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Der blutrote Kolibri

Der blutrote Kolibri

Titel: Der blutrote Kolibri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
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lachte bitter. »Den du getötet hast!«
    Perlenhaut schüttelte den Kopf. »Ich?« Seine Empörung klang echt, aber die Verderbtheit der Krokodilreiter war ja bekannt.
    Â»Er hatte einen Kurzspeer in der Seite, mit Krokodilzähnen besetzt – und du hast dich an der Lagune herumgetrieben!«
    Perlenhaut nickte. »Ich wollte den anderen töten. Diesen Kapnu Singa, wie Milac ihn nannte. Weil er mein Krokodil gequält hat. Aber bevor ich bei ihm war, hat Milac ihn schon aufgefordert, damit aufzuhören. Die Männer hatten großen Streit, und dann hat Kapnu Singa ihn erstochen. Mit meiner Waffe.«
    Â»Na, so ein Zufall!« Animaya schnaufte spöttisch. »Und dann hast du mit Kapnu Singa ein bisschen gefeiert, stimmt ’ s?«
    Perlenhaut stand auf. »Ich kann auch gehen, wenn du nicht hören willst, was ich dir zu sagen habe. Aber dann werde ich nicht wiederkommen.«
    Animaya spürte, wie sich ihre Fäuste ballten. Sie wollte dem Jungen etwas Freches entgegenschleudern, schluckte die Worte jedoch herunter.
    Â»Also gut, nehmen wir an, es wäre so gewesen. Warum bist du hier? Ein Schrei von mir und du bist so tot wie Milac.«
    Â»Das weiß ich«, flüsterte Perlenhaut. Dann seufzte er tief. »Stern auge, wir sind in Gefahr. Mein Volk genauso wie deins. Der Wald ist in Aufruhr, irgendetwas Schlimmes geht da vor sich.«
    Animaya biss sich auf die Lippen. Er sagte das Gleiche wie Wisya! Konnte das ein Zufall sein?
    Â»Die beiden Männer haben darüber geredet, dass euer Inka sein Volk verraten wird. Er bereite mit den Adeligen die Flucht vor. Das Volk soll geopfert werden, damit der Inka und seine Familie leben können. Sie planen, woanders eine neue Stadt zu errichten!«
    Animaya war sprachlos. Perlenhaut konnte sich die Geschichte nicht ausgedacht haben. Jetzt ergab das Gespräch von Milac und Kapnu Singa am Kanal einen Sinn. Am Haremsfest hatten sie die Stadt verlassen wollen, aber die Maiskarawane war nicht rechtzeitig eingetroffen. Für den weiten Weg war zu wenig Proviant da. Mit der Zerstörung der Stadt wäre der Prophe zeiung Genüge getan und wir könnten weiterleben , hatte Milac gesagt.
    Â»Nicht, dass ich eure Stadt groß vermissen würde, wenn sie verschwände. Aber ich glaube nicht, dass die dunkle Macht es nur auf Paititi abgesehen hat. Sie vernichtet alles, die Tierleichen im Fluss erzählen davon. Auch mein Stamm wird nicht ungeschoren davonkommen.« Er schwieg einen Augenblick. »Verstehst du nun, warum ich hier bin? Unsere Völker müssen Frieden schließen, denn nur gemeinsam können wir die Bestie besiegen.«
    Da musste Animaya lachen. »Eher wird ein Affe Inka! Nach dem Tod von Milac hat Kapnu Singa gerade erst blutige Rache geschworen. Frieden? Niemals!«
    Â»Und wir zwei …?«
    Â»Wenn man uns zwei zusammen entdeckt, sind wir tot. Und ich weiß nicht, wen sie länger foltern werden. Also hau jetzt ab! Ich will dich nie wieder sehen!« Die Worte straften ihre Gefühle Lügen, denn sie spürte einen Stich im Herzen. Perlenhaut, bleib!, schrie alles in ihr.
    Der Junge stand auf und machte zwei Schritte auf sie zu. Er roch nach Algen und der Freiheit, hingehen zu können, wohin er nur wollte. Jetzt erst bemerkte Animaya die tiefe Wunde an seiner rechten Schulter.
    Â»Wie hast du überhaupt mein Haus gefunden?«
    Perlenhaut deutete mit dem Kinn auf den Kolibri. »Er hat es mir gezeigt …«
    Dann presste er ihr einen Kuss auf die Lippen und verschwand aus der Tür.

SCHLEIER
    Â»Steh auf!«, knurrte eine Stimme Animaya ins Ohr.
    Sie schrak hoch. Neben ihrer Pritsche standen zwei Generäle.
    Â»Mitkommen! Befehl von Kapnu Singa!«
    Animayas Herz raste. Sie wusste, dass sie keine Erklärung verlangen durfte. Und das war wohl auch nicht nötig. Man hatte ihren verbotenen Ausflug in der Nacht bemerkt. Oder war ihnen Perlenhaut in die Arme geraten?
    Einer der Generäle warf Animaya ein Kleid zu. Sie zog es über ihr Schlafgewand, dann geleitete man sie nach draußen. Im Flur stand Calico und lächelte.
    Â»Verschwinde in deiner Kammer, Fettwanst!«, herrschte ihn der größere General an. »Die Papageien haben noch nicht gekrächzt!«
    Auf der Straße war es ruhig. Die Dämmerung setzte gerade ein und überzog die ganze Stadt wie ein riesiger Pinsel mit ihrer goldenen Farbe.
    Kapnu Singa lässt mich

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