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Der böse Geist vom Waisenhaus

Der böse Geist vom Waisenhaus

Titel: Der böse Geist vom Waisenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Landstraße sausten.
    Schengmanns Verletzungen waren
offenbar unbedeutend. Wahrscheinlich nur äußerlich, nur Platzwunden.
    Wohin will der? überlegte Tim.
Das ist doch die Strecke nach Wachrode und Pürkheim. Aber zunächst mal kommen
wir — wenn er auf der Fahrbahn bleibt — zur Kreuzung Hünengrab. Doch ein
Training? Bei Nacht über die Dörfer? Muß er Streß abbauen? Rennen, radeln,
raufen — sind immer noch die besten Gegenmittel. Na, mal sehen.
    Ein Wagen kam entgegen.
    Tim hielt sich scharf rechts.
Seine Lampe spendete nicht viel Licht. Er mußte höllisch aufpassen.
    Der Wagen zischte vorbei, und
der TKKG-Häuptling wandte den Kopf.
    War das ein schwarzer Audi?
Derselbe vom Nachmittag?
    Tim konnte das Nummernschild
nicht mehr erkennen. Und ansonsten war die Finsternis vollkommen. Kein Mond,
keine Sterne, und die tiefhängenden Wolken waren offenbar mit schwarzer Tinte
gefüllt.
    Schengmann wurde langsamer.
    Tim ließ sich zurückhängen.
    Hünengrab-Kreuzung.
    Schengmann fuhr nach rechts.
    Er will zur Unfallstelle,
dachte Tim. Oh! Oh! Oh!

     
    Als sie sich der Kurve
näherten, schaltete Tim seine Lampe aus.
    Wenn er richtig vermutete,
würde Schengmann sich umsehen. Und richtig! Der hielt. Auch Tim stoppte.
    Das Licht an Schengmanns Lampe
wurde schwächer, erlosch fast. Doch Tim konnte ausmachen, wo der Mann war.
    Er lehnte sein Rad an denselben
Chausseebaum, den Tim vor Stunden benutzt hatte, und stieg offenbar den Hang
hinunter.
    Tim konnte das nicht sehen,
hörte aber, wie Äste zerbrachen und Geröll losgetreten wurde vom Fahrbahnrand.
    Ein kalter Wind pfiff durch die
Senke. Regentropfen wurden von den Bäumen gesprüht.
    Tim erreichte den Chausseebaum
und lehnte seine Tretmühle auf der anderen Seite gegen den Stamm.
    So wie die Dinge standen, würde
Heimlichkeit nachher nicht mehr nötig sein.
    Schengmann war in der Senke
angelangt und benutzte seine Taschenlampe.
    Tim verzichtete auf seine,
glitt lautlos hinunter und folgte dem Mann bis zum Rand des Gesträuchs.
    Schengmann schien eine
bestimmte Stelle zu suchen.
    Tim befand sich nur 20 Schritte
entfernt, verhielt sich still und beobachtete.
    Annas Vater drang in die Büsche
ein. Sie trugen nicht mehr viel Blätter. Und waren damit durchlässig für Licht
und für Blicke.
    Tim konnte genau verfolgen,
wohin sich Schengmann bewegte. Er verharrte bei einem barocken Tännchen, schien
sich zu bücken und darunter zu suchen.
    Es dauerte.
    Die Bewegungen wurden
hektischer.
    Dann hallten Flüche durch die
Nacht.
    „Sch...! Das ist doch... Zum
Teufel! Verflucht! Verflucht!“
    Der Rest war Gemurmel.
    Nach einer Weile kam er zurück.
    Tim wartete, bis der Typ fast
vor ihm war, schaltete seine Lampe ein und leuchtete ihm voll ins Gesicht.
    Schengmann prallte zurück.
    Seine Lampe, die zu Boden
gerichtet war, fiel ihm aus der Hand. Die andere hielt er schützend vors
Gesicht.
    „’n Abend, Herr Schengmann!“
sagte Tim.
    „Wer... Das... Deine Stimme
kenne ich doch.“
    „Sie kennen auch mich.“
    Tim richtete die Lampe für zwei
Sekunden auf sich selbst. „Was... treibst du dich hier rum?“
    „Könnte ich Sie auch fragen.
Ich bin Ihnen gefolgt. Wollte mal sehen, wohin Annas Vater will — so spät
abends mit dem Rucksack.“
    Stille. Schengmann bückte sich
nach seiner Lampe.
    Als er sich aufrichtete, sagte
er: „Das geht dich nichts an.“
    „Es geht jeden was an, wenn
zwei Millionen Mark verschwinden. Haben Sie alles beiseite gebracht oder nur
einen Teil?“
    „Was? Wie? Spinnst du?“
    „Ach, Sie wollen hier Pilze
suchen?“
    „Blödsinn! Um das Geld geht’s.
Da hast du recht. Mir kam vorhin die Idee. Und weil ich weiß, was ich meiner
Firma schuldig bin, habe ich mich gleich aufs Rad geschwungen.“
    „Welche Idee kam Ihnen?“
    „Ich dachte mir, vielleicht hat
der Dieb das Geld gar nicht mitgenommen. Sondern hier versteckt.“
    „Weshalb sollte er?“
    „Hast du schon mal zwei unserer
Geldsäcke gesehen? Die trägt man nicht unter der Jacke weg. Falls der Dieb mit
dem Auto vorbeikam, hat meine Idee keinen Boden. Aber laß es einen Radler
gewesen sein. Der hätte nicht gewußt, wie er die Säcke transportieren soll. Was
also hätte er tun können in den wenigen Minuten, die ich und mein Kollege
bewußtlos waren? Er konnte die Säcke nur verstecken. Hier im Gebüsch.“
    „Ich glaube Ihnen zwar nicht.
Aber es ist eine gute Erklärung.“
    „Weshalb glaubst du mir nicht?“
    „Sie haben hier nicht irgendwo
gesucht, sondern sind

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