Der Bodyguard: Zwischen High Society und Unterwelt (German Edition)
meine Titelverteidigung. Ich kochte innerlich vor Wut. Ich gönnte meinem Arm zwei Monate Pause, bevor ich wieder anfing zu trainieren. Zack, der Arm war sofort wieder gebrochen, diesmal an einer anderen Stelle.
Von da an war es vorbei mit den Kämpfen, von da an war ich nur noch Trainer. Im Rückblick ist es mir aber gar nicht so schwergefallen aufzuhören. Ich hatte ja alles erreicht:
1979 und 1983 Vizeweltmeister
1980, 1981, 1983 und 1986 Europameister
1985 Amateurweltmeister
zehnfacher Deutscher Meister
1990 erster deutscher Profiweltmeister im Full-Contact-Kickboxen
bis 1994 Weltmeister in den Verbänden WAKO, PKO, IKBF und ISKA
16 Kämpfe/16 Siege gegen Full-Contact-European- und -Worldchampions, u.a. Max Mankowitz, S. Salman, J. Canabate, H. Brown, I. Uguz, R. Charry, J. Vierra, G. Kidd, B. Sawicki, M. Anderson, E. Sulauc, M. Cömert, T. Dorsey, D. Sigo, S. Wilson, B. Bellani
diverse Siege im Semi-Contact gegen Europa- und Weltmeister wie z.B. R. Knell, P. Siegoszynski, J. Weißhardt und W. Lange
Ich kam sogar in die deutsche Hall of Fame vom Weltverband der Kickboxer, der WAKO. Das wird kaum jemandem was sagen. Zur Erklärung: Bislang wurde von ca. 70 000 WAKO-Mitgliedern nur 16 Personen diese Ehre zuteil. Geehrt werden nicht nur Sportler, sondern auch Funktionäre. Also Personen, die für diese Sportart und den Verband extrem viel getan haben.Mehr war nicht drin. Bis heute ist das Kickboxen keine olympische Sportart. Meinen Traum, einmal olympisches Gold zu holen, hätte ich also nie verwirklichen können.
Trotz all der Erfolge habe ich mit den Kämpfen nie viel verdient. Das ist nicht wie beim Boxen. Da kann man eine Menge Kohle verdienen, weil die Kämpfe groß im Fernsehen übertragen werden. Und wer im Fernsehen ist, bekommt Sponsoren. Leider war unsere Sportart für das Fernsehen uninteressant und angeblich auch zu brutal. Wir bekamen einen Pokal, kämpften, weil es Spaß machte und weil es einfach nur ums Gewinnen ging.
Ansonsten war mein Leben recht eintönig, zumindest in dieser Zeit. Es gab immer nur Sport, Sport, Sport und natürlich auch die Arbeit. Martina und meine Tochter Angelina mussten leider viel auf mich verzichten. Auch im Privaten, im Freundeskreis, hatte ich fast nur mit Kampfsportverrückten zu tun. Und häufig, bei großen Kämpfen, kamen auch die Verbrecher: Zuhälter, Dealer, Geschäftemacher, Rocker. Diese Leute zieht es an den Ring, weil sie der Kampf Mann gegen Mann reizt. Sie wollen Blut sehen oder wenn einer schwer k.o. geht. Das ist für die interessant. Ich gehe auch heute noch zu den größeren Box- und Kickboxevents. Man trifft da alle von früher. Mittlerweile bin ich durch meinen Job noch bekannter geworden, und dann grüßt man sich eben am Ring. Shakehands hier, Shakehands da. Ist ein besonderes Völkchen, das da so rumrennt.
Damals kannte ich die Verbrecher- und Rotlichtszene überhaupt nicht, als braver Postbeamter. Aber sie mich! Sie haben meine Kämpfe gesehen und hatten Respekt vor mir. Ich habe mit einigen trainiert, nicht wissend, wer sie sind. Erst später merkte ich, welche Rolle der eine oder andere in der kriminellen Szene spielt. Es ist nicht so, dass ich naiv war, sondern es interessierte mich einfach nicht. Ich war in meinen Sport vernarrt.
Boxer und Kickboxer sind ein bisschen unterschiedliche Typen. Die Kickboxer kamen von einer traditionellen Kampfsportkunst her. Da geht es um Disziplin, Technik, Körperbeherrschung. Beim Boxen scheint heute nur noch das Geld zu zählen und nicht der ursprüngliche Gedanke, dass der Sport eine Kunst ist. Deswegen treibt sich die kriminelle Szene ganz stark beim Boxen rum, das ist auch heute noch so.
Erst 1994, als ich mich im Security-Business selbständig machte, tauchten Namen und Gesichter, die ich eigentlich nur vom Training her kannte, in einem ganz anderen Zusammenhang auf. Auf einmal musste ich die Leute neu einordnen. Ich merkte, dass unter meinen früheren Sparringspartnern einige Verbrecher gewesen waren. Es kommt eben aus meiner Kickboxzeit, dass ich so viele von denen kenne, die sich in der Berliner Unterwelt so rumtreiben. Ich hatte teilweise ein enges Sportlerverhältnis zu ihnen. Wenn man mal gegen- oder miteinander gekämpft hat, verbindet das. Die Jungs wussten von Anfang an: Der Kuhr ist ein totaler Polizeifreund. Mit krummen Dingern will er nichts zu tun haben. Aber er war, ist und wird immer noch unser Kumpel und Idol aus Sportzeiten bleiben.
Und dann stand ich
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