habe noch familiäre Angelegenheiten zu erledigen und möchte dich um einen Gefallen bitten: Könntest du meine Kleider aus der Reinigung holen lassen und sie mir schicken? Ja, ich weiß, es ist die neue Wintergarderobe. Mhm? Nein, per

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