Der Bodyguard: Zwischen High Society und Unterwelt (German Edition)
ständig nur, wenn ich ihn traf. Umso frustrierter war ich, dass seine Schläge mächtig weh taten. Ich konnte mir das nicht erklären, der Typ musste ein schier unmenschliches Training gemacht haben. Shit happens.
Trotzdem war mir nach diesem Kampf ein für alle Mal klar: Unterschätze niemals deinen Gegner! Diese Erfahrung beziehungsweise die Lehre daraus macht noch heute in meinem Beruf als Personenschützer einen Teil meines Erfolges aus.
Das war eine böse Niederlage für mich. Wobei mich das Publikum wirklich ganz super unterstützt hat. Ich denke mal, die waren einfach beeindruckt, dass ich nach diesem Treffer in der ersten Runde wie ein Löwe weitergekämpft habe. Das imponierte den Leuten. Kurz darauf wurde ich sogar von einer Fachzeitschrift zum »Kämpfer des Jahres« gewählt, weil ich ein Riesenkämpferherz bewiesen hatte. Aufgeben oder Hinschmeißen war eben nicht mein Ding. Noch heute bekomme ich enorm viel Respekt von all den Leuten, die mich im Kampf gegen Ballentine gesehen haben.
Eigentlich hätte ich gerne einen Rückkampf gemacht. Dazu kam es aber nicht mehr. Es hatte zeitlich nie gepasst, uns beide noch mal zusammenzubringen.
Nach der schmerzlichen Erfahrung gegen Ballentine wechselte ich sofort wieder in meine alte, niedrigere Gewichtsklasse. Hier kämpfte ich dann noch gegen die Nummer eins des weltgrößten Profikickboxverbandes, der ISKA. Ich habe den Texaner Santae Wilson bilderbuchmäßig ausgeboxt und ausgekickt. Nach zwölf harten Runden war ich nun auch Weltmeister des größten Kickboxverbandes der Welt geworden. Ich war so überwältigt von Freude und Glück, dass ich heulen musste. Ich würde sagen, das war der emotionalste Sieg in meiner gesamten Laufbahn.
Voll in Aktion beim Weltmeisterschaftskampf gegen Santae Wilson
1993 kämpfte ich gegen Ballentines Schüler, Boullem Bellani, und gewann ganz klar. Diese zwölf Runden Ringschlacht war mein letzter WM-Kampf. Ohne dass ich es geahnt hätte.
Mein nächster Gegner sollte der Türke Murat Cömert sein. Ich hatte ihn zwar schon mal geschlagen, aber er war seitdem enorm stark geworden und mittlerweile nach mir die Nummer zwei in der Weltrangliste. In der Vorbereitung brach ich mir dann aber zweimal den linken Unterarm. Es war beim Training mit Andy Hug, der Legende aus der Schweiz. Zwar war er Schwergewichtler, mit 40 kg Gewichtsunterschied zu mir, aber wir haben dennoch gemeinsam in Berlin trainiert. Man muss sich das mal vorstellen: Tritte können eine Geschwindigkeit von circa 70 km/h erreichen. Das allein ist schon unglaublich schnell. Wenn aber der andere dann auch noch viel schwerer ist, glaubt man wirklich, man wird vom Pferd getreten. Das scheppert richtig.
Im Sparring hat Andy fast alle k.o. gehauen, ich war bis auf einen anderen die einzige Ausnahme. Denn ich war schnell genug, den Schlägen und Kicks von Andy aus dem Weg zu springen.
Schnelligkeit und gute Reflexe sind wichtig, wenn man so klein ist wie ich. Die einzige Chance ist manchmal einfach ausweichen. Denn wenn ein Großer zuschlägt, dann kommt der Angriff für den Kleinen von oben nach unten. Und noch dazu von einem Arm, der viel länger ist als der eigene. Im Vergleich mit einem großen Gegner musste ich eine viel größere Distanz überwinden. Er im Gegenzug brauchte seinen Arm noch nicht mal ganz auszustrecken, um mich zu treffen. Also musste ich schnell sein. Und wenn ich den ersten Angriff abgewehrt hatte und in die Nahdistanz reinkam, hatte ich als kleiner Mann dann wiederum die Vorteile. Denn der Größere kann mit seinen langen Armen im Nahkampf die Arme nicht so effektiv einsetzen.
Nach dem Sparring gingen wir zum Pratzentraining über. Erst hielt Andy die Pratzen, dann ich. Nach einer Stunde konnte ich nicht mehr. Ich sagte: »Andy, ich kann nicht mehr!« Aber er schlug weiter. Er hatte überhaupt keinen Respekt vor so einer Fliege wie mir. Logischerweise schlaucht das Pratzenhalten gegen so einen Ochsen mindestens genauso, wie wenn man selber die ganze Zeit am Kicken ist. Ich bin echt immer nur durch die Gegend geflogen.
»Du machst doch auch immer 90 Minuten«, sagte er. »Komm, nur noch 30 Minuten, dann isses vorbei!« Na, was für ein Trost für mich!
Die Schmerzen strahlten mir bis zum Kopf. Ich war körperlich am Ende. Beim nächsten Sparring bekam ich nur einen kurzen, nicht mal besonders harten Kick ab – und dann war die Elle durch. Ein sogenannter Ermüdungsbruch. Und das ausgerechnet während der Vorbereitung auf
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