Der Bodyguard: Zwischen High Society und Unterwelt (German Edition)
Spiel, und damit wollte ich nichts zu tun haben. Meine »Droge« beziehungsweise mein »Doping« war schon immer coole Techno-Musik. Wenn ich das Zeug höre, laufe ich zu Höchstleistungen auf. Ich kann dabei komplett abschalten und mich voll auspowern. Das ist besser und gesünder als jeder Drogentrip!
In Florida bin ich Vizeweltmeister geworden. Erst schlug ich den Jugoslawen Krasnici. Danach Jerome Canabate, der für die Schweiz kämpfte und später Profiweltmeister wurde. Im Halbfinale deklassierte ich dann den Norweger Max Mankowitz. Er war der amtierende Europameister – und sah nach dem Kampf aus wie ein Teller bunte Knete, so sehr habe ich ihn auseinandergenommen.
Somit stand ich im Finale, wo ich auf Howard Brown aus England traf. Eine richtige Kampfmaschine! Vor dem hatte ich richtig Angst, so dass ich insgeheim überhaupt nicht gegen ihn kämpfen wollte. Ich setzte mir als Minimalziel, auf keinen Fall k.o. zu gehen. Schon allein deswegen, weil Howard Brown bei dem Turnier alle Vorkämpfe durch k.o. gewonnen hatte. Das beeindruckte mich natürlich, was mir letztlich zu Hilfe kam. Es ist nämlich verdammt schwer, einen Gegner, der Angst hat, k.o. zu schlagen. Instinktiv kämpfte ich mal wieder um mein Leben. Also ging ich nicht k.o. und verlor »nur« nach Punkten. Aber immerhin: Mit 17 war das ein Riesenerfolg, ich war Vizeweltmeister! Die Fachzeitschrift Karate Budo Journal schrieb: »Mit 17 Jahren schon Weltklassekämpfer zu sein, ist sicher nicht alltäglich.« Und dass meine »Entwicklung in diesem Jahr« allen aufgefallen sei. Zwei deutsche Meistertitel, achter Platz bei der WM in Berlin und dann WM-Silber hinter Howard Brown. Da hab ich einen schönen großen Pokal mit nach Hause genommen.
Meine Pokale stellte ich am Anfang zu Hause auf. Mit der Zeit wurden es dann zu viele, und so bekamen manche auch im Sportstudio einen Ehrenplatz. Später, als das mit den Pokalen nicht mehr so neu und sensationell für mich war, habe ich daraus schon mal Champagner getrunken. Aber nicht mit 17, sondern erst 1985, als ich dann endlich zum ersten Mal Weltmeister unter den Amateuren wurde.
Aber erst mal war es mir wichtig, an meinen Erfolg in Florida anzuknüpfen. Nach unserem Finalkampf hatte Howard Brown gesagt, dass er viel mehr einstecken musste, als ihm lieb war. Ich war schon stolz, nach Punkten verloren zu haben. Ein Jahr später, 1980, habe ich ihn dann geschlagen, in seiner Heimat London, bei der Europameisterschaft. Ich gewann erst alle Vorkämpfe, auch gegen José Vierra, den späteren Weltmeister aus Holland. Vierra hatte sogar bei einem anderen Turnier die Legende Ramón Dekker k.o. geschlagen! Ein Riesenerlebnis für mich.
Die Halle in London war klein und somit völlig überfüllt. Insgesamt standen ungefähr 4000 Menschen in der Halle, dicht an dicht gedrängt. Es gab damals noch keinen Ring, sondern nur Matten wie bei allen asiatischen Kampfsportarten. Im Kickboxen wurde der Ring erst Anfang der Achtziger eingeführt. Die Matte hatte den Nachteil, dass der eine oder andere Angsthase einfach von der Matte rannte und der Kampf dann unterbrochen werden musste. Als der Ring eingeführt wurde, gab es diese Fluchtmöglichkeit nicht mehr. In London saßen die Leute also noch bis zur Matte ran. Das erzeugte eine irrsinnige Stimmung, eng und aufgeheizt.
Und in dieser Stimmung habe ich vor den Augen des heimischen Publikums ihren Star und Weltmeister geschlagen. Howard Brown, die Kampfmaschine, verlor gegen einen 18-jährigen Deutschen, einen Zwerg! Einerseits konnten sie es kaum glauben. Anderseits waren sie aber unglaublich fair. Sie buhten mich nicht aus, sondern applaudierten sogar. Wenn ich heute daran zurückdenke, bekomme ich noch immer Gänsehaut.
Der Sport war das Wichtigste in meinem Leben. Selbst wenn ich nicht in der Vorbereitung auf einen Wettkampf war, habe ich morgens gearbeitet und nachmittags trainiert. Martina hätte manchmal gern mehr von mir gehabt. Aber ich war so: sportbesessen, erfolgsbesessen. Sie kannte mich nicht anders. Zum Glück hatte sie viele Freundinnen und war sehr selten allein.
1983 fuhr ich zur nächsten Weltmeisterschaft, wieder in London. Da stand ich gegen den Holländer Romeo Charry im Finale. Wir waren zuvor schon einmal aufeinandergetroffen bei einem Länderkampf, wo ich ihn besiegt hatte. Im Finale in London war er jedoch der Bessere, da hatte ich zu wenig gemacht. Ich war zu defensiv. Ich bin an diesem Tag mit ihm einfach nicht klargekommen. Er war
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