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Der Blutrichter

Der Blutrichter

Titel: Der Blutrichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Stelling
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schlachten die Lumpen ab!, dachte er.
    Plötzlich bot sich ihm ein schreckliches Bild. Er hatte erwartet, dass die Ritter mit ihren Waffen auf die Räuberbande einstachen.
    Aber es war ganz anders.
    Die Männer in dem Gehöft waren keineswegs aufgescheucht worden. Sie hatten sich auf einen Angriff der Ritter gut vorbereitet. Als das Signal ertönte, flüchteten sie nicht, sondern lockten die Angreifer in ein Sumpfgebiet, in dem sie sich selber hervorragend auskannten. Leichtfüßig rannten sie über die Grasinseln und die bemoosten Brücken, während die Ritter in ihrem blinden Eifer in den Sumpf gerieten, in dem sie mit ihren schweren Pferden und Rüstungen nicht mehr vorwärtskamen.
    Alle waren auf ihren Pferden sitzend im Morast versunken. Vergeblich versuchten die Tiere, festen Boden zu finden, aber sie sanken immer tiefer ein. Einige der Reiter waren aus dem Sattel gestiegen und versuchten, durch den Sumpf zu stapfen, um sich zu retten. Vergeblich. Die Bauern warteten schon mit ihren Mistgabeln und Spießen und stachen ungehindert auf sie ein. Einige ließen lange Stangen kreisen und schlugen den hilflosen Rittern damit die Helme von den Köpfen, um sie danach abzustechen. Die Rüstungen waren ihnen zur tödlichen Last geworden.
    Damit nicht genug. Ein Teil der Männer vom Gehöft griff die Knappen an und machte kurzen Prozess mit ihnen. Entsetzt musste Hinrik zusehen, wie Felix und Johannes starben. Schließlich entdeckten die Männer auch |90| ihn. Mit blutigen Mistgabeln, Messern und Spießen rannten sie auf ihn zu.
    Hinrik sah keine andere Möglichkeit, als zu fliehen. Er hätte keine Chance gehabt, einen Kampf zu gewinnen. Angesichts der Übermacht seiner Feinde war ihm der Tod sicher. Er schwang sich auf den Rücken des Packpferdes und trieb es laut schreiend an. Erschrocken galoppierte das Pferd los und ließ die Räuberbande rasch hinter sich.
    Hinrik lenkte das Ross zum Eichenhain hinauf. Von dort aus sah er zurück und stellte fest, dass ihm niemand folgte. Die siegreichen Männer kehrten zu den Häusern des Gehöfts zurück. Laut gröhlend vor Freude und Glück schwangen sie ihre primitiven Waffen.
    Hinrik fühlte sich dumpf und leer. Er hatte nicht ein einziges Mal daran gedacht, dass die Ritter verlieren könnten. Es gab keine besseren Kämpfer als die Ritter, und wenn sie angriffen, walzten sie alles nieder. So war es immer gewesen. Sie waren unbesiegbar und in ihren Rüstungen bestens geschützt.
    Hinrik glitt vom Rücken des Pferdes herunter, band es vorsichtshalber an eine Eiche und lief zum Rand des Hains zurück, um zu dem Gehöft hinüberzuspähen. Auf dem Gelände jenseits der Warft sah er das blutige Schlachtfeld. Keines der Pferde, keiner der Ritter hatte überlebt. Er konnte die Rüstungen im Sonnenschein schimmern sehen. Unterhalb der Warft lagen die Leichen der Knappen. Alle waren niedergemetzelt worden.
    Er empfand es als große Ungerechtigkeit, dass er überlebt hatte. Es war nicht sein Verdienst, sondern einzig und allein dem Zufall zuzuschreiben, dass Johannes ihm befohlen hatte, sich von den anderen abzusondern.
    Bleich sank er auf den Boden. Er hatte das Gefühl, als wäre kein Leben mehr in ihm. Er würde dem Grafen die Nachricht vom Tod der Ritter und der Knappen überbringen |91| und erklären müssen, warum er selbst überlebt hatte. Er war sich sicher, dass man ihm nicht glauben würde.
    »Sie werden mich für einen Feigling halten, der weggelaufen ist, als es ernst wurde«, stellte er niedergeschlagen fest. »Sie werden glauben, dass ich die anderen im Stich gelassen habe.« Er griff nach seinem Dolch und richtete die Spitze auf seine Brust. Es war besser, seinem Leben ein Ende zu bereiten, als sich diesem schrecklichen Verdacht auszusetzen. Da es keine anderen Zeugen gab als ihn, würde er den Makel niemals mehr loswerden.
    Die siegreichen Männer verließen das Gehöft. Sie holten Pferde aus einer Scheune und zogen in Richtung Norden davon. Nur zwei Männer blieben zurück. Sie trieben das Vieh zusammen, offenbar um den anderen später mit dieser Beute zu folgen.
    Hinrik ließ den Dolch sinken. Er suchte nach einem Weg, Christian und die anderen zu rächen und dem Räubergesindel gleichzeitig einen Strich durch die Rechnung zu machen. Umbringen konnte er sich später immer noch.
    Vielleicht ergab sich eine Möglichkeit, wenn er die Dunkelheit abwartete. Zwei Gegner waren nicht so leicht zu überwältigen, zumal sie ihm körperlich klar überlegen waren. Dennoch wollte er

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