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Der Blutrichter

Der Blutrichter

Titel: Der Blutrichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Stelling
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mit so viel Geld aus dem Staub gemacht hätte, anstatt mit Euch auf Kaperfahrt zu gehen, um noch ein bisschen mehr zu erbeuten?«
    Störtebeker legte seine Hand auf Hinriks Arm.
    »Immer schön ruhig bleiben«, ermahnte er ihn. »Ich bin sicher, dass wir Euch vertrauen können. Ihr seid auf der ›Friederike‹ gewesen, als es passierte, weitab von Wismar und weit von London entfernt. Ihr könnt es nicht gewesen sein.«
    »Ihr habt Euch erkundigt.« Hinrik war überrascht. Aber von allen Männern, mit denen Störtebeker und Michels zu tun hatten, wussten die beiden mehr als von ihm. Seite an Seite hatten sie mit ihnen gekämpft, wenn sie Schiffe auf hoher See überfallen und geplündert hatten. Jeder Einzelne hatte bewiesen, dass er ohne Wenn und Aber zu den Freibeutern gehörte. Er dagegen hatte noch nicht ein einziges Mal demonstrieren können, dass er ihr Vertrauen verdiente. Wie vorsichtig Störtebeker war, zeigte sich nun, als er zugab, seine Angaben überprüft zu haben. Er konnte es ihm nicht übel nehmen. Im Gegenteil, er konnte froh sein, dass der Anführer der Freibeuter sich nicht nur auf sein Wort verließ.
    |419| »Das musste ich tun«, bestätigte Strörtebeker. »Ich weiß jetzt, dass Ihr den ganzen Winter über im Osten gewesen und erst zurückgekehrt seid, als die Überfälle schon vorbei waren. Damit seid Ihr aus dem Schneider.«
    Gödeke Michels hieb seine Hand auf die Tischplatte.
    »Wer, zum Teufel, ist der Verräter?«, rief er. »Wer ist es?«
    »Ich weiß es nicht.« Hinrik hob bedauernd die Hände. »Wir müssen es herausfinden, bevor wir auf Kaperfahrt gehen. Sonst nimmt man uns auch die nächste Beute ab.«
    »Verdammt, der Kerl hat recht«, brummte Gödeke Michels. Er sah ihn mit funkelnden Augen an. »Manchmal könnte ich Euch den Hals umdrehen, und dann wiederum möchte ich Euch in die Arme nehmen und drücken wie einen Bruder.«
    »Ich glaube, ich mag weder das eine noch das andere«, grinste Hinrik und erhob sich. »Wenn Ihr keine Einwände habt, würde ich ganz gern zu Greetje an Deck gehen. Außerdem war ich noch nie auf der Nordsee. Ich möchte sehen, wie es da draußen ist.«
    Als Störtebeker keinen Widerspruch erhob, verließ Hinrik die beiden Männer und machte sich auf die Suche nach Greetje. Als er sie in ihrer Kabine nicht antraf, ging er aufs Deck hinaus. Sie stand an der Reling und wartete auf ihn.
    Ein kräftiger Wind blähte das Segel und trieb die »Möwe« nach Nordwest. Die junge Frau lächelte, als er sich zu ihr stellte. Dann blickte sie auf die Nordsee hinaus, die sich an diesem Tage recht friedlich gab.
    »Ich habe Angst vor Helgoland«, gestand sie.
    »Störtebeker sagt, dass du auf der Insel sicher bist.«
    »Das sollte ich auch in Verden sein.« Sie erschauerte bei dem Gedanken, was in dem kleinen Ort an der Aller geschehen war. »Dabei hätten sie mich beinahe aufgehängt.«
    |420| »Das wird auf Helgoland nicht geschehen«, beteuerte er und zeigte auf das Meer hinaus. Aus dem Dunst am Horizont schälte sich die Insel heraus. »Du stehst unter dem besonderen Schutz von Claas Störtebeker. Kein Freibeuter würde es wagen, ihn herauszufordern. Du brauchst wirklich keine Angst zu haben. Außerdem bin ich ja bei dir.«
    Die Schnigge wechselte jetzt nahezu ständig den Kurs. Dabei war die ganze Kunst Störtebekers und seines Steuermanns Heiner Wolfen gefragt. In den Gewässern um Helgoland zu navigieren war außerordentlich schwierig, denn hier gab es zahlreiche Untiefen und Sandbänke, die ihre Lage je nach Strömung innerhalb weniger Wochen immer wieder änderten. Sie sorgten für die Sicherheit der Piraten auf der Insel, denn die Koggen der Hansestädte wagten sich schon seit etwa zwei Jahren nicht mehr hierher. Vereinzelte Schiffswracks zeugten davon, dass nicht alle Kapitäne so geschickt zu navigieren wussten wie Störtebeker und sein Steuermann. Sie hatten allerdings den Vorteil, eine Schnigge zu lenken, einen Schiffstyp, der deutlich kleiner als die Koggen, dafür aber schneller und wendiger war. Sie hatte weniger Tiefgang und konnte über manche Untiefe hinweggleiten, die für Koggen unpassierbar war.
    Mit der gleichen Sicherheit, mit der Störtebeker durch die Sümpfe Ostfrieslands gezogen war, führte er die »Möwe« durch die gefährlichen Gewässer nah an die Insel heran, bis er neben Dutzenden von Schiffen ankerte, an deren Masten die Flagge der Piraten flatterte. Überall standen winkende Menschen, um die Schnigge zu begrüßen. Hinrik und Greetje

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