Der Bodyguard: Zwischen High Society und Unterwelt (German Edition)
einfach um die »Ehre«. In der Ehre verletzt fühlen sie sich zum Beispiel, wenn sie an der Tür abgewiesen werden. Ein Deutscher ist beleidigt und geht nach Hause. Einer von den Ausländern, die ich meine, flippt total aus und will sich das nicht gefallen lassen. Es ist ihre Mentalität. Wenn man dann ausgerechnet den Sprössling einer der einschlägigen Großfamilien abweist, gibt’s auf alle Fälle Ärger. Wenn man Pech hat, fahren die wirklich mit der ganzen Familie vor und machen den Laden platt.
Ich hatte das noch nie, eben weil ich die Strippenzieher meistens ganz gut kenne und sie mein »Nein« an der Tür akzeptieren. Manchmal kann ich die Reaktionen aber auch verstehen, denn es ist schon oft sehr demütigend für diese Ausländer. In kaum einem Club sind sie wegen ihres schlechten Rufs erwünscht. Machen wir uns nichts vor: Die Integration läuft alles andere als gut, und willkommen waren die Ausländer in vielen Bereichen der Stadt lange Zeit nur den Politikern und Intellektuellen. Sie wurden einfach nicht angenommen und akzeptiert. Diese Stimmung schlägt einem dann noch abends an der Discotür entgegen. Und dann eskaliert es. Irgendwie verständlich.
So könnte es sein. Vielleicht. Aber für einen kleinen Teil der Ausländer ist es eher so eine Art Machtspiel. Albern eigentlich. Es gibt sogar Trittbrettfahrer, die faseln was von »Ehre« und »Du kennst wohl nicht meine Familie« und »Dann kommt mein großer Bruder«. Obwohl sie gar nichts mit den einschlägigen Familien zu tun haben, die die Unterwelt beherrschen. Mittlerweile kenne ich diese Tricks, und dann kann mir so ein Spaßvogel erzählen, was er will. Mit oder ohne Familie: Wenn er nicht in den Club passt, kommt er auch nicht rein.
Am Eingang sind manche zunächst noch freundlich und nett, aber drinnen verwandeln sie sich. Vor allem, wenn sie getrunken haben. Alkohol und Drogen machen die meisten Menschen aggressiv. Dann haben wir mit Deutschen natürlich auch mal Stress. Aber viel seltener, finde ich.
Nun wollte ich aber nicht als ausländerfeindlich dastehen und jeden abweisen, der wie ein Apache aussah. Also habe ich als einer der Ersten meine Tür-Politik geändert: Jeder Ausländer musste an der Tür seinen Ausweis abgeben, wenn er in den Club wollte. Ja: Nur die Ausländer! Da gab es schon Tumulte. Die Ausländerbeauftragte von Berlin hatte uns gleich angeschrieben, weil es Beschwerden wegen Diskriminierung gab. Aber meine Maxime hat sich durchgesetzt. Weil sie richtig war und alle sehen konnten, dass es weniger Ärger gab. Denn ich hatte im Zweifel alle Personalien.
Und die Sache war auch noch für was anderes gut: Wenn sich einer aufgeführt hat, weil ich seinen Ausweis wollte, war das für mich ein Zeichen, dass ich ihn nicht reinlassen sollte. Mit der Zeit gewöhnten sich die Leute daran. Ich habe ihnen erklärt: Ich hab nix gegen Ausländer, ich bin im Wedding groß geworden, meine meisten Freunde sind Ausländer. Deswegen nennen sie mich manchmal in der Berliner Unterwelt Ali Kuhr.
Irgendwie musste ich ja rausfinden, wer ein »guter« und wer ein »schlechter« Türke, Araber, Libanese usw. ist. Also Ausweis her, sonst geht’s nicht in den Club. Ich versteh schon, dass das diskriminierend rüberkommen kann. Wenn man als Ausländer an die Tür kommt und erst mal den Ausweis abgeben soll. Das ist alles andere als fair. Aber ich muss sagen, an meinen Türen haben das alle verstanden.
Die »Guten« haben sich nicht aufgeregt, die kennen ja die Problematik. Das Problem der Ausländer ist ja, dass sie alle in einen Topf geworfen werden. Viele arbeiten oder studieren, sind wirklich fleißig und werden aufgrund ihres Aussehens verdächtigt, kriminell zu sein. Das stinkt denen natürlich. Aber nicht wegen uns – sondern wegen den eigenen kriminellen Landsmännern.
Die »Schlechten« werden sofort aggressiv, wenn man den Ausweis verlangt. Da werden einem dann die üblichen Floskeln an den Kopf geworfen: »Weißt du nicht, wer ich bin?«, »Ich fick dich!« oder »Ich fick deine Mutter!« und all den Quatsch. Wie oft ich schon den Spruch gehört habe: »Ich fick dich, Alter!«
Einmal habe ich einen beiseitegenommen, der mal wieder meine Mutter »ficken« wollte. Dem habe ich gesagt: »Du, das passt gut. Meine Mutter hat morgen Geburtstag, die wird 70 und würde sich geschmeichelt fühlen, wenn so ein junger Typ noch Bock auf sie hat.« Der war geschockt! Er rief nur »Du kranke perverse Sau!« und hat sich dann verdrückt.
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