Der Bodyguard: Zwischen High Society und Unterwelt (German Edition)
sich in Stress- und Extremsituationen zurechtzufinden.
Damit ein Personenschützer seine eigenen Grenzen und den Umgang mit Gefahren kennenlernt, sollte er wenigstens ein paar Monate als Türsteher gearbeitet haben. Nur hier wird man in solchem Ausmaß mit Stress, Wut, Gewalt, Aggressivität und Adrenalin konfrontiert, dass der Personenschützer sich selbst kennenlernen kann. Das ist wie beim Kampfsport: Im Training sind manche Weltmeister, aber wenn sie dann in den Wettkampf gehen, versagen sie. Damit so was nicht mit einer Schutzperson passiert, müssen sie gefährliche Situationen unter realen Bedingungen »trainieren«. Sie sehen dann, ob sie dem Stress standhalten können. Das macht Professionalität aus.
All diese Tests sind natürlich nicht in drei Wochen erledigt, sondern es dauert manchmal Monate, bis ich denke, dass jemand für den Personenschutz reif und geeignet ist.
Wichtig ist auch, dass die Anwärter nicht einfach nur die Qualifikationen vorweisen, sondern sich auch weiterhin fortbilden und sich vor allem stets körperlich fit halten. Das wöchentliche Kampfsport- und Fitnesstraining darf daher nicht fehlen. Ich selber gehe heute noch dreimal pro Woche joggen und trainiere mindestens einmal die Woche Kickboxen.
Insgesamt muss sich der Anwärter natürlich auch gut ins Team einfügen und auch unterordnen können. Einzelgänger und Besserwisser sind nicht erwünscht. Zudem müssen sie flexibel, motiviert und kommunikativ sein.
Nun sind das – leider – keine allgemeingültigen Anforderungen, die innerhalb der Security-Branche von Personenschützern verlangt werden. Es sind meine eigenen Kriterien, die das Bild meiner Firma, unsere Unternehmensphilosophie, unser Erscheinungsbild und das Auftreten in der Öffentlichkeit vorgeben sollen.
Mut und Respekt
I ch glaube, instinktiv war ich schon immer ein Bodyguard, auch ohne Auftrag. Als ich den Mädchen in der U-Bahn geholfen hatte, oder als ich bei einem Hotelbrand in der Türkei zwei Kinder ins Freie brachte und unzählige Türen eintrat, damit die Menschen aus der Feuerfalle flüchten konnten. Oder als einmal in Charlottenburg, gleich in der Nähe meiner damaligen Wohnung, ein Aldi-Markt überfallen wurde. Ich lief gerade vorbei, alle stürmten raus, und es hieß, da sei einer drin, mit einem Messer bewaffnet. Die Leute wollten auf die Polizei warten, ich dagegen wollte den Täter alleine überwältigen. Wie ein Cowboy, Gut gegen Böse.
Als ich reinkam, sah ich den Typen, die Klinge in der Hand. Ein Junkie, völlig benebelt. Er räumte wahllos die Regale leer. Ich glaube nicht, dass er wusste, was er tat. Ich nahm mehrere Flaschen an mich und brüllte: »Wenn du dein Messer nicht fallen lässt, schmeiße ich alle Flaschen auf dich – eine wird treffen!« Da ließ er das Messer fallen und auch die Tüten. Dann kam die Polizei und nahm ihn mit.
Ein anderes Mal war ich unterwegs zum Garten meiner Mutter am Stadtrand. Da sah ich, wie ein junger Mann gerade zwei Rentner verprügelt. Aus nichtigem Grund, aus Spaß, einfach so. Der lachte noch dabei. Ich musste eingreifen, ansonsten hätte er die Rentner lebensgefährlich verletzt. Nachdem ich ihn von den alten Herren runtergezogen hatte, ging er auf mich los. Ich wehrte mich mit einem Halbkreiskick in die Rippen und schickte noch eine Rechte hinterher. Er lag erst mal flach, war aber bei Bewusstsein.
Es dauerte lange, bis die Polizei eintraf, mir dauerte es zu lange. Stadtrand eben. Der Typ hatte einen wirklich irren Blick und wollte abhauen, was ich zu verhindern versuchte. Aber er fing immer wieder an zu pöbeln und zu provozieren. Es fiel mir schwer, die Beherrschung zu behalten, denn verdient hatte er eine größere Abreibung in jedem Fall. Die zwei Rentner waren blutverschmiert und standen unter Schock. Aber ich riss mich zusammen, ich wollte nicht riskieren, vorbestraft zu werden.
Monate später gab es eine Gerichtsverhandlung, zu der ich natürlich auch als Zeuge geladen war. Die beiden Rentner bedankten sich vor Gericht sehr herzlich bei mir. Der Täter kam mit sechs Monaten auf Bewährung davon. Traurig!
Generell kann ich jedem nur raten, in solchen Fällen um Hilfe zu schreien – und ansonsten alles zu machen, was die Täter verlangen. Wenn sie Geld wollen, gib ihnen Geld. Es lohnt sich nicht, für ein paar Euro zu sterben.
Dann gab es diese Situation vorm »First«. Den Club betreue ich schon seit Jahren, ein sehr schicker kleiner Nobelclub. Es gab damals einen stadtbekannten
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