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Der Blutrichter

Der Blutrichter

Titel: Der Blutrichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Stelling
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war, als würden sie ihm Blitze entgegenschleudern. »Du wirst mich nicht anfassen. Auf keinen Fall.«
    »Und wenn du hinfällst?«
    »Ich falle nicht hin«, schnaubte sie, und dabei nahm ihr Antlitz einen Ausdruck von Entschlossenheit an, der ihm irgendwie imponierte. Sie war etwa so alt wie er, und sie schien genau zu wissen, was sie wollte.
    »Wirklich nicht?«, zweifelte er.
    Sie warf ihm einen Blick zu, der verächtlicher und herablassender nicht sein konnte. Mit einer energischen Geste forderte sie ihn auf, sich neben sie zu stellen. Als er gehorchte, legte sie ihm einen Arm um die Schultern, hob den verletzten Fuß an und hüpfte auf dem gesunden neben ihm her. Da er sie nicht stützen durfte, war diese Art der Fortbewegung ziemlich anstrengend für sie, doch sie biss die Zähne zusammen und ließ sich nichts anmerken.
    Nachdem sie in dem unwegsamen Gelände eine gehörige Strecke zurückgelegt hatten, merkte er, dass sie erschöpft war und sich kaum noch aufrecht halten konnte.
    »Ich brauche eine Pause«, sagte er.
    »Ich wusste, dass du nicht wirklich zu gebrauchen bist«, fuhr sie ihn an, auf keinen Fall bereit zuzugeben, dass sie am Ende ihrer Kräfte war. »Nun gut. Ruh dich ein wenig aus.« Sie setzte sich auf einen umgestürzten Baumstamm, und er tat so, als würde er nicht bemerken, wie schnell ihr Atem ging und dass sich zahllose Schweißperlen auf ihrer Stirn gebildet hatten. Geduldig wartete er, bis sie sich erholt hatte.
    »Von mir aus kann es weitergehen. Wie ist es mit dir?«
    »Im Gegensatz zu dir habe ich keine Probleme!« Sie schürzte die Lippen, bedachte ihn mit einem Blick, in dem nicht die Spur von Dankbarkeit zu erkennen war, und |77| richtete sich auf, um den Weg fortzusetzen. Ihr Fuß schwoll allmählich an, aber sie ließ sich nicht anmerken, dass sie Schmerzen hatte. Als sie endlich das Haus ihrer Eltern erreicht hatten, lehnte sie sich neben der Tür an die Wand.
    »Verschwinde jetzt«, befahl sie ihm. »Ich will nicht, dass mein Vater oder meine Mutter mich mit so einem wie dich sieht.«
    »Du könntest danke sagen.«
    »Wofür? Dafür, dass du mich nicht vergewaltigt hast? Pah, glaubst du, ich hätte nicht bemerkt, wie lüstern du mich angestarrt hast? Hau endlich ab.«
    »Ich sollte dich in die Stör werfen und ertränken, du blöde Kuh«, erwiderte er.
    »Fahr zur Hölle!«
    »Da wäre ich längst, wenn ich mich nicht von Spööntje, sondern von deinem Vater hätte behandeln lassen«, schleuderte er ihr entgegen. Augenblicklich bedauerte er seine Worte. Hans Barg war ein guter Arzt mit einem ausgezeichneten Ruf. Er wollte sich entschuldigen, doch es war schon zu spät. Bevor er sichs versah, schlug sie ihm mit der flachen Hand ins Gesicht, dass es nur so klatschte. Instinktiv wollte er sich mit gleichen Mitteln rächen, besann sich aber gerade noch, wandte ihr den Rücken zu und trabte zur Burg hinauf. Als sie ihn nicht mehr sehen konnte, drückte er sich die Hand gegen die brennende Wange. Dafür, dass sie ein Mädchen war, konnte sie erstaunlich kräftig zuschlagen. Er wollte sich weder in der Burg noch im Kloster blicken lassen. Jeder hätte die Spuren sehen können, die ihre Finger auf seiner Wange hinterlassen hatten.
    Am sanft ansteigenden Hügel der Geest setzte er sich auf den Boden, blickte zur Störschleife hinab und wartete. Er bebte innerlich vor Wut, weil es ihr gelungen war, ihn zu überraschen. Inzwischen sollte er es beherrschen, einen |78| solchen Schlag rechtzeitig abzuwehren. Er aber hatte zu spät reagiert, und das war der eigentliche Grund für seinen Schmerz und seinen Zorn.
    Er versuchte, nicht an Greetje zu denken und sich die Rachegedanken aus dem Kopf zu schlagen. Der Korb, den sie im Wald zurückgelassen hatte, fiel ihm wieder ein. Sollte sie ihn selbst holen! Was ging ihn dieser dämliche Korb mit den Pilzen an!
    Dann aber machte er sich doch auf den Weg. Dabei kam ihm wieder in den Sinn, was er im Wald beobachtet hatte. Felix tat ihm leid, und er bedauerte manches böse Wort, mit dem er ihn bedacht hatte. Jetzt verstand er, was Christian gemeint hatte, als er zu Albrecht gesagt hatte, Hinrik sei sein Freund und stehe unter seinem persönlichen Schutz. Der Ritter kannte die abartigen Neigungen des Mönchs, und er wusste, dass er gierig wie eine Spinne in ihrem Netz auf neue Opfer wartete, die dem Kloster und damit auch ihm zugeführt wurden. Mit seinen Worten hatte Christian ihm zu verstehen gegeben, dass er es nicht wagen solle, sich Hinrik zu

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